# taz.de -- Ausbildung nach Dienstherrenart: Sozialarbeiter auf Bestellung | |
> Hamburg plant „dienstherreneigenen“ Studiengang für Soziale Arbeit bei | |
> Behörden. Professoren fordern stattdessen mehr Regel-Studienplätze. | |
Bild: Für Hamburg sind vor allem selbst ausgebildete Sozialarbeiter wertvoll | |
Hamburg taz | Als SPD und Grüne ihren Koalitionsvertrag schrieben, | |
liebäugelten sie dort auch mit einem „dienstherreneigenen Studiengang“ für | |
Sozialarbeiter im öffentlichen Dienst“. Die jungen Menschen, die später in | |
Jugendämtern arbeiten sollen, wären schon im Studium Beamtenanwärter und | |
verdienten Geld. Es gehe darum, sie „frühzeitig fest als Beschäftigte oder | |
Beamte an die Stadt zu binden“, heißt es im „Vorkonzept“, das der taz | |
vorliegt. Doch die Sache führt zu Ärger. | |
## „Spaltung“ der Sozialarbeiter befürchtet | |
Inzwischen liegen drei kritische Stellungnahmen vor. Außerdem kritisierte | |
der emeritierte Professor der Hochschule für Angewandte Wissenschaften | |
(HAW) Manfred Neuffer in der Jugendhilfe-Zeitschrift „Forum“, dass eine | |
Spaltung der Sozialarbeiter drohe: Auf der einen Seite die, die beim Staat | |
arbeiten, auf der anderen der Rest. Es könnten künftig in den Jugendämtern | |
„nur noch die intellektuell geschulten Vertreter der offiziellen Linie“ | |
arbeiten, sagt der HAW-Professor Knut Hinrichs. | |
Denn es gibt seit Jahren ein Spannungsverhältnis zwischen Beschäftigen der | |
Allgemeinen Sozialen Dienste (ASD), wie die Jugendämter heißen, und der | |
politischen Führung. Die Beschäftigten müssen mehr Verwaltungsarbeit machen | |
und haben weniger Kontakt mit den Menschen, um die es geht. Manch einer | |
hört auf, weil es nicht das ist, wofür er studiert hat. | |
Das „Zentrum für Aus- und Fortbildung“ (ZAF) erstellte bereits Anfang 2016 | |
das „Vorkonzept“ und trat darüber mit der HAW in Verhandlung. Die Aufnahme | |
von 40 städtischen Studierenden könne der HAW helfen, den vor zehn Jahren | |
eingeleiteten Abbau von Studienplätzen zu kompensieren, heißt es dort. | |
Immerhin stehen fünf Millionen Euro jährlich bereit. | |
„Wir haben im Department Soziale Arbeit lange verhandelt und uns bemüht, | |
das umzusetzen“, sagt Hinrichs. „Es hat nicht funktioniert, weil die Stadt | |
andere Pläne hat“. Sie wolle „punktgenau“ für den ASD ausbilden. Im | |
Lehrplan würden sechs Module umgeändert, kritisiert auch Neuffer. So solle | |
das Modul „Vertiefung empirischer Forschungsmethoden“ wegfallen, dafür mehr | |
Recht gelehrt werden. Außerdem soll es auch in den Semesterferien ein | |
Spezial-Programm geben. | |
## Die Stadt will Bewerber auswählen | |
Die Stadt soll auswählen, wer überhaupt einen Studienplatz bekommt. Auch | |
das passe nicht zur Autonomie einer Hochschule, bemängelt Neuffer. „Es | |
trifft zu, dass das Department fachliche Bedenken hat“, erklärt die | |
HAW-Pressestelle. Diese würden „ernst genommen und intern sowie mit der | |
Wissenschaftsbehörde diskutiert“. | |
Weil die HAW sich sperrte, ging die Stadt im Frühjahr 2017 mit dem Angebot | |
auf die Evangelische Hochschule (EHS) in Horn zu. Dort sammelten Kritiker | |
mit einer Protest-Petition 462 Unterschriften. Man fürchtete um den Ruf der | |
Hochschule als „selbstständig kritisches Organ“. Andere Hochschulmitglieder | |
dagegen sahen in dem Angebot eine Chance. „Wir befinden uns in einem | |
Verständigungsprozess“, sagt Prorektor Christof Beckmann. Eine Weile werde | |
das noch dauern. | |
Derweil verschickte Anfang der Woche Ver.di eine Erklärung, die auch | |
Lehrende beider Hochschulen unterschrieben. Die Forderung: Dem | |
Fachkräftemangel solle die Stadt anders begegnen –durch eine Ausweitung der | |
Studienplätze an HAW und EHS. Damit könne der seit den 1990ern erfolgte | |
Abbau korrigiert werden. Zuletzt kamen an der HAW auf einen Platz 16 | |
Bewerber. Und zudem könne man doch das in den 90er-Jahren abgeschaffte | |
„Anerkennungsjahr“ für diesen Beruf wieder einführen, um Praxisnähe zu | |
schaffen. | |
Die Sozialbehörde beantwortet keine Fragen zum Studiengang und bestätigt | |
nur, dass es „viele Gespräche“ gebe. | |
28 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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