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# taz.de -- Bilanz Karneval der Kulturen: Alles tanzt
> Das trübe Wetter am Pfingstsonntag vermag die Stimmung beim Umzug nicht
> zu trüben. Man feiert zusammen – auch als Zeichen gegen den Terror.
Bild: Das Kostüm hält: Gut gelaunte Karnevalistin im Regen
Irgendwie fühlte er sich anders an in diesem Jahr, der Karneval der
Kulturen. Das liegt nicht nur am (beinahe Dauer-)Regen an diesem
Pfingstsonntag, dem traditionellen Karnevalsumzugs-Tag. Gab es das je zuvor
– einen fast komplett verregneten Karnevalsumzug?
Die TeilnehmerInnen ließen sich davon jedenfalls nicht stören. Während die
ersten Wagen Sonntagmittag pünktlich am Hermannplatz starteten, tanzten
sich in der Urbanstraße wie immer die auf ihren Start noch wartenden
Gruppen warm: PiratInnen, den verwegenen Look eines Käpt’n Jack Sparrow
unter zuckerwatterosafarbenen Plastikumhängen vor dem Regen bewahrt.
KrokodilsmaskenträgerInnen schützen ihre Pappmachékonstruktionen lieber
gleich in einer trockenen Hauseinfahrt.
Den Dabke-TänzerInnen des Palästinensischen Studierendenvereins dagegen
schien der Regen nichts auszumachen: Rote Tücher schwingend tanzten sie im
Kreis, ebenfalls dabei – und schrittsicher – eine Sari tragende Tänzerin
aus der folgenden indischen Gruppe. Der Karneval bricht ethnische Grenzen
längst auf.
Gut 60 Gruppen, die meisten mit teils aufwändig geschmückten Wagen, nahmen
am diesjährigen Karnevalsumzug teil – etwas weniger als in den Jahren
zuvor, und auch die Zahl der ZuschauerInnen war zumindest anfangs
überschaubarer. Sichtbarer waren in diesem Jahr allerdings die Security und
PolizistInnen: Sicherheitskräfte begleiteten fast jede Gruppe des Zugs, der
zudem von gut 20 PolizeibeamtInnen und mehreren Polizeiwagen angeführt
wurde. Solche sperrten auch die Zufahrtsstraßen zur Umzugsstrecke ab:
flankiert von Polizisten mit Maschinenpistolen.
## Zum Auftakt: ein Polizeieinsatz
Auch das neu, und ein ungewohnt martialischer Anblick auf dem sonst so
fröhlichen Volksfest. Gleich zu Anfang des Umzugs gab es zudem einen
Polizeieinsatz: Mehrere Beamte durchsuchten in der Hasenheide eine Gruppe
junger ZuschauerInnen. „Sie haben gesagt, aus unserer Gruppe sei
Marihuanageruch zu ihnen herübergeweht“, erklärte einer der Betroffenen,
dessen Untersuchung bereits beendet war. Das war dann doch irgendwie
beruhigend, dass die Polizisten hier in der Hasenheide nach Drogen suchten
– doch alles wie immer also?
Die gute Stimmung war es jedenfalls: Mehr Raum am Rand bot den
ZuschauerInnen mehr Raum zum Mittanzen, die Abstände zwischen den
Teilnehmergruppen waren groß genug, um hinter den Wagen der Wahl
herzulaufen, und die Performances der Gruppen gut zu sehen: Albaner in
weiten weißen Hosen mit schwarzen Applikationen und weißen Filzhüten, die
gewohnt politische Performance der Gruppe La Calaca, die in diesem Jahr die
von US-Präsident Donald Trump geplante Mauer zwischen den USA und Mexiko
auf die Schippe nahm. Flüchtlinge tanzten Samba, KurdInnen tanzten in
tarngrünen Kampfanzügen, BauchtänzerInnen zu Dudelsackklängen, das Publikum
zu allem.
Alles wie immer? Nein: Eigentlich war die Stimmung fast noch besser als
sonst. Vielleicht gerade wegen aller zuvor geführten Diskussionen über
Sicherheit und Terrorgefahr – es ist vor diesem Hintergrund auch ein
(politisches) Statement, beim Karneval der Kulturen dabei zu sein: Man hält
zusammen.
Ein Wunsch noch für nächstes Jahr: Vielleicht könnte auch den in
V-Formation vorangehenden PolizistInnen mal jemand ein paar Tanzschritte
und Hüftschwünge beibringen?
5 Jun 2017
## AUTOREN
Alke Wierth
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