| # taz.de -- Protest in Brasilien: Brasilia außer Kontrolle | |
| > Die Regierung in Brasilien fordert Soldaten zum Schutz vor Demonstranten | |
| > an. Zehntausende kamen bei Massenprotesten gegen Präsident Temer | |
| > zusammen. | |
| Bild: Protest in Brasilia | |
| Brasília afp | Massenproteste, Tränengas, Randale im Regierungsviertel: Die | |
| wegen Korruptionsvorwürfen massiv unter Druck geratene Regierung in | |
| Brasilien hat Soldaten zum Schutz vor Demonstranten angefordert. Der an die | |
| Zeiten der Militärdiktatur erinnernde Schritt wurde nach dem Sturm von | |
| Demonstranten unter anderem auf das Landwirtschaftsministerium am Mittwoch | |
| beschlossen. 35.000 bis 100.000 Menschen nahmen an Massenprotesten gegen | |
| Staatspräsident Michel Temer teil. | |
| Einige Demonstranten drangen dabei in das Landwirtschaftsministerium in der | |
| Hauptstadt Brasília ein und randalierten dort, wie ein Ministeriumssprecher | |
| sagte. Sie legten demnach ein Feuer, zerstörten Fotos früherer Minister und | |
| lieferten sich Auseinandersetzungen mit der Polizei. Auch andere | |
| Ministerien wurden laut Regierung mit Steinen und Stöcken angegriffen. | |
| Die brasilianische Regierung forderte Soldaten an, um die Gebäude zu | |
| schützen. Wie Verteidigungsminister Raul Jungmann erklärte, wurden die | |
| Soldaten zum Außenministerium und zu allen weiteren Ministerien in Brasília | |
| geschickt. | |
| Der Einsatz der Armee ist heikel in einem Land, das von 1964 bis 1985 unter | |
| der Militärdiktatur lebte. Zuletzt kamen Soldaten in schwierigen | |
| Sicherheitslagen oder bei Großereignissen wie den Olympischen Spielen zum | |
| Einsatz. „Das ist eine extreme Maßnahme der Regierung Temer und ein klares | |
| Signal, dass die Regierung die Kontrolle verloren hat, mit sehr schlechten | |
| Folgen für unsere Demokratie“, sagte der Analyst des Konsultingbüros Hold, | |
| André Cesar, in Brasília. Auch Senator Tasso Jereissati von der | |
| sozialdemokratischen Partei PSDB erinnerte der Einsatz von Soldaten an die | |
| Militärdiktatur. | |
| ## Präsident unter Korruptionsverdacht | |
| Die Demonstration, die von Gewerkschaften und linken Gruppen organisiert | |
| worden war, verlief zunächst friedlich. Laut Behörden nahmen 35.000 | |
| Menschen teil, die Veranstalter sprachen von 100.000 Demonstranten, die mit | |
| dem Ruf „Temer weg“ durch die Stadt zogen. Als der Protestzug das | |
| Regierungsviertel erreichte, kam es jedoch zu Zusammenstößen mit den | |
| Sicherheitskräften. Die Polizei setzte Tränengas und Blendgranaten ein, | |
| einige teils vermummte Demonstranten reagierten mit Steinwürfen. Es gab | |
| mehrere Verletzte. | |
| Die Demonstranten verlangten den Rücktritt des korruptionsverdächtigen | |
| Staatschefs, Neuwahlen und das Ende der von Temer verordneten Sparpolitik. | |
| Diese sieht vor, öffentliche Ausgaben für die Dauer von 20 Jahren | |
| einzufrieren, ein späteres Renteneintrittsalter einzuführen und die | |
| Arbeitsgesetze im Sinne der Unternehmer zu lockern. | |
| Temer lehnt einen Rücktritt bisher trotz der massiven Korruptionsvorwürfe | |
| ab. In einem heimlich mitgeschnittenen Gespräch soll er | |
| Schweigegeldzahlungen an den inhaftierten ehemaligen Parlamentspräsidenten | |
| Eduardo Cunha zugestimmt haben. Cunha, wie Temer Mitglied der | |
| rechtskonservativen Partei der demokratischen Bewegung (PMDB), soll über | |
| umfassendes Wissen zu den Beteiligten in der Korruptionsaffäre um den | |
| Petrobras-Ölkonzern verfügen. | |
| Neben der Billigung von Schweigegeldzahlungen soll Temer laut Unterlagen | |
| der Generalstaatsanwaltschaft in seiner Zeit als Vizepräsident | |
| Bestechungsgelder in Millionenhöhe angenommen haben. Cunha gilt als | |
| Drahtzieher der Amtsenthebung von Temers Vorgängerin Dilma Rousseff von der | |
| linksgerichteten Arbeiterpartei (PT) vor einem Jahr. Nach Rousseffs | |
| Absetzung hatte ihr Stellvertreter Temer ihre Nachfolge angetreten. | |
| Temers Mandat läuft noch bis Ende 2018. Doch immer mehr Brasilianer | |
| verlangen, die Präsidentschaftswahl vorzuziehen. Der 76-jährige Temer ist | |
| Umfragen zufolge in der Bevölkerung äußerst unbeliebt. | |
| 25 May 2017 | |
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