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# taz.de -- Finale für Bülent Çiftlik: Prozess geht zu Ende
> Nach sieben Jahren fällt heute das Urteil im Verfahren gegen den früheren
> SPD-Hoffnungsträger Bülent Çiftlik. Es geht um mehr als die Vermittlung
> einer Scheinehe
Bild: Gehen bald wieder getrennte Wege: Bülent Ciftlik und seine Anwälte
Wenn der Vorsitzende der 6. Strafkammer des Landgerichtes, Heiko Hammann,
heute sein Urteil verkündet, ist Schluss. Dann geht die siebenjährige
Justizposse um den ehemaligen Sprecher der Hamburger SPD und
Bürgerschaftsabgeordneten Bülent Çiftlik zu Ende. Der heute 45-Jährige soll
einem türkischen Freund eine Scheinehe vermittelt haben, um dessen
Aufenthalt in Deutschland zu sichern. Zudem soll er Beweise manipuliert und
Zeugen beeinflusst haben, um für die Anbahnung der Scheinehe nicht
verurteilt zu werden. Und solche Manipulationen wiegen strafrechtlich viel
schwerer als der ursprüngliche Vorwurf.
Nachdem die Staatsanwaltschaft dreieinhalb Jahre Gefängnis gefordert hatte,
plädierte Çiftliks Verteidigung am vergangenen Freitag erwartungsgemäß auf
Freispruch. Çiftliks AnwältInnen haben „erhebliche Zweifel an der
Glaubwürdigkeit“ der Hauptbelastungszeuginnen Nicole D. und Constanze K.
Aus ihrer Sicht haben sie Çiftlik aus verschmähter Liebe zu Unrecht
belastet.
Besonders Constanze K., die sich lange „mit aller Macht eine Beziehung“ zu
Çiftlik gewünscht und sogar dessen Verlobung mit seiner heutigen Ehefrau
lange Zeit „gänzlich ignoriert“ habe, hätte eine schon „wahnhaft anmute…
Vorstellung“ entwickelt, sie sei mit dem Angeklagten „zusammen gewesen“,
hieß es im Plädoyer. Deshalb habe möglicherweise sie – und nicht Çiftlik …
im erstinstanzlichen Verfahren Beweismittel manipuliert, um ihren
Angebeteten zu schützen.
Constanze K. habe, so die Verteidigung, etwa die Möglichkeit gehabt, zwei
E-Mails, die angeblich von Nicole D. stammten und mit Hilfe einer
Computer-Spyware in deren E-Mail-Account platziert wurden, zu fälschen. In
diesen Mails hatte sich Nicole D. selbst bezichtigt, Ciftlik zu Unrecht
belastet zu haben – sie waren ihr aber wie ein Kuckucksei untergeschoben
worden.
„Ich glaube, es ist alles anders gewesen, als die Anklage es beschreibt“,
sagte Verteidigerin Gabriele Heinecke am Freitag im Plädoyer. Ihre Version
der Taten sei „weniger lebensfremd.“ Denn dass Ciftlik mit so plumpen und
einfach zu durchschauenden Manipulationsversuchen oder auch durch die
Anbahnung einer Scheinehe „Kopf und Kragen riskiert“ habe, sei absolut
„lebensfremd“. Zudem gäbe es in den Aussagen von Constanze K. „zu viele
Ungereimtheiten“.
Noch kurz vor ihrem Plädoyer hatte Heineckes Kollege Florian Melloh ein
psychologisches Gutachten über Constanze K.s Ausführungen während des
Prozesses beantragt, war damit aber bei den Richtern abgeblitzt. Nichts
anderes als Kaffeesatz-Lesereien seien die Spekulationen der
Staatsanwaltschaft. „Das reicht nicht aus“, schloss Heinecke ihr Plädoyer.
„Zusammenreimen ist keine Grundlage für eine Verurteilung.“
Çiftlik selbst hat im gesamten Verfahren geschwiegen und verzichtete auch
auf das Schlusswort, das ihm als Angeklagten vor Gericht zusteht. Das
Gericht muss nun entscheiden, für wie stichhaltig es die Indizien gegen ihn
hält. Davon allein hängt ab, ob Çiftlik, der heute ein Lokal in Ottensen
betreibt, demnächst für mehrere Jahre hinter Gitter verschwindet.
18 Jun 2017
## AUTOREN
Marco Carini
## TAGS
Bülent Ciftlik
Zeuge
Prozess
Bülent Ciftlik
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