# taz.de -- Bierpreisbremse in München: Auf dem Weg zum Vollrauschzwang | |
> Die CSU scheitert mit ihrem Plan, den Bierpreis auf dem Oktoberfest | |
> einzufrieren. Die Münchner SPD bleibt die Partei der kassierenden | |
> Wiesnwirte. | |
Bild: Wertvolle Fracht: Bedienung im Festzelt der staatlichen Zentrale der baye… | |
Die Sache mit dem Oktoberfest ist nicht so einfach für die Münchner. | |
Niemand mag es und am Ende gehen doch alle hin, weil die Kollegen gehen, | |
der Bruder noch einen Platz an seinem Tisch frei hat oder man die | |
Gutscheine, die der Arbeitgeber verteilt hat, auch einlösen will. Danach | |
stöhnen alle – über den Kater sowieso und darüber, dass alles zu teuer und | |
zu voll war und ärgern sich darüber, dass dieser Depp vom Nebentisch seine | |
Mass über das nagelneue Dirndl oder die teure Hirschlederne gekippt hat. | |
Und weil man beim Anblick der starken Bedienungen, die bis zu 20 Krüge auf | |
einmal durch die Bierhallen tragen können, gar nicht anders kann, wird auch | |
über die immer reicher werdenden Wirte gegrantelt und über die Lizenz zum | |
Gelddrucken, die ein Wiesnwirt wohl hat. | |
Denen wollte es ein wackerer Volkstribun nun mal so richtig einschenken. | |
Josef Schmid heißt er, ist Bürgermeister unter SPD-Oberbürgermeister Dieter | |
Reiter, und wird, weil das irgendwie zu ihm passt und er wohl nie ein | |
großer wird, Seppi genannt, obwohl er das selbst schon lange nicht mehr | |
will. Der Seppi ist derjenige in der Stadtregierung, der sich Wiesn-Chef | |
nennen darf. Er wollte den Bierpreis begrenzen, auf 10,70 Euro. | |
Gesagt hat er, dass er das tut, um zu verhindern, dass die Wirte ihren | |
Beitrag zu dem immens gestiegenen Sicherheitskosten für die zwei Wochen des | |
Wahnsinns auf den Bierpreis schlagen. Ein populistischer Exzess sei das, | |
meint die SPD. Und die Grünen sagen das auch. Wenn das so sei, sagt der | |
Seppi, dann sei er gerne Populist. Oh, mei! | |
## Schwarz ist rot und rot schwarz | |
Wie es sein kann, dass ausgerechnet die CSU für Einheitspreise und eine Art | |
Kommandowirtschaft plädiert, darüber wird wohl in fernen Jahrhunderten noch | |
gesprochen werden. Und warum es ausgerechnet die SPD ist, die den Wirten | |
bei der freien Gestaltung der Bierpreise zur Seite springt, auch darüber | |
werden noch Generationen rätseln. Und das mit Recht: Nachrichten über die | |
Wiesnwirte in der Nicht-Oktoberfestzeit finden sich vor allem in den | |
lokalen Wirtschaftsnachrichten, wenn es um Grundstückskäufe und | |
Immobilienentwicklung geht. Es bleibt eben tatsächlich einiges hängen, von | |
dem was ein Wiesnbesucher für seinen Vollrausch zahlt. | |
Per Livetikcer konnten Online-User zweier Münchner Tagszeitungen verfolgen, | |
was sich am Mittwoch im Stadtrat abgespielt hat, als es um die | |
Bierpreisbremse ging. Sie konnten live dabei sein, als die CSU die | |
Planwirtschaft gefordert und die SPD als Verteidigern derjenigen agiert | |
hat, die unter anderem dafür gesorgt haben, dass Gentrifizierung in München | |
kein Schreckgespenst ist, sondern seit Jahrzehnten erlebbare Realität. Die | |
SPD konnte eben schon immer gut mit den Wiesnwirten, heißt es. Warum | |
eigentlich? Weil die SPD die Stadt so gut wie immer regiert hat, hat sich | |
das eben so ergeben. Mei oh mei! | |
Der Wiesnchef hat sich übrigens noch mehr einfallen lassen. Weil | |
Besucherzahlen und Bierkonsum rückläufig sind auf dem Oktoberfest, hat er | |
vorgeschlagen, das Fest um einen Tag zu verlängern. Je schlechter die Party | |
ankommt, desto länger soll sie dauern. Was für ein Schmarrn! Fand auch die | |
Stadtratsmehrheit und hat auch diesen Vorschlag abgelehnt. Wir freuen uns | |
schon auf die nächsten Ideen der CSU. Wie wäre es etwa mit einem | |
verpflichtenden Oktoberfestbesuch für alle Münchner über 16 an besten | |
verbunden mit einem Vollrauschzwang. Wir sind gespannt. | |
17 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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