# taz.de -- Doping bei der Tour de France: Hormone und Diäten für Grenzgänger | |
> Bei der Tour wird mächtig experimentiert. Es geht um mehr Kraft, weniger | |
> Gewicht und bessere Aerodynamik – am Rande und jenseits des Erlaubten. | |
Bild: Diäten und Hormone: Die Radsportler bei der Tour de France machen einige… | |
Stärker, leichter und aerodynamischer! An drei Forschungsfeldern wird rund | |
um das größte Straßenradrennen in Frankreich herumgedoktert. Im Bereich der | |
Kraftsteigerung wird seit Jahren schon neben dem Training an | |
verschiedensten [1][Dopingtechniken] gefeilt. | |
Dass sie noch immer angewandt werden, wenn auch in geringeren Umfängen, | |
zeigte die positive Probe des designierten Tour de France-Starters André | |
Cardoso. Der Portugiese ist im Degenkolb-Team Trek beschäftigt und sollte | |
dort als gelernter Kletterer den einstigen Clenbuterol-Doper Alberto | |
Contador in den Bergen behilflich sein. Er wurde mit Epo erwischt. Das | |
sorgt ganz explizit für Kraft auf der Pedale: Mehr Sauerstoff ist im | |
Muskel, der kann härter arbeiten. Wegen der verbesserten Kontrollen gehen | |
die Doper der heutigen Generation mit geringeren Dosierungen, den | |
sogenannten Mikrodosen, vor. Zu vermuten ist – sollte sich die B-Probe | |
bestätigen – dass Cardoso entweder mit den Dosierungen daneben lag, oder | |
dass die Probe in einem anderen Labor untersucht wurde, deren Geräte auch | |
kleinere Spuren nachweisen können. | |
Um länger die eigene Maximalkraft mobilisieren zu können, gibt es – immer | |
zusätzlich zum Training, das ja auch jeder Doper betreiben muss – weitere | |
Mittelchen. Mit Substanzen einer solchen Wirkungsklasse wurden vor dem Giro | |
d'Italia dieses Jahres zwei Fahrer – einer davon ein früherer Bergkönig der | |
Italienrundfahrt – aus dem Verkehr gezogen. Sie hatten sogenannte GHRPs, | |
Wachstumshormon freisetzende Peptide, im biologischen System. Diese | |
Präparate regen die Produktion von körpereigenem Wachstumshormon an. Das | |
hilft vor bei allem bei der schnellen Regeneration nach Höchstleistungen. | |
Die Produkte sind zwar schon seit 2008 im Umlauf, wie ein jüngst erfolgter | |
Nachtest von Proben dreier chinesischer Olympiasieger im Gewichtheben | |
ergab. Erfolgreiche Tests gibt es aber erst seit 2015, als etwa der | |
US-amerikanische Tennisprofi Wayne Odesnik überführt wurde. | |
„Wachstumshormon freisetzende Peptide stellen derzeit aus der | |
Testperspektive eine gewisse Herausforderung dar“, konstatierte trotz der | |
Testerfolge der Dopinganalyst Mario Thevis. „Es kursieren derzeit | |
verschiedene Produkte dieser Kategorie auf dem Markt und erfordern | |
entsprechende Aufmerksamkeit“, erklärte er. Wieviele Peptid-User es im | |
Peloton gibt, kann man also nur raten. Die Versuchung jedenfalls ist da. | |
## Kortison wirkt als Schlankmacher | |
An der Gewichtsfront hat die UCI technische Grenzen gesetzt. Straßenräder | |
dürfen ein Minimalgewicht nicht unterschreiten. Für Fahrer gibt es ein | |
solches Limit nicht. Also wird dort auch munter experimentiert. Ganz legal | |
mit Diäten. In einer Grauzone mit Nahrungsergänzungsmitteln. In der roten, | |
der verbotenen Zone mit Wachstumshormon, das auch als Fettverbrenner wirkt | |
– siehe die Peptide oben -, und mit Kortison. Das kann ebenfalls als | |
Schlankmacher wirken. Toursieger Bradley Wiggins holte sich 2012 ganz | |
clever eine Ausnahmegenehmigung dafür kurz vor der Tour; angeblich brauchte | |
er diese wegen einer Allergie. | |
Weil dem Kraftdoping durch die Kontrollen gewisse Grenzen gesetzt sind und | |
es beim Gewichtsdoping natürliche Grenzen gibt, ist in den letzten Jahren | |
der Aerodynamik neue Aufmerksamkeit zuteil geworden. | |
Zahlreiche Teams testeten Räder, Material und auch Sitzpositionen ihrer | |
Fahrer im Windkanal. Dabei gab es erlaubte Innovationen wie etwa | |
Rahmenformen, Helme und Webrichtung und Schnitt der Rennkleidung. „Ich | |
glaube, jedes Team macht da was“, meinte Tom Davis, der | |
Forschungsbeauftragte von Team Sunweb. | |
Manche Teams sind aber offenbar aktiver als andere. Jedenfalls war die | |
Aufregung groß, als Team Sky nicht nur das Auftaktzeitfahren in Düsseldorf | |
gewann, sondern auch noch vier Mann unter die besten Acht brachte. Prompt | |
versuchten die Rivalen vom französischen Team FDJ Skys Vorsprung durch ein | |
Blasengewebe auf der Trikotoberseite zu erklären. Vorteile in Sachen | |
Aerodynamik können die so ausgelösten Verwirbelungen tatsächlich bewirken. | |
Die britische Nationalmannschaft wurde mit ähnlichem Material schon | |
gesichtet. Allerdings auch Movistar-Mann Castroviejo. | |
Die Frage ist: Ist so etwas erlaubt? Das UCI-Reglement betont, dass die | |
Kleidung nur den Rennfahrer schützen soll und keine Materialien zu anderen | |
Zwecken verwendet werden dürfen. De facto ein Blasenverbot. Die UCI | |
erklärte laut Auskunft von Skys sportlichem Leiter Nicholas Portal die | |
Jerseys aber für einwandfrei. Andere Teams sehen hier eine Grauzone und | |
fordern ein klare Haltung der UCI, um „Trikotdoping“ auszuschließen. | |
6 Jul 2017 | |
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## AUTOREN | |
Tom Mustroph | |
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