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# taz.de -- Eingeschränkte Zuständigkeit: Verlegerregierung verlagert Verleger
> NRW-Medienminister Stephan Holthoff-Pförtner darf nichts mehr mit Medien
> machen. Als einflussreicher Verleger bleibt er jedoch am Kabinettstisch.
Bild: Millionen stehen hinter ihm: Stephan Holthoff-Pförtner (CDU) bei seiner …
Ein bisschen Veränderung – damit es so weitergehen kann. In
Nordrhein-Westfalen hat Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) die Notbremse
gezogen und bereits nach wenigen Wochen schwarz-gelber
Regierungsverantwortung die Zuständigkeiten in seinem Kabinett neu
geregelt. Der umstrittene Medienminister Stephan Holthoff-Pförtner (CDU)
darf zwar weiter Minister bleiben – aber ab sofort nicht mehr für
Medienpolitik zuständig sein.
Damit reagiert Laschet auf die Kritik an seiner seit Wochen debattierten
Personalentscheidung, den Verleger und Rechtsanwalt, ehemaligen
Kohl-Vertrauten und einflussreichen Gesellschafter der Funke-Mediengruppe,
Stephan Holthoff-Pförtner, in Nordrhein-Westfalen über die Medienpolitik
befinden zu lassen.
Oppositionspolitiker und Journalistenverbände, aber auch zahlreiche
Staatsrechtler sahen eine Interessenkollision und hatten öffentlich
kritisiert, dass Holthoff-Pförtner kaum eine Entscheidung treffen könne,
die keinen Einfluss auf sein eigenes Unternehmen und Vermögen habe.
Holthoff-Pförtner hält 16,7 Prozent an der im Ruhrgebiet mächtigen
Funke-Mediengruppe, die unter anderem die Westdeutsche Allgemeine Zeitung
und zahlreiche andere Titel herausgibt, Lokalradios betreibt und allein im
Jahr 2015 einen Umsatz von 1,3 Milliarden Euro erzielte.
Die taz hatte letzte Woche im [1][taz-Hausblog] ausführlich über die
Verquickungen zwischen der schwarz-gelben Regierung in Düsseldorf und den
nordrhein-westfälischen Verlegern berichtet. Einen Tag später teilte die
Staatskanzlei in Düsseldorf mit, dass Holthoff-Pförtner die Zuständigkeiten
im Bereich Medien entzogen werden. Ministerpräsident Laschet begründete
seine Entscheidung damit, Stephan Holthoff-Pförtner könne „nicht mit der
notwendigen Unvoreingenommenheit Entscheidungen als Medienminister fällen“.
## Stimmrechte für Adoptivsohn
Holthoff-Pförtner hatte zuvor extra seine Stimmrechte im Funke-Konzern an
einen Mitarbeiter seiner Anwaltskanzlei, Georg Scheid, weitergereicht, den
er bereits zuvor zum Adoptivsohn gemacht hatte. Auch Holthoff-Pförtner
selbst hatte sich einst im Erwachsenenalter adoptieren lassen, um Anteile
und Stimmrechte in dem Essener Medienkonzern übernehmen zu können. Ehe er
Ende Juni zum Minister ernannt wurde, war er als Präsident der Deutschen
Zeitschriftenverleger einer der wichtigsten deutschen Verlegerlobbyisten.
Stephan Holthoff-Pförtner muss sich nun dennoch nicht allzu sehr sorgen,
denn er verliert nicht viel. Er bleibt als Minister in der Landesregierung
weiterhin für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie für Internationales
zuständig. Auch die CDU muss nicht befürchten, dass ihr die Nähe zu den
Verlegern verloren geht, die einen Großteil der Lokalzeitungen und
Lokalradios in Nordrhein-Westfalen besitzen – denn neben Holthoff-Pförtner
sitzt mit Verkehrsminister Hendrik Wüst gleich noch ein zweiter ehemaliger
Verleger-Lobbyist am Kabinettstisch. Wüst, 42, musste 2010 als
CDU-Generalsekretär in Nordrhein-Westfalen zurücktreten, nachdem bekannt
geworden war, dass die Partei Unternehmern gegen Geld vertrauliche
Gespräche mit dem damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers angeboten
hatte. Die Sponsoringaffäre wurde unter der Überschrift „Rent a Rüttgers“
bekannt.
Nachdem Rüttgers Hendrik Wüst fallen lassen hatte, bot ihm der Verband der
nordrhein-westfälischen Zeitungsverleger, dessen Mitglieder nach eigener
Aussage 41 Tageszeitungen herausgeben und täglich rund 2,5 Millionen
Menschen erreichen, einen Posten als Geschäftsführer an. Wüst wurde
Lobbyist, sein Landtagsmandat behielt er in all der Zeit – und verdiente
allein im Jahr 2015 zwischen 100.000 und 170.000 Euro – wohlgemerkt neben
seinen Bezügen als Landtagsabgeordneter.
Damit hat, wer künftig in Nordrhein-Westfalen für Medienpolitik zuständig
ist, eines sicher: beste Verbindungen zu den Verlegern und damit auch gute
Bekannte mit einer großen Medienreichweite.
## Liminski-Connection
Die Zuständigkeit dafür zog Ministerpräsident Armin Laschet nun formell an
sich. Die damit verbundenen Aufgaben sollen allerdings konkret durch den
Chef der Staatskanzlei wahrgenommen werden. Dieser heißt Nathanael Liminski
und ist ebenfalls eine interessante Persönlichkeit. Nathanael Liminski ist
Sohn des Journalisten Jürgen Liminski, der regelmäßig Beiträge in der
rechten Wochenzeitung Junge Freiheit, dem Sprachrohr der Neuen Rechten,
veröffentlicht.
Sohn Nathanael Liminski, der für Armin Laschet die Staatskanzlei leitet und
ab sofort operativ für die Medienpolitik des Landes zuständig sein wird,
gehört zum rechten Rand der CDU und machte sich als glühender Katholik und
Verehrer von Papst Benedikt einen Namen.
3 Sep 2017
## LINKS
[1] http://blogs.taz.de/hausblog/2017/08/30/die-verlegerregierung/
## AUTOREN
Martin Kaul
## TAGS
NRW
Funke Mediengruppe
CDU
NRW
Nordrhein-Westfalen
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