Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Man muss auch gönnen können
> Das Team Sky liegt bei der Frankreichrundfahrt vorn und hinten liegt es
> auch vorn. Das geht so nicht. Eine Zurechtweisung.
Bild: Werbewirksam und viel fotografiert: Chris Froome vom Team Sky, erster der…
Mein Gott, Sky! Deine Domininanz nervt, sie nervt so wie einst die Dominanz
von US Postal respektive Discovery nervte. Discovery, liebe radsportferne
Schichten, war die Mopedcrew mit dem Tiger im Tank, die Gang von Lance
Armstrong. Und jetzt auch noch das: Sky stellt in Christopher Froome nicht
nur den Leader der Tour, nein, ein Sky-Fahrer gluckt auch noch auf dem
letzten Platz. Der Brite Luke Rowe liegt viereinhalb Stunden hinter seinem
eigenen Kapitän. Sky vorne, Sky hinten. Sky überall.
Sky rahmt das Feld ein. Schnürt es ab. Degradiert es zu Statisten. Die
Eroberung der Lanterne Rouge durch einen Siegteamfahrer ist eine
Perversion, denn ganz hinten, aktuell auf Platz 169, sollte doch ein
wirklich Abgehängter landen, ein geschundener Mann, dem mit dem Erwerb der
Roten Laterne ein bisschen Ruhm und Aufmerksamkeit zufallen würde. Davon
haben die erklärten Saubermänner des Teams Sky mehr als genug. Aber sie
geben nichts ab. Selbst hinten hängen sie herum und vermiesen den anderen
das Hinterherfahren. Dabei hat Dan McLay tapfer gekämpft um den Titel des
Schlechtesten. Doch der Brite vom Team Fortuneo, also ein wahrhaft
Prekärer, musste jüngst aufgeben. Verdammt!
Wir wollen dem wackeren Luke Rowe nicht zu nahe treten, aber er ist ganz
eindeutig der Florida-Rolf des Radsports. Er nimmt etwas in Anspruch, was
ihm nicht zuzustehen scheint. Das Team Sky hätte sich generös zeigen und
wenigstens den letzten Platz einem anderen Pedaleur überlassen müssen.
Der letzte Platz ist begehrt, weil er der erste von hinten ist. Ja, er ist
geradezu umkämpft. Eine Kunst, auf ihm zu landen, ist es sowieso, denn es
gibt ja ein Zeitlimit auf jeder Etappe, und wer allzu sehr bummelt, der
fliegt raus aus der Wertung. Doch wer drinbleibt und Letzter ist, kommt in
die Zeitung, kriegt auch manchmal einen extra Sponsor.
## 100 Meter in 14:42 Minuten
Wie zum Beispiel einst der Österreicher Gerhard Schönbacher. Er war der
Langsamste bei der Tour 1979 und 1980. Schönbacher fuhr jeweils so
zielstrebig hinterher, dass es dem damaligen Tour-Chef Félix Lévitan über
die Hutschnur ging. Bei der Ankunft in Paris stieg Schönbacher auf den
letzten hundert Metern vom Rad und schob es über die Ziellinie. Unerhört!
Lévitan verfügte, dass künftig der jeweils Letzte nach der Etappe
ausgeschlossen wird. Aber Schönbacher war schlauer. Er verstand sich auf
die hohe Kunst der dosierten Langsamkeit. „Der letzte Platz war sehr
populär. Ich hab danach 40 Verträge gekriegt und bei Showkriterien 500 bis
800 Mark Startgeld bekommen“, hat der clevere Ösi Jahre später in einem
Interview verraten.
Mittlerweile ist das Renommee des letzten Platzes leider etwas geschwunden,
man schaut zu sehr auf die Schnellfahrer ganz vorne, auf die absurde Hatz
der Ehrgeizlinge, Super-Achiever und Kollegenschinder, dabei liegt doch der
Reiz einer Radsportetappe auch in der Wertschätzung des Gruppettos. Die
lassen sich Zeit, genießen die schöne Landschaft – und scheinen aus der
Radsportgeschichte gelernt zu haben.
1925 wurde die Erste Internationale Arbeiterolympiade veranstaltet. Das
100-Meter-Langsamfahren mit dem Fahrrad gewann Valentin Stieber; er
brauchte dafür 14:22 Minuten. Was für eine Tour de Patience!
21 Jul 2017
## AUTOREN
Markus Völker
## TAGS
Tour de France
Christopher Froome
Sky
Radsport
Christopher Froome
Tour de France
Tour de France
Tour de France
## ARTIKEL ZUM THEMA
Start der Frühjahrsrennen im Radsport: Ein Skandal namens Froome
Bei den Frühjahrsrennen ist Saisonauftakt. Und noch etwas kommt im
Profiradsport immer wieder: die Diskussion um Sky-Profi Chris Froome.
Positiver Dopingtest bei Chris Froome: Mächtige Marginalien
Chris Froome, mehrmaliger Gewinner der Frankreich-Rundfahrt, wird mit einem
erhöhten Salbutamol-Wert erwischt. Regelverstoß oder Versehen?
50. Todestag von Radprofi Tom Simpson: Der Berg und der Tod
Vor 50 Jahren starb der Brite Tom Simpson beim Aufstieg am Mont Ventoux. Er
war das erste Dopingopfer der Tour de France.
Zuschauer bei der Tour de France: Tour de Fans
Nirgendwo sonst kommen Anhänger ihren Idolen so nahe wie bei der
Frankreich-Rundfahrt. Ein Trip auf den Gipfel des legendären Mont Ventoux.
Doping bei der Tour de France: Hormone und Diäten für Grenzgänger
Bei der Tour wird mächtig experimentiert. Es geht um mehr Kraft, weniger
Gewicht und bessere Aerodynamik – am Rande und jenseits des Erlaubten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.