Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Positiver Dopingtest bei Chris Froome: Mächtige Marginalien
> Chris Froome, mehrmaliger Gewinner der Frankreich-Rundfahrt, wird mit
> einem erhöhten Salbutamol-Wert erwischt. Regelverstoß oder Versehen?
Bild: Erlaubter Drink: Christopher Froome nimmt einen Schluck Champagner
Sie nennen sie „marginal gains“, und sie verkaufen diese „kleinen
Zielvorgaben“ als ihr großes Erfolgsrezept. Das Team Sky beherrscht den
Radsport seit ein paar Jahren. Es hat mehr Geld als der Rest, es hat mehr
Experten und Tüftler, und sie verstehen es in dem britischen Rennstall,
Grenzbereiche auszuloten.
Es gehe nicht darum, sagt Teamchef David Brailsford, laut Sunday Times der
„Donald Trump des Radsports“, alles umzustürzen, sondern darum, hier und da
an einem Schräubchen zu drehen, die Trainingspläne moderat zu überarbeiten,
die Ernährung leicht umzustellen, und schon ergebe sich aus der
Multiplikation der kleinen Veränderungen ein großer Leistungssprung.
Zu den Marginalien, an denen sie im Hause Sky mit Hochdruck arbeiten,
gehört natürlich auch die medikamentöse Optimierung. Legal funktioniert das
über die sogenannten Therapeutic Use Exemptions (TUE), die medizinischen
Ausnahmegenehmigungen. Man teilt den Dopingkontrolleuren also mit, dass man
als Tour-de-France-Sieger Asthmatiker und somit dringend auf das Mittel
Salbutamol angewiesen ist, und darf dann während der großen Rundfahrten
seine Bronchien mit einem Sprühnebel aus dem Inhalator benetzen. So wie
Chris Froome, bei dem während der vergangenen Spanienrundfahrt, die er
gewonnen hat, allerdings etwas schiefgegangen ist beim TUE-Tuning mit dem
„Bronchospasmolytikum“, wie das Mittel medizinisch korrekt heißt.
Der Radsport-Weltverband UCI hat am Mittwoch einen auffälligen Befund bei
einer Dopingprobe des viermaligen Tour-de-France-Siegers bestätigt. Beim
Briten seien bei einem Test während der Spanienrundfahrt am 7. September zu
hohe Werte des Asthmamittels festgestellt worden. Die B-Probe bestätigte
das Ergebnis.
## Sperre und Aberkennung des Vuelta-Sieges möglich
Möglicherweise drohen Froome die Aberkennung des Vuelta-Sieges sowie eine
Sperre. Die UCI wollte sich zum laufenden Verfahren nicht weiter äußern. In
einem vergleichbaren Fall war der ehemalige italienische Sprintstar
Alessandro Petacchi 2008 für ein Jahr gesperrt worden.
Froome wurde laut UCI den Regeln gemäß nicht vorläufig suspendiert. Der
32-Jährige muss aber erklären, warum der Grenzwert überschritten wurde.
Laut Sky bedeute der Test nicht, dass Regeln gebrochen worden seien. „Es
ist bekannt, dass ich Asthma habe, und ich weiß genau, wie die Regeln
lauten. Ich benutze einen Inhalator, um meine Symptome zu behandeln, und
ich weiß, dass ich jeden Tag getestet werde, wenn ich das Trikot des
Führenden trage“, wurde Froome in einer Pressemitteilung zitiert.
Sein Asthma sei bei der Vuelta schlimmer geworden, „also folgte ich dem Rat
des Mannschaftsarztes, meine Salbutamol-Dosierung zu erhöhen“, meinte
Froome weiter. „Wie immer habe ich mit größter Sorgfalt darauf geachtet,
dass ich nicht mehr als die zulässige Dosis verwendet habe.“ Die UCI habe
völlig recht, „wenn sie die Testergebnisse prüft, und ich werde zusammen
mit dem Team alle Informationen, die sie benötigt, zur Verfügung stellen“.
Teamchef Brailsford erklärte, es gebe „komplexe medizinische und
physiologische Probleme, die den Stoffwechsel und die Ausscheidung von
Salbutamol beeinflussen“. Der Rennstall habe sich verpflichtet, die Fakten
zu ermitteln „und genau zu verstehen, was bei dieser Gelegenheit passiert
ist“. Nach Angaben von Sky lag der Wert der Probe vom 7. September bei
einer Konzentration von 2.000 Nanogramm pro Milliliter (ng/ml), der
Grenzwert der internationalen Antidopingagentur Wada ist bei 1.000
festgelegt.
Mit den TUEs kennt man sich im Hause Sky ziemlich gut aus. Bradley Wiggins,
Gewinner der Tour de France im Jahre 2012, ließ sich einst vor großen
Rundfahrten durch Frankreich mit dem Heuschnupfenmittel Triamcinolon
behandeln. Beliebt ist auch Fluimucil, ein Hustenlöser. All das tut den
geschundenen Atemwegen der Radler gut, vermutlich genauso gut wie jene
Testosteronpflaster, die sich Sky-Arzt Richard Freeman im Jahre 2011 in
Manchester von der Firma Fit 4 Sport Ltd. liefern ließ. Das gehört
vermutlich alles dazu, um die kleinen Ziele zu erreichen. (mit dpa)
13 Dec 2017
## AUTOREN
Markus Völker
## TAGS
Christopher Froome
Sky
Vuelta
Tour de France
Doping
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Radsport
Tour de France
Tour de France
Tour de France
Radsport
## ARTIKEL ZUM THEMA
Doping im Radsport: Grenzwertiges Erfolgsmodell
Der britische Radsportverband darf bei Dopingverdacht selbst ermitteln –
wie praktisch. Der Welt-Anti-Doping-Agentur gefällt das gar nicht.
Start der Frühjahrsrennen im Radsport: Ein Skandal namens Froome
Bei den Frühjahrsrennen ist Saisonauftakt. Und noch etwas kommt im
Profiradsport immer wieder: die Diskussion um Sky-Profi Chris Froome.
Tour de France: Chris Froome gewinnt zum vierten Mal
Nach 3.450 Kilometern von Düsseldorf nach Paris hat sich der Brite Chris
Froome zum vierten Mal in seiner Karriere als Sieger der Tour de France
gekrönt.
Kolumne Press-Schlag: Man muss auch gönnen können
Das Team Sky liegt bei der Frankreichrundfahrt vorn und hinten liegt es
auch vorn. Das geht so nicht. Eine Zurechtweisung.
50. Todestag von Radprofi Tom Simpson: Der Berg und der Tod
Vor 50 Jahren starb der Brite Tom Simpson beim Aufstieg am Mont Ventoux. Er
war das erste Dopingopfer der Tour de France.
Kolumne Press-Schlag: Atomphysik für Fortgeschrittene
Die Radsportsaison beginnt mit den Frühjahrsklassikern. Und schon ploppt
diese eine Frage auf: Ist dieser Sport glaubwürdig?
Doping-Analytiker über Radsport: „Mir ist die Lust vergangen“
Ein Gespräch mit dem Doping-Analytiker Wilhelm Schänzer über bekannte und
neue Substanzen zur künstlichen Leistungssteigerung.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.