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# taz.de -- Das war die Woche in Berlin III: Polizeilich geräumte Träume
> Die martialischen Bilder von der Räumung der Teppichfabrik in
> Friedrichshain schrecken ab – offenbar sollen wir uns an so etwas
> gewöhnen.
Bild: Die Räumung verlief am Ende friedlich – weil das Gebäude leer war
Für die Räumung der besetzten Alten Teppichfabrik am Dienstag verdient die
Berliner Polizei Lob. Anders als vergangenes Jahr bei der Autonomenkneipe
Kadterschmiede in der Rigaer Straße und anders als bei vielen besetzten
Häusern seit der Wiedervereinigung, wartete sie mit ihrem Einsatz geduldig
ab, bis der Eigentümer vor dem Landgericht einen Räumungstitel erwirkt
hatte. Willkommen zurück im Rechtsstaat, liebe Polizei.
Dass der Rechtsstaat jedoch seine Stärke gleich mit 200 Polizisten und
einem Spezialeinsatzkommando (SEK) präsentierte, ist schon wieder weniger
lobpreisungswürdig. Denn die Gegner waren – eigentlich – überschaubar: Es
waren sechs Besetzer, die sich in zweieinhalb Monaten Besetzung ein
Nutzungsrecht erworben hatten.
Sie allein durften die Polizeisperren, die seit mehr als einer Woche vor
der Räumung das Haus abriegelten, passieren. Bei ihrem Eindringen ins Haus
traf die Polizei dann, zu ihrer eigenen Überraschung, niemanden mehr an.
Die Träumer einer gerechteren Welt waren den Träumern in Uniform einfach
entwischt.
Gebracht hat der Polizeieinsatz dennoch etwas: Zuallererst dem Eigentümer,
der aus der alten Fabrik bald mächtig Profit schlagen wird. Freuen dürfen
sich auch die Verteidiger von law and order: Mit Bildern der schwer
bewaffneten und vermummten SEKler demonstrierte die Polizei – nach G20
erneut – ihren Willen, konsequent gegen linke Störer vorzugehen. Es sind
Bilder, die abschrecken und an die wir uns anscheinend gewöhnen sollen.
Die linke Kritik, die sich nun über die Kommentarspalten ergießt, geht aber
weiter, und das durchaus populistisch: Herausgepulvertes Steuergeld für die
Profite von Privatinvestoren; martialisches Abschreckungsgebaren gegen
linke Hausbesetzer, während Rechte etwa in Neukölln seit Monaten Anschläge
verüben; ein Senat, aus dessen Reihen Polizeieinsätze wie in der
Teppichfabrik, gegen die Friedel54 oder die rückreisenden G20-Demonstranten
zwar kritisiert, aber nicht verhindert werden. All das mag tatsächlich
vereinfachend sein. Falsch ist es allerdings nicht.
19 Aug 2017
## AUTOREN
Erik Peter
## TAGS
Polizei Berlin
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Besetzung
Friedrichshain-Kreuzberg
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