| # taz.de -- Kommentar Arte-Doku in der ARD: Tribunal ohne Beschuldigte | |
| > Die ARD hatte nicht den Mut, die Filmemacher von „Auserwählt und | |
| > ausgegrenzt“ einzuladen. Immerhin: Über Antisemitismus wird diskutiert. | |
| Bild: Eine Demonstration in Berlin (undat. Aufnahme), Szene aus dem Film „Aus… | |
| Die schlechtestmögliche Lösung ist es gewiss nicht: Am heutigen Mittwoch | |
| [1][zeigt die ARD den Dokumentarfilm] „Auserwählt und ausgegrenzt – Der | |
| Hass auf Juden in Europa“, den die verantwortliche Redakteurin des WDR Ende | |
| 2016 abgenommen hat. Flankiert wird die Sendung von einer | |
| „Maischberger“-Sendung zum Thema. Lange hatten sich Arte und der WDR | |
| [2][trotz erfolgter Abnahme geweigert], den Film auszustrahlen. Arte hat | |
| sich nach einigen beachtlichen Argumentationssalti dazu entschlossen, das | |
| ARD-Programm heute zeitversetzt zu übernehmen. | |
| Das ist erfreulich, denn selten wird im Fernsehen unter derart großer | |
| Vorabaufmerksamkeit über Antisemitismus diskutiert. Es ist auch generell | |
| erfreulich, dass in diesem Rahmen über einen dokumentarischen Film | |
| diskutiert wird, denn viele sehenswerte Filme, die im Fernsehen laufen, | |
| nehmen die Medien sonst kaum oder gar nicht wahr. | |
| Leicht befremdlich mutet allerdings an, dass ARD-Granden vorab von | |
| „handwerkliche Mängeln“ (ARD-Programmdirektor Volker Herres) bzw. „unser… | |
| handwerklichen Fragezeichen“ (WDR-Intendant Thomas Buhrow) sprechen. | |
| Normalerweise dissen Sender-Hierarchen nicht Autoren, deren Filme sie | |
| zeigen, sie tun eher das größtmögliche Gegenteil und verbreiten ihre flott | |
| formulierten Elogen auch gern mal in opulenten Presseheften. | |
| Wie auch immer: Aus dieser ungewöhnlichen Ausgangslage ließe sich etwas | |
| Produktives entwickeln. Man könnte die Kontroverse zwischen Sendermanagern | |
| und Filmemachern offen austragen. Danach sieht es aber nicht aus, denn die | |
| Autoren Sophie Hafner und Joachim Schroeder stehen nicht auf der | |
| „Maischberger“-Gästeliste. | |
| ## Norbert Blüm als Antisemitismus-Experte | |
| Auch die abgewatschte WDR-Redakteurin, die den Film abgenommen hat, sitzt | |
| nicht in der Runde. Die Sendung könnte sich so zu einer Art | |
| Gerichtsverfahren entwickeln, in dem die Hauptbeschuldigten nicht zu Wort | |
| kommen. Auf die Frage, warum man die Autoren des Films nicht eingeladen | |
| habe, sagt der WDR: „Redaktionell liegt der Schwerpunkt der | |
| Diskussionsrunde nicht auf einer detaillierten Auseinandersetzung mit dem | |
| Film, sondern auf dem eigentlichen Thema der Dokumentation, dem | |
| Antisemitismus.“ | |
| Die Fraktion der Befürworter des Films ist immerhin durch Ahmad Mansour | |
| vertreten, der die Autoren Hafner und Schroeder beriet und ihnen Kontakte | |
| vermittelte, außerdem Michael Wolffsohn, einer von sechs Experten, von | |
| denen Hafner und Schroeder zu Jahresbeginn Stellungnahmen zu ihrem Film | |
| eingeholt hatten, in der Hoffnung, die Sender ließen sich so von ihrer | |
| Verweigerungshaltung abzubringen. | |
| Bei der Zusammenstellung der mutmaßlichen Contra-Fraktion hatte die | |
| „Maischberger“-Redaktion offenbar Mühe. Rekrutieren ließ sich Rolf | |
| Verleger, den die Jüdische Allgemeine schon vor rund drei Jahren als | |
| „kritischen Juden vom Dienst“ bezeichnete. „Warum bieten reputierliche | |
| Medien einem Mann ein Forum, der nur für sich selbst und eine irrelevante | |
| Minderheit unter Deutschlands Juden spricht?“ fragte die Wochenzeitung | |
| seinerzeit. Auch Norbert Blüm ist dabei – vielleicht, weil Reiner Calmund | |
| keine Zeit hatte. | |
| ## Mit den Autoren nie geredet | |
| Warum die ARD überhaupt einen Film zeigt, der nach ihrer eigenen | |
| Darstellung „handwerkliche Fehler“ enthält, anstatt diese „Fehler“ zu | |
| beheben, ist noch einmal eine ganz andere Frage. Am 8. Juni – rund ein | |
| halbes Jahr nach Fertigstellung des Films und mehr als einen Monat nach | |
| Beginn der öffentlichen Debatte um die Verweigerungshaltung der Sender – | |
| teilte der WDR mit, der Film enthalte „zahlreiche Ungenauigkeiten und | |
| Tatsachenbehauptungen, bei denen wir die Beleglage zunächst nachvollziehen | |
| müssen“. | |
| Deidre Berger, die Direktorin des American Jewish Committee Berlin, sagte | |
| daraufhin, es „sei (…) unverständlich, dass ein halbes Jahr nach | |
| Fertigstellung des Films die Sachverhalte erst geprüft werden müssten. „In | |
| diesem Zeitraum hätte der Film bereits mehrfach neu geschnitten und | |
| beurteilt werden können, sofern ein wirkliches Interesse daran bestanden | |
| hätte.“ | |
| Eine Bearbeitung des Films hätte vorausgesetzt, dass man mit den Machern | |
| redet. Dies passierte aber offenbar nicht – jedenfalls, wenn man Co-Autor | |
| Joachim Schroeder glauben darf. „Seit sechs Monaten sprechen weder der WDR | |
| noch Arte mit uns“, hat er am Mittwoch gegenüber der FAZ gesagt. | |
| Möglich ist natürlich, dass in der Öffentlichkeit bisher vieles | |
| missverständlich angekommen ist. WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn, der | |
| mit in der „Maischberger“-Runde sitzt, hat heute 75 Minuten lang Zeit, alle | |
| Fragezeichen auszuräumen. | |
| 21 Jun 2017 | |
| ## LINKS | |
| [1] //!5421729 | |
| [2] /Zensur-einer-Antisemitismus-Doku/!5416329/ | |
| ## AUTOREN | |
| René Martens | |
| ## TAGS | |
| ARD | |
| Arte | |
| Antisemitismus | |
| Israel | |
| Antisemitismus | |
| Antisemitismus | |
| ARD | |
| Antisemitismus | |
| Antisemitismus | |
| Arte | |
| Antisemitismus | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Antisemitismus-Vorwurf gegen Arte: Offener Brief kritisiert Gaza-Doku | |
| Ein offener Brief mit rund 70 Unterzeichnern kritisiert eine | |
| Gaza-Dokumentation als antisemitisch. Deren Autorin ist propalästinensische | |
| Aktivistin. | |
| Antisemitismusexperte über Arte-Doku: „Propaganda als Dokumentation“ | |
| „Ausgewählt und ausgegrenzt“ identifiziere Antisemitismus mit Israelkritik, | |
| sagt Moshe Zimmermann. Es mangele der Doku an Ausgewogenheit. | |
| Kommentar zum Al-Kuds-Tag: Einen Versuch wäre es wert | |
| Der Rechtsstaat müsste es nicht dulden, wenn Linke, Rechte und schiitische | |
| Prediger gemeinsam ihren Hass auf Juden straffrei herausschreien. | |
| Antisemitismus-Doku im Ersten: Mängel nicht beseitigt | |
| Die „Bild“ spielt Verfechterin der Pressefreiheit und die ARD ist nun doch | |
| gezwungen, die Doku zu zeigen. Am Ende hilft es nur den Antisemiten. | |
| Zurückgehaltene Antisemitismus-Doku: Der Antisemit braucht keine Juden | |
| Das Erste will die Dokumentation „Auserwählt und ausgegrenzt“ nun doch | |
| zeigen. Das ist gut so, denn der Film stellt den Kern der Sache richtig | |
| dar. | |
| Kommentar Antisemitismus-Doku bei Bild: In jeder Hinsicht blamiert | |
| Arte weigerte sich, eine Antisemitismus-Dokumentation auszustrahlen. „Bild“ | |
| springt ein und streamt den Film – ein Debakel für Arte und den WDR. | |
| Zensur einer Antisemitismus-Doku: Wehrhafte Juden sieht man nicht gern | |
| Eine WDR-Doku über Antisemitismus in Europa sollte auf Arte | |
| erstausgestrahlt werden. Weil sie nicht „ausgewogen“ sei, weigert sich der | |
| Sender. | |
| Streit um abgelehnten Dokumentarfilm: Arte und sein Antisemitismusproblem | |
| Eine Dokumentation belegt aktuellen Antisemitismus – und wird dann von der | |
| auftraggebenden Arte-Redaktion nicht freigegeben. Dort rechtfertigt man | |
| sich. |