# taz.de -- Kommentar Ende der Fußball-EM: Gegen die Lähmungserscheinungen | |
> Das Turnier hat gezeigt, die Spitze im Frauenfußball ist enger | |
> zusammengerückt. Und das ist gut so. Es war eine EM der Rekorde. Aber was | |
> davon bleibt? | |
Bild: Sherida Spitse, die in der 51. Minute einen schönes Freistoßtor zum 3:2… | |
Die gute Botschaft dieses Turniers ist offenkundig. Am Ende gewinnt eben | |
doch nicht immer Deutschland. Jede Sportart profitiert davon, wenn man | |
nicht schon vorher weiß, wie es ausgeht. Insofern hätte der siebte Titel | |
der Deutschen in Serie gewisse Lähmungserscheinungen im Frauenfußball eher | |
befördert. | |
Vielen Nationen erschienen vermehrte Anstrengungen auch deshalb | |
aussichtslos, weil Deutschland ja eh das Abo auf den Europameistertitel | |
gebucht hatte. Und beim Deutschen Fußball-Bund begünstigte die Erfahrung, | |
dass mit vergleichsweise geringem Investment Dauererfolge zu erzielen sind, | |
nicht unbedingt die Bereitschaft, mehr zu tun. Läuft doch! | |
Jetzt aber wird der DFB sich dazu bekennen müssen, was er will und wie viel | |
er dafür tun möchte. Auch das ist eine gute Botschaft. An dieser | |
Überraschungs-EM überrascht am meisten, wie schnell der vermeintliche | |
Vorsprung gegenüber manchem Mitbewerber geschmolzen ist. Die Niederlande | |
war vor sechs Jahren für die DFB-Elf nicht viel mehr als ein | |
Sparringspartner. Vor der WM 2011 luden die Deutschen den kleinen Nachbarn | |
noch nach Aachen ein, um sich in die richtige Stimmung zu schießen. | |
Mit 5:0 kanzelte man damals den heutigen Europameister ab. Die gestrigen | |
Kantersiege haben für die Zukunft kaum noch eine Bedeutung. Gewiss darf man | |
die neuen Fakten nicht zu schwer gewichten. Es bleibt aber die Erkenntnis: | |
Zehn Jahre ernsthafterer Zuwendungen haben den Niederlanden genügt, um die | |
Nummer eins in Europa zu werden. Großes Geld musste dafür nicht in die Hand | |
genommen werden. Dieses Vorbild müsste doch Nachahmer finden. England und | |
Spanien sind sowieso schon dabei. | |
In Österreich ist man durch die neue Euphorie möglicherweise schon eifrig | |
am Überlegen. Auch in Italien oder Belgien könnte etwas gehen. Der | |
Wettbewerb, so wäre doch zu hoffen, ist eröffnet. Zumal dieses Turnier | |
wieder einmal unzählige Rekorde bescherte. Die Erweiterung des | |
Teilnehmerfelds sorgte für einen Zuschauerrekord. In England, Belgien, | |
Österreich und anderswo wurden im Verlaufe der EM stets wieder neue | |
Bestmarken von TV-Einschaltquoten vermeldet. | |
## Was bleibt von der Aufbruchstimmung im Alltag | |
Als Event wird der Frauenfußball offenbar immer besser angenommen. Dass | |
dies geschah, obwohl viele Teams sich oft wenig ansehnlich in der eigenen | |
Hälfte verschanzten, ist umso bemerkenswerter. Vielleicht ist dies auch ein | |
Zeichen dafür, dass die Sehnsucht nach Außenseitererfolgen einfach größer | |
war und man die Favoriten gern kläglich scheitern sah. Entscheidend ist nun | |
wieder einmal die Frage, was im Alltag von der Aufbruchstimmung bleibt. | |
Wenn in ein paar Wochen die nationalen Ligen ihre Saison eröffnen, werden | |
auch die niederländischen EM-Heldinnen bei ihren Klubs in Europa vermutlich | |
wieder vor ein paar hundert Zuschauern spielen. Geschäfte sind auf dieser | |
Ebene mit dem Frauenfußball bislang kaum zu machen. Deshalb nutzte die | |
niederländische Trainerin Sarina Wiegman den Festtag, um die weitere | |
Unterstützung des Verbandes einzufordern. | |
Sie wittert die Gefahr, dass sich auch in den Niederlanden mit dem Erfolg | |
die Zufriedenheit über die günstige Werbung einstellen könnte. Ihr Argwohn | |
speist sich aus Erfahrungen. Auch wenn die Bedingungen für einen echten | |
Wettbewerb besser denn je sind, ist Skepsis angebracht. | |
7 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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