# taz.de -- Die Wahrheit: Die Drumcondra-Connection | |
> Ray Burke bekleidete von 1979 bis 1997 praktisch jedes Amt im Kabinett – | |
> und deklarierte Bestechungsgelder in seiner Steuererklärung nicht. | |
Ältere Iren erinnern sich noch mit Wut an ihn. Bevor er in den Knast | |
wanderte, war Ray Burke Außen- und Justizminister, Minister für Industrie, | |
für Kommunikation, für Energie, für Umwelt – er hatte von 1979 bis 1997 | |
praktisch jedes Amt im Kabinett bekleidet. Weil der Staatsfunk Raidió | |
Teilifís Éireann (RTÉ) über ihn aber nicht ehrfürchtig genug berichtete, | |
begann er einen Privatkrieg gegen den Sender. Das war der Anfang vom Ende. | |
Burke vergab eine landesweite Lizenz an den privaten Radiosender Century | |
Radio und verdonnerte RTÉ dazu, die Funkübertragung der privaten Konkurrenz | |
zu gewährleisten und die Sendemasten instand zu halten. Dafür mussten | |
Fachleute im ganzen Land rund um die Uhr in Bereitschaft sein. Century | |
Radio hingegen zahlte für diesen Dienst nur einen Betrag, der gerade mal | |
für einen einzigen Ingenieur reichte. Century gab Burke das eingesparte | |
Geld, wie sich später herausstellte. | |
Der wurde schließlich wegen Steuerhinterziehung zu sechs Monaten Gefängnis | |
verurteilt, weil er die Bestechungsgelder in seiner Steuererklärung nicht | |
deklariert hatte. Nach viereinhalb Monaten wurde er wegen guter Führung | |
entlassen. Seitdem ist er in der Versenkung verschwunden, aus der er nur | |
einmal kurz aufgetaucht ist – 2006 bei der Beerdigung des früheren | |
Premierministers Charles Haughey, der noch korrupter war als Burke und fast | |
20 Millionen irische Pfund Schmiergelder kassiert hatte. Burke wohnt | |
zurückgezogen im Dubliner Stadtteil Drumcondra. | |
Dort residierte damals auch Bertie Ahern. Er war zunächst Helfershelfer von | |
Haughey, dem er als Schatzmeister der Partei ständig Blankoschecks | |
ausstellte. Zum Dank wanderte er wie Burke von einem Kabinettsposten zum | |
nächsten, bis er selbst an die Pfründen kam. Elf Jahre lang war er | |
Premierminister. | |
Seinen Kritikern empfahl er, den Garten umzugraben und Blauglöckchen zu | |
züchten. Seit seinem erzwungenen Rücktritt 2008 kann er das selbst tun. Bei | |
den Tribunalen, die Unregelmäßigkeiten in der Politik untersuchten, wurde | |
es unterhaltsam. Ahern hatte als Finanzminister kein Konto, behauptete er. | |
Ob er die Bestechungsgelder in einem Socken unterm Kopfkissen aufbewahrt | |
habe, fragte ihn ein Oppositionspolitiker. | |
Ahern sagte, er habe die ihm zugesteckten Gelder als Kredite angesehen, | |
doch als er versuchte, sie zurückzuzahlen, wollte niemand das Geld. Einmal, | |
als er wegen seiner Scheidung einen finanziellen Engpass hatte, ließen | |
seine Freunde in einer Kneipe in Manchester einen Hut herumgehen und warfen | |
ihr Kleingeld hinein. So kamen 8.000 Pfund zusammen. | |
Da es in Irland keine Listenwahl gibt, muss selbst der Premier im Wahlkampf | |
Klinken putzen. Ich wohnte damals schon in Bertie Aherns Wahlkreis, und so | |
stand er öfter vor der Tür und fragte, ob alles in Ordnung sei. Wir hatten | |
auch dieselbe Stammkneipe. Mensch, Bertie, ich wohne immer noch in | |
Drumcondra. Wo ist der Hut, der damals in Manchester herumgegangen ist? | |
18 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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