# taz.de -- Gezielte Einschüchterung: Polizei besucht Pauli-Fan bei der Arbeit | |
> Ein Fan vom FC St. Pauli soll vor seiner Arbeitsstelle von Beamten | |
> angesprochen worden sein. Die „Braun-Weiße Hilfe“ und Fananwälte halten | |
> das für Einschüchterung | |
Bild: Braun-weiße Choreografie: Für St. Pauli-Fans interessiert sich die Poli… | |
HAMBURG taz | Wenn Fußballfans vor ihrer Arbeitsstelle von PolizistInnen | |
kontrolliert werden, ist das kein Zufall, sondern staatliche Repression. So | |
zumindest sieht es die „Braun-Weiße Hilfe“. Der Fan-Zusammenschluss des FC | |
St. Pauli berichtet, dass ein Anhänger des Clubs von zwei szenekundigen | |
Beamten (SKB) unmittelbar vor dessen Arbeitsstelle abgefangen worden sei. | |
Dabei hätten die Beamten dessen Personalien überprüft und versucht, ihn in | |
ein Gespräch zu verwickeln. „Wir verurteilen diese Vorgehensweise | |
entschieden“, erklärte die „Braun-Weiße Hilfe“. | |
Die „Braun-Weiße Hilfe“ wurde 2004 von St. Pauli-Fans gegründet, um | |
AnhängerInnen ihres Clubs zu unterstützen, die von Stadionverboten oder | |
staatlicher Repression betroffen sind. Während die „Braun-Weiße Hilfe“ si… | |
allerdings nicht weiter zum aktuellen Fall äußern will, finden JuristInnen | |
deutlichere Worte. „Das ist bundesweit eine systematische Methode“, sagt | |
etwa der Kölner Rechtsanwalt Frank Hatlé. Er gehört zur | |
„Arbeitsgemeinschaft Fananwälte“ und kennt auch Fälle, bei denen BeamtInn… | |
Menschen vor den Augen von KollegInnen und Vorgesetzten auf der Arbeit | |
überprüft hätten. Dies sorge für noch größeres Einschüchterungspotential, | |
so Hatlé. | |
Die „Arbeitsgemeinschaft Fananwälte“ ist ein bundesweiter Zusammenschluss | |
von Anwälten, um die Rechte von Fußballfans gegenüber Sicherheitsbehörden | |
aber auch gegenüber den Vereinen und Verbänden zu verteidigen. Aus ihrer | |
Sicht würden Fans zu einseitig als Sicherheitsrisiko dargestellt, | |
polizeiliche Maßnahmen im Umfeld von Fanszenen hingegen häufig rechtliche | |
Grenzen überschreiten. | |
Die Vielzahl ähnlicher Fälle, von denen die Fananwälte – nicht nur aus | |
Hamburg, sondern bundesweit – wissen, widerspräche den gesetzlichen | |
Richtlinien persönlichkeitsschonender Polizeiarbeit. „Es drängt sich der | |
Eindruck auf, dass damit Verunsicherung in den Fanszenen geschaffen werden | |
soll“, sagt Hatlé. | |
Aus Sicht der Hamburger Polizei hingegen hat die Arbeit der SKBs eine große | |
Bedeutung: „Hauptaugenmerk der szenekundigen Beamten soll die | |
zielgerichtete Kommunikation mit den Fußballfans und den Problemszenen | |
sein, um fundierte Einschätzungen über das Verhalten von ihnen zu | |
gewinnen“, sagt deren Sprecher Holger Vehren. | |
Die Fananwälte kritisieren jedoch, dass es nicht bei der beschriebenen | |
Kommunikation mit Fußballfans bleibt: Szenekundige Polizeibeamte werden | |
bundesweit von den Landeskriminalämtern eingesetzt. Dort, in mindestens elf | |
Bundesländern beziehungsweise Stadtstaaten, wurden auch Datenbanken über | |
Fußballfans angelegt. Darauf befinden sich neben den Namen und Adressen von | |
aktiven Fans, bei denen die Polizei ein Gewaltpotential sieht, auch | |
zahlreiche weitere private Daten zum sozialen Umfeld, Wohn- und | |
Aufenthaltsorten, Vereins- bzw. Fanclubmitgliedschaften und dortige | |
Funktionen oder Körpermerkmale. Informationen, die anscheinend eben auch zu | |
Besuche bei den Arbeitsstellen führen können. | |
In Hamburg kam erst voriges Jahr durch eine Bürgerschaftsanfrage heraus, | |
dass bereits seit zehn Jahren eine solche Datenbank existiert. Bis dahin | |
hatte die Polizei noch die Existenz einer solchen Datei geleugnet. Davon | |
betroffen sollen rund 2.000 Fans sein. Hatlé sieht für Fans bei einer | |
Aufnahme in die Datenbanken eine erhebliche nachteilige Auswirkung. So | |
werden die Betroffenen üblicherweise nicht darüber informiert, dass sie auf | |
dieser Liste stehen. Dies widerspreche dem Grundrecht auf informationelle | |
Selbstbestimmung. Generell seien die Datenbanken aus juristischer Sicht in | |
einer Grauzone: „Für die Existenz der SKB-Datenbanken fehlt eine | |
gesetzliche Grundlage“, sagt Hatlé. | |
23 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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