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# taz.de -- Die Wahrheit: Freigelassene Hochzeitsgäste
> Trauungsfeiern werden immer opulenter. Aber warum lässt man zur
> Vermählung ausgerechnet Schmetterlinge aufsteigen?
Am Samstag wurde in unserer Dorfkirche wieder geheiratet – ein Mann im
schwarzen Anzug und eine Frau ganz in Weiß mit einem Blumenstrauß. Nach der
Zeremonie öffnete das Brautpaar vor der Kirche einen Pappkarton und ließ 30
Schmetterlinge frei.
Das war die Sparversion für lumpige 100 Euro. Dafür gibt es 25 Distelfalter
und fünf Amerikanische Monarchfalter. Für gut 400 Euro erhält man 200
Distelfalter – und zusätzlich zwei Dutzend als Mengenrabatt. Die Tiere
ernähren sich eigentlich von Seidenpflanzen, aber die gibt es in Irland
nicht. So werden sie nicht lange Freude an ihrer Freiheit haben.
Warum schenken Frischvermählte den Schmetterlingen die Freiheit, die sie
selbst gerade aufgegeben haben? Hängt es mit den „Schmetterlingen im Bauch“
zusammen, die Verliebte angeblich haben? Die US-amerikanische
Schriftstellerin Florence Converse schrieb 1908 in ihrem Buch „House of
Prayer“ als Erste von diesen Faltern im Verdauungstrakt. Das ist ja noch
widerlicher als Insekten auf dem Hochzeitskuchen. Der wird oft mit
Schmetterlingen dekoriert, weil sie angeblich ein Symbol für Erfüllung und
Wohlstand sind.
In Wirklichkeit sind sie ziemlich dämlich. Als Raupen sind sie hässlich,
und wenn sie geschlüpft sind, fressen sie Hundescheiße oder Wollpullover,
falls sie Motten sind. Auf Englisch heißen sie „butterflies“ –
Butterfliegen. Und sie sind blöd genug, sich in den Winnetou-Filmen
ausgerechnet von Eddi Arent alias Lord Castlepool, dem Schmetterlingsjäger,
fangen zu lassen.
Früher hat man Konfetti benutzt, heutzutage müssen bei Familie Neureich
irgendwelche Tiere nach der Eheschließung in die Luft fliegen. Aber dann
müsste es zumindest eine einheimische Spezies sein, die in der Natur eine
Überlebenschance hat. Wespen zum Beispiel. Die sind auch bunt und bringen
Leben in die Hochzeitsgesellschaft. Oder Ratten, aber die können nicht
fliegen.
Der Kolumnist Giles Coren weist darauf hin, dass bei der Eröffnung der
Olympischen Spiele 1988 in Seoul weiße Tauben freigelassen wurden. Sie
flogen schnurstracks ins olympische Feuer und wurden vor den Augen der
Weltöffentlichkeit geröstet. Chinesische Laternen seien auch nicht besser,
weil dadurch Haus und Hof abbrennen. Coren denkt deshalb einen Schritt
weiter: Wenn es schon um Freilassung gehe, so schlägt er vor, warum dann
nicht ein Dutzend Gefangene aus dem nächstgelegenen Knast?
Aber wenn man kirchlich heiratet, sollte man sich bei der Freilassung
wenigstens an der Bibel orientieren. Im Buch Moses heißt es: „Und Aaron
reckte seine Hand aus über die Wasser in Ägypten, und es kamen Frösche
herauf, so dass Ägyptenland bedeckt wurde.“ In Frankreich würde man sie auf
den Grill legen. An anderer Stelle steht bei Moses: „Recke deine Hand über
Ägyptenland, dass Heuschrecken auf Ägyptenland kommen und alles auffressen,
was im Lande wächst.“ Heutzutage erledigen das die freigelassenen
Hochzeitsgäste.
25 Sep 2017
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Hochzeit
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