# taz.de -- Besetzung in Berlin-Friedrichshain: Verfestigte Wohnsituation | |
> Seit Monaten ist die Alte Teppichfabrik besetzt. Das Gelände ist | |
> mittlerweile abgeriegelt, geräumt wird bislang aber nicht. Zeit für einen | |
> Blick auf die Gemengelage. | |
Bild: An der alten Fabrik steht zwar eine Hundertschaft, doch geräumt wird bis… | |
Still liegt das große Backsteingebäude in der Sonne. Von Bewohnern ist | |
nichts zu sehen, dass das Haus besetzt ist, merkt man kaum – wäre da nicht | |
das Drumherum: ein neu aufgestellter Bauzaun, daneben steht eine ganze | |
Reihe von Polizeifahrzeugen. Die Beamten haben sich rund um das Gelände | |
postiert, auf dem Grundstück selbst streifen Mitarbeiter einer | |
Sicherheitsfirma umher. Vor fast zwei Wochen hatte es auf dem Gelände einen | |
Polizeieinsatz gegeben, als Besetzer und Sicherheitsleute aneinandergeraten | |
waren. Seitdem ist die Situation unverändert: Sechs Besetzer, die | |
nachweisen konnten, dass sie hier schon länger wohnen, dürfen hier ein und | |
aus gehen (siehe Kasten). Ansonsten ist das Gelände abgeriegelt; geräumt | |
wird bislang aber nicht. Was wollen die verschiedenen Konfliktparteien? Die | |
taz hat nachgefragt. | |
## Das sagen die Besetzer | |
Direkt erst mal gar nichts, eine Mailanfrage der taz bleibt unbeantwortet. | |
Allerdings äußern sie sich über ein Blog: „Ihr Konzept von einer Stadt der | |
Reichen geht uns am Arsch vorbei“, schreiben sie dort, „wir nehmen uns das | |
500qm Loft für lau und kämpfen weiter für ein kollektives Leben, das wir | |
selber bestimmen“. Nach eigenen Angaben haben sie das nach dem Ende der | |
vorherigen Nutzung als Eventlocation leer stehende Gebäude bereits vor | |
mehreren Monaten besetzt und planen bislang nicht, es so bald wieder zu | |
verlassen. Auf Verhandlungen haben sie dabei offenbar wenig Lust: „Wir | |
fordern nichts und verhandeln nicht um kleine Brotkrumen, die sie uns | |
zuwerfen. Wir nehmen uns das, was eh uns allen gehört.“ | |
## Das sagt der Eigentümer | |
Seit Anfang Juni 2017 gehört das Gebäude der Freien Besitzgesellschaft mbH | |
mit Sitz im fränkischen Rottendorf, zu der auch das Modelabel S. Oliver | |
gehört. Ihre Pläne für das Gebäude: Auf 2.500 Quadratmetern soll Gewerbe | |
einziehen, außerdem sollen 35 Mietwohnungen geschaffen werden. Genauere | |
Angaben über die geplante Nutzung macht die Firma, die für die | |
Kommunikation in dieser Sache den ehemaligen Regierungssprecher Bela Anda | |
beauftragt hat, nicht. Von der Besetzung habe die Firma Mitte Juli | |
erfahren. Laut Anda hat es seitdem einen Gesprächsversuch mit den Besetzern | |
gegeben, der aber abgebrochen wurde, weil „die Meinungen verhärtet | |
blieben“. Ein Räumungstitel liege bislang nicht vor, der Eigentümer habe | |
inzwischen aber Räumungsklage eingereicht. Eine Sprecherin des Landgerichts | |
wollte das am Mittwoch weder bestätigen noch dementieren. | |
## Das sagt die Polizei | |
Momentan sei die Polizei Tag und Nacht mit einer Hundertschaft vor Ort, | |
bestätigt Polizeisprecher Winfrid Wenzel. „Wir müssen verhindern, dass dort | |
weitere Menschen einziehen, außerdem hatte es ja bereits tätliche Angriffe | |
auf Sicherheitsdienstleister und Polizisten gegeben“, begründet er den | |
Einsatz, der „bis auf Weiteres“ weiterlaufen werde. Mit dem Eigentümer | |
stehe die Behörde in Kontakt, ob und wann eine Räumung erfolgen könne, sei | |
aber gerade noch unklar. | |
## Das sagt die Security | |
Der Sicherheitsmann am Zaun ist sich sicher: „So schnell kriegen die die | |
Besetzer hier nicht raus.“ Die seien schlau, hätten gute Anwälte – und der | |
Eigentümer habe sich offenbar nicht gut über die Situation informiert: „Als | |
wir hier eingesetzt wurden, hieß es, wir dürfen niemanden aufs Gelände | |
lassen – erst später wurde klar, dass einige von denen sehr wohl hier | |
raufdürfen.“ Er ist sauer, seine Kollegen seien „verheizt“ worden, zu der | |
Eskalation am 28. Juli hätte es nicht kommen müssen, wenn sie nicht falsche | |
Anweisungen gehabt hätten. Nun seien sie rund um die Uhr vor Ort, „immer | |
mit acht Mann, das kostet“. Das Sicherheitsunternehmen gehört dem | |
ehemaligen Kickboxer Michael Kuhr, der derweil über den Berliner Kurier | |
verlauten lässt, er sei sich sicher, „am Ende als Sieger aus diesem Kampf“ | |
hervorzugehen. | |
## Das sagt die Politik | |
Bezirk und Land halten sich bisher weitgehend aus dem Konflikt heraus. | |
Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) war am Mittwoch bis | |
Redaktionsschluss für eine Stellungnahme nicht zu erreichen, laut Polizei | |
ist der Bezirk aber in Gespräche zwischen dem Eigentümer und den Behörden | |
involviert. | |
9 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Malene Gürgen | |
## TAGS | |
Friedrichshain-Kreuzberg | |
Hausbesetzung | |
Polizei Berlin | |
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin | |
Polizei Berlin | |
Besetzung | |
Hausbesetzung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Das war die Woche in Berlin III: Polizeilich geräumte Träume | |
Die martialischen Bilder von der Räumung der Teppichfabrik in | |
Friedrichshain schrecken ab – offenbar sollen wir uns an so etwas gewöhnen. | |
Hausbesetzung in Berlin beendet: 200 Polizisten räumen ein leeres Haus | |
Mit einem Großaufgebot und Sondereinheiten stürmt die Polizei eine von | |
linken Aktivisten besetzte Fabrik. Doch es ist niemand zuhause. | |
Alte Teppichfabrik in Friedrichshain: Es darf geräumt werden | |
Seit Monaten ist die leerstehende Alte Teppichfabrik in Friedrichshain | |
besetzt. Der Räumungsklage des Eigentümers gab das Gericht nun statt. |