# taz.de -- Justizvollzug Berlin: „Das ist eine tolle Anstalt“ | |
> Die JVA Moabit – nebst zugehöriger U-Haftanstalt – hat eine neue | |
> Leiterin: Anke Stein. Die Position habe sie immer gewollt, sagt die | |
> 46-Jährige. | |
Bild: Die neue Leiterin der JVA Moabit, Anke Stein | |
taz: Frau Stein, Sie gelten als sehr resolut und als sehr loyal gegenüber | |
Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Was zeichnet Sie noch für den | |
neuen Job als Anstaltsleiterin der JVA Moabit aus? | |
Anke Stein: Ich bin der JVA Moabit schon seit vielen Jahren verbunden. Hier | |
habe ich meine ersten beruflichen Schritte gemacht. | |
Nach dem zweiten juristischen Staatsexamen haben Sie 1999 in der | |
Teilanstalt 1 mit 500 Insassen angefangen. | |
Ich kam aus der Senatsverwaltung für Justiz und war dem Teilanstaltsleiter | |
zugeordnet worden, um das Geschäft zu lernen. Das war meine erste wirkliche | |
Begegnung mit dem Justizvollzug. Das war eine unglaubliche Zeit. 2000 bin | |
ich dann nochmal vertretungsweise zurückgekommen. | |
Wann hat Ihr Vorgänger, der Gesamtanstaltsleiter Wolfgang Fixson, die | |
Geschäfte offiziell an Sie übergeben? | |
Ich habe die JVA Heidering am Donnerstag verlassen und am Freitag in Moabit | |
angefangen. Es gab keine konkrete Übergabe. Aber da seit Mai bekannt war, | |
dass ich Herrn Fixson nachfolgen darf, hatte ich Zeit genug, mir einen | |
Überblick zu verschaffen. Außerdem haben wir Berliner Anstaltsleiter einen | |
kurzen Draht. Das heißt, wir nehmen sowieso Anteil an den Geschäften der | |
anderen. | |
Nachfolgen darf – das klingt so unterwürfig. | |
Es ist das, was ich möchte. Als ich die JVA Moabit 2000 verlassen habe, | |
habe ich gesagt: Ich komme wieder! | |
Ihnen unterstehen 917 Haftplätze, davon sind 709 Untersuchungshaft. Was | |
macht den Reiz aus? | |
Das ist eine Herausforderung, vor der ich mich nicht scheue. Die | |
Untersuchungshaftanstalt ist die Anstalt, in der alles anfängt. Hier wird | |
der Grundstein für den Vollzug gelegt, der auf das weitere Leben des | |
Gefangenen einwirkt. Wir sehen die Menschen zu einem Zeitpunkt, wo noch | |
niemand über ihre Taten und Schuld befunden hat. Wir arbeiten in enger | |
Verzahnung mit den Gerichten, der Staatsanwaltschaft und der Polizei. Das | |
zum Wohle der Bediensteten und Gefangenen tun zu können, ist etwas, was | |
mich immer gereizt hat. | |
Sehen Sie sich als Verwalterin, nach der Devise: weiter wie bisher? Oder | |
als Erneuerin mit Visionen? | |
Es gibt den bösen Satz: Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen (lacht). Ganz | |
so sehe ich das nicht. Weiter wie bisher ist doch nichts Schlechtes. Das | |
ist eine ganz tolle Anstalt, die Qualität der Arbeit, die hier geleistet | |
wird, ist enorm. Aber natürlich möchte ich die JVA und auch die | |
Untersuchungshaft weiterentwickeln. | |
Was heißt das konkret? | |
Es gibt viele Themen, keines darf vernachlässigt werden. Auch die | |
Suizidprophylaxe muss ständig weiter verfeinert werden. Das ist wichtig, | |
weil wir eine Klientelverschiebung haben, also andere Gefangene als früher. | |
Sie meinen damit auch terrorismusverdächtige Islamisten? | |
Die JVA Moabit erlebt das von allen Berliner Haftanstalten als erste. Wir | |
müssen unser Handeln darauf anpassen. Wir haben ein | |
Untersuchungshaftgesetz. Der Justizsenator Behrendt hat das bei meiner | |
Einführung heute noch mal deutlich hervorgehoben: Auch in der | |
Untersuchungshaft haben wir das Leben dem in Freiheit weitestgehend | |
anzupassen. | |
Weibliche Justizbedienstete der JVA Mobait haben sich wiederholt darüber | |
beschwert, Gefangene würden sie beleidigen und respektlos behandeln. Wie | |
wollen Sie reagieren? | |
Auch das ist ein Phänomen gesamtgesellschaftlicher Veränderungen. Wir | |
arbeiten das ganz sauber ab, indem wir Strafanzeige erstatten. Und es gibt | |
eine professionelle Unterstützung für die Betroffenen. Niemand muss sich im | |
Vollzug oder außerhalb beleidigen lassen. | |
4 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
## TAGS | |
Dirk Behrendt | |
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