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# taz.de -- Kolumne Russisch Brot: Ami vermöbelt Putins Kumpel
> Erst die Sbornaja, dann Fjodor Jemeljanenko: Russland, vor allem „Einiges
> Russland“, kann es schwer ertragen, wenn seine Haudraufs versagen.
Bild: Wladimir Putin und Fjodor Jemeljanenko (Archivbild aus dem Jahr 2013)
Jetzt also auch noch Jemeljanenko! Ein paar Stunden nach dem Ausscheiden
des russischen Nationalteams aus dem Turnier um den Confederations Cup ist
Russlands stärkster Mann k. o. geschlagen worden. Der
Mixed-Martial-Arts-Heros Fjodor Jemeljanenko wurde im ausverkauften Madison
Square Garden zu New York vom Ami Matt Mitrione vermöbelt.
Russlands Sportwelt ist in Schockstarre. Die ganze Woche vorm Kampf lief
Werbung für den Fight, stundenlange Dokumentationen über Leben und Schlagen
des Meisters des russischen Sports wurden gesendet. Und dann das.
Der Putin-Spezi, der auch schon als Berater des Sportministeriums
gearbeitet hat, das Mitglied in des Präsidenten Wahlverein „Einiges
Russland“ ist und eine der teuersten Werbefiguren im Lande, mit dessen
Gesicht sich der deutsche Autobauer Mercedes auf dem russischen Markt für
Kleinlaster geschlagen hat, ist nun auch einer der zahlreichen Verlierer im
russischen Sport.
Gut, der Mann ist 40, hat seine beste Zeit lange hinter sich und wird
vielleicht auch die Revanche, um die er nach seiner Niederlage regelrecht
gebettelt hat, nicht gewinnen. Aber was bleibt ihm anderes übrig, als den
russischen Hünen zu geben. Er kann nichts anderes. In dieser Rolle ist er
das Sinnbild für den russischen Kerl geworden, den Ritter Russlands, an
dessen Hals immer ein dickes Kreuz hängt, wenn er den Ring betritt. Der
Ritter ist nun geschlagen worden. Das Bild des russischen Mannes hat einen
Kratzer abbekommen.
Es ist auch der Sport, durch den dieses schlechte, alte Machobild des
Mannes transportiert wird. Wie ein Mann auf keinen Fall aussehen soll, das
weiß etwa der russische Provinzpolitiker Ernest Makarenko. Ganz genau weiß
er jedenfalls, wie er nicht aussehen soll – [1][wie Cristiano Ronaldo].
Nach der Niederlage der Sbornaja gegen Portugal twitterte er, so viel er
wisse, sei Ronaldo schwul und müsse deshalb vom Turnier ausgeschlossen
werden.
## Nächste Chance: Alexander Powetkin
Immerhin einen kleinen Shitstorm hat der Mann geerntet, und der Tweet ist
mittlerweile gelöscht worden. Auch wenn der Mann, der – wie kann es anders
sein – auch der Putin-Partei angehört, ein unbedeutender Provinzpolitiker
ist, so sagt diese unsägliche Zwitscherei doch einiges über die Stimmung im
Land.
Und vielleicht liefert der offenherzige Tweet auch einen Teil der Erklärung
dafür, warum Nationaltrainer Stanislaw Tschertschessow in einen Hagel der
Kritik geraten war, nachdem er für ein Erinnerungsfoto mit Ronaldo posiert
hatte.
Kein Wunder also, dass sich Russlands Stürmer Fjodor Smolow besonders
gefreut hat, dass er vom russischen Verbandschef und Vizepremier Witali
Mutko als „echter Mann“ bezeichnet wurde, mit dem man an der Zukunft des
Fußballs in Russland werkeln könne. Und es hätte sich niemand gewundert in
Russland, wenn Parlamentsvizepräsident Igor Lebedew, dieser notorische
Rechtsausleger der liberaldemokratischen Partei seines Vaters Wladimir
Schirinowski, dem russischen Außenbahnspieler Juri Schirkow wirklich eine
saftige Ohrfeige verpasst hätte.
Dem Mann, der in der Partie gegen Mexiko vom Platz gestellt worden war und
den damit ein großer Teil der Schuld am Ausscheiden der Russen treffe, „in
die Fresse zu schlagen“, hatte er nach der Partie gleich mehrmals
gefordert.
Vielleicht gelingt das mit dem In-die-Fresse-Hauen am Wochenende ja
Alexander Powetkin. Der war mal Weltmeister im Schwergewichtsboxen und ein
echter russischer Sportskerl, bis ihm kurz vor einem WM-Kampf die Einnahme
des Dopingmittels Meldonium nachgewiesen wurde. Er wurde vom Verband WBO
gesperrt, für einen anderen (WBC) darf er in den Ring. In ganz Moskau
hängen Plakate für den Kampf gegen den Ukrainer Rudenko. Der 37-Jährige
kämpft auch um die Ehre der Sportnation Russland – und um seine Ehre als
Kerl.
27 Jun 2017
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## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Russland
Confederations Cup
Einiges Russland
Fußball
Reiseland Russland
Deutscher Fußballbund (DFB)
Confederations Cup
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