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# taz.de -- Kommentar Vorschläge zur Eurozone: Aus der Schneckenperspektive
> Armut und Arbeitslosigkeit lässt das EU-Papier aus. Es ignoriert den
> Kontext. Nur an Eurobonds wagt es sich heran – ohne sie zu nennen.
Bild: Die Aussichten sind nicht berauschend
Weltfremd – dieses Wort passt bestens zu den neuesten [1][Vorschlägen der
EU-Kommission] zur Eurozone. Die Realitätsferne zeigt sich bereits beim
Zeithorizont: Bis 2025 will man langsam ein paar kleine Änderungen
vornehmen. Dabei wäre es ein Wunder, wenn die Eurozone 2025 noch
existierte, falls das Reformtempo so dröge bleibt.
Die zentrale Frage ist: Wie kann man die Arbeitslosigkeit und Armut
bekämpfen, die viele Euroländer plagt? Doch genau dazu sagt das EU-Papier
gar nichts.
Stattdessen wird an Einzelheiten herumgetüftelt – und der Kontext
ignoriert. Ein typisches Beispiel ist die Idee, dass es eine gemeinsame
Einlagensicherung für alle europäischen Banken geben soll, um die einzelnen
Institute sicherer zu machen. Der Vorschlag ist zwar richtig – aber
chancenlos. Denn in der Finanzbranche weiß jeder, dass die italienischen
Banken auf faulen Krediten von etwa 300 Milliarden Euro sitzen. Dafür
wollen die anderen Banken nicht haften. Die eigentliche Frage wäre also,
wie man den italienischen Instituten hilft. Doch auch dazu schweigt das
Papier.
Immerhin wagt sich die EU-Kommission an ein Tabuthema heran. Sie fordert,
dass die Euroländer ihre Schulden gemeinsam aufnehmen – also Eurobonds
ausgeben. Allerdings hütet sich die EU-Kommission wohlweislich, das Wort
„Eurobonds“ zu benutzen – und es soll auch nur einen Bruchteil der
Staatsanleihen betreffen. Zu groß ist die Angst in Brüssel, die Deutschen
zu verärgern, die auf der „Eigenverantwortung“ der Länder bestehen.
Das Konzept „Eigenverantwortung“ klingt zwar fair, sprengt aber die
Eurozone von innen. Deutschland kann momentan 10-jährige Kredite für einen
Zins von 0,3 Prozent aufnehmen. Das arme Portugal hingegen muss 3 Prozent
zahlen. Konsequenz: Das reiche Deutschland wird reicher, während der Rest
verliert.
So kann die Eurozone nicht funktionieren. Noch nicht einmal bis 2025.
1 Jun 2017
## LINKS
[1] http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-1454_en.htm
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
## TAGS
Eurozone
Eurobonds
IWF
Schwerpunkt Emmanuel Macron
Elternzeit
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