# taz.de -- Betreuung eines 13-jährigen Attentäters: Salafist therapiert Isla… | |
> Vor einem Jahr hatte der Junge eine Bombe auf einem Weihnachtsmarkt | |
> deponiert. Einer seiner Psychologen gehörte der salafistischen Szene an. | |
Bild: Hier soll der Jugendliche versucht haben, eine Bombe zu zünden (Archivbi… | |
Mainz taz | „Niemand war auf die Unterbringung eines radikalisierten Kindes | |
vorbereitet.“ So kommentierte die grüne Staatssekretärin aus dem | |
rheinland-pfälzischen Jugendministerium, Christiane Rohleder, am Dienstag | |
die schwere Panne bei der Unterbringung des [1][Bombenlegers von | |
Ludwigshafen]. Die Behörden mussten auf einer Pressekonferenz | |
Medienberichte bestätigen, nach denen der 13-jährige mutmaßliche Islamist, | |
der im vergangenen Jahr eine Bombe auf dem Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen | |
deponiert hatte, zeitweise von einem Psychologen aus der salafistischen | |
Szene betreut wurde. | |
Sie sei „schockiert“ gewesen, als sie am 19. Mai davon erfahren habe, so | |
die Staatssekretärin. Man habe die Panne nicht öffentlich gemacht, weil | |
eine intensive Berichterstattung „kontraproduktiv“ für die | |
Entradikalisierung des Kindes gewesen wäre. | |
Erst mit Vollendung des 14. Jahres ist ein Kind in Deutschland strafmündig. | |
Deshalb waren die Behörden zunächst ziemlich ratlos. An den Motiven des | |
damals 12-Jährigen gab es keinen Zweifel: Er posierte mit dem erhobenen | |
rechten Zeigefinger der Salafisten im Internet. Mit seiner Nagelbombe hatte | |
er auch seine Gewaltbereitschaft unter Beweis gestellt. | |
Das zuständige Jugendamt Ludwigshafen habe damals dringend nach einer | |
Einrichtung für den Jungen gesucht. „Wir haben mehr als 100 Absagen von | |
möglichen Trägern bekommen“, so Amtschef Jürgen May. In den ersten Wochen | |
nach dem gescheiterten Anschlag war das in Deutschland geborene Kind | |
irakischer Eltern zeitweise sogar in der geschlossenen Psychiatrie | |
untergebracht. | |
Am 27. Februar verfügte schließlich das zuständige Familiengericht mit | |
Zustimmung der Eltern eine Unterbringung in einer geschlossenen | |
Jugendeinrichtung. Nach einer „Zwischenlösung“ seien der Junge und seine | |
Eltern seit Anfang April in einer bewachten „Immobilie außerhalb | |
Ludwigshafens, an einem sicheren Ort, sicher für ihn und die Bevölkerung“, | |
untergebracht, so der Jugendamtschef; der Junge werde rund um die Uhr von | |
Fachleuten und LehrerInnen betreut. | |
Allerdings gehörte immerhin sechs lange Wochen lang ein 30-jähriger | |
Psychologe aus Baden-Württemberg zum Betreuungsteam, der an salafistischen | |
Propagandaaktivitäten beteiligt war und in einschlägigen Moscheen verkehrt. | |
Der Mann habe sich mit „sauberen Zeugnissen und einem sauberen erweiterten | |
Führungszeugnis“ beworben und sei im April „wegen seiner Qualifikationen“ | |
vom Träger der Einrichtung eingestellt worden, so May. Zeitnah sei damals | |
eine erweiterte Sicherheitsprüfung veranlasst worden. | |
Doch erst am Abend des 18. Mai, sechs Wochen später, seien beim Mainzer | |
Landeskriminalamt die entscheidenden Hinweise eingegangen, berichtete | |
dessen Präsident Johannes Kunz. Hat also erneut der Austausch von | |
Erkenntnissen unterschiedlicher Stellen von Bund und Ländern zu lange | |
gedauert? | |
Jugendamtschef May glaubt nicht, dass dem Jungen der zeitweilige Umgang mit | |
dem salafistischen Psycholgen geschadet hat: „Der hat diesen Mann eher als | |
‚Weichei‘ wahrgenommen“, so May. LKA-Chef Kunz hält den Jungen nach wie … | |
für „gefährlich“. | |
Die Behörden hoffen trotzdem auf eine erfolgreiche Entradikalisierung. „Er | |
muss schließlich auch mit Gleichaltrigen zusammenkommen, eine dauerhafte | |
Isolierung eines 13-Jährigen kann es nicht geben“, sagte May. | |
11 Jul 2017 | |
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## AUTOREN | |
Christoph Schmidt-Lunau | |
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