# taz.de -- Präsidentschaftswahl im Iran: Fällt die Tür wieder zu? | |
> Präsident Rohani steht unter Beschuss der konservativen Kleriker und | |
> Hardliner. Er will die Wahl gewinnen – doch die Wirtschaft schwächelt. | |
Bild: Hassan Rohani hat Unterstützer, die an die Öffnung glauben | |
BERLIN taz | Hassan Rohani steht [1][unter Druck]: Bei den Wahlen am | |
Freitag will der iranische Präsident seinen Posten und seinen [2][Kurs der | |
Öffnung] verteidigen. Doch die Front der Konservativen und Hardliner ist in | |
den letzten Wochen stärker, ihre Kritik schärfer geworden. | |
Im Vordergrund steht [3][die wirtschaftliche Situation des Landes]: Rohani | |
hatte bei seinem Amtsantritt vor vier Jahren einen Aufschwung versprochen, | |
doch nun sind viele Iraner tief enttäuscht: Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot, | |
mangelnde gesundheitliche Versorgung und Umweltverschmutzung gehören nach | |
wie vor zu den akuten Problemen des Landes. | |
Dabei hatte [4][das Ende des Atomstreits] und der Abschluss eines Abkommens | |
– mit den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats plus Deutschland – | |
2015 in der Bevölkerung große Hoffnungen geweckt, dass sich ihr Leben | |
deutlich bessern würde. Damals wurden Rohani und sein Außenminister | |
Mohammed Dschawad Sarif als Helden gefeiert. | |
Dass der ersehnte Aufschwung dann jedoch ausblieb, hatte mehrere Gründe: So | |
waren nach dem Abkommen zwar einige wichtige Sanktionen wie der Ölboykott | |
aufgehoben worden. Andere internationale Strafmaßnahmen aber – wegen | |
Verletzung der Menschenrechte im Iran und der Unterstützung des Terrorismus | |
– sind weiterhin in Kraft. | |
## Verhinderter Aufschwung | |
Sie behindern nach wie vor die Geschäfte mit dem Iran. Ausländische | |
Unternehmen und Banken, vor allem jene, die auch in den USA aktiv sind, | |
befürchten bei Geschäften mit der Islamischen Republik von den Amerikanern | |
sanktioniert zu werden. Der US-Präsident hat das Atomabkommen, das unter | |
seinem Vorgänger zustande kam, als das „schlechteste aller Zeiten“ | |
bezeichnet. Bislang haben es die USA – anders als Trump es im Wahlkampf | |
immer wieder propagiert hat – nicht aufgekündigt. Stattdessen gab | |
Washington jetzt am Mittwoch bekannt, dass die seit 2015 erfolgten | |
Erleichterungen für Geschäfte mit iranischen Firmen weiterbestehen. | |
Zugleich verhängte Washington jedoch andere Sanktionen wegen des iranischen | |
Raketenprogramms. | |
Aber nicht nur solche Strafmaßnahmen, sondern auch hausgemachte Probleme, | |
behindern einen wirtschaftlichen Aufschwung: Das Rechtssystem und die | |
Privatwirtschaft sind zu schwach, die staatliche Einflussnahme bleibt zu | |
stark. Zu alledem kommen der Klientelismus und weit verbreitete Korruption. | |
Gegen diese Schwachpunkte richten sich die Pfeile der Hardliner und | |
Konservativen. Kein Geringerer als der Revolutionsführer Ali Chamenei | |
erklärte kürzlich, die Regierung habe zwar einige Schritte unternommen, | |
aber das Volk sei unzufrieden – und: „ich auch“. | |
Der Kandidat der Konservativen, Ebrahim Raisi, sprach von sechs Millionen | |
Slumbewohnern, deren elendes Dasein eine Schande für die Islamische | |
Republik sei. Die Regierung kümmere sich nicht um soziale Gerechtigkeit. Es | |
müsse dringend etwas getan werden. | |
## Zum Gegenangriff übergegangen | |
Rohani nennt das Schwarzmalerei. Er hat lange Zeit versucht, die Anwürfe | |
staatsmännisch zu ignorieren. Inzwischen ist er aber zum Gegenangriff | |
übergegangen. Er beschuldigte seine Gegner, jahrzehntelang Schrecken | |
verbreitet zu haben: „Die Ära der Gewalt und des Extremismus ist ein für | |
allemal vorbei“, sagte er. „Die Iraner sollen erneut verkünden, dass sie | |
nicht jene billigen, die seit 38 Jahren für Hinrichtungen und Gefängnis | |
eintreten. Wir gehen in diese Wahl, um jenen, die Gewalt und Extremismus | |
predigen, zu sagen, dass ihre Ära vorbei ist.“ Die Jugend wolle das alles | |
nicht mehr, sie habe sich für die Freiheit entschieden. | |
Rohani sprach auch von Bürgerrechten und Gleichberechtigung und warnt vor | |
einen Rückfall in weit zurückliegende Zeiten: „Sie wollten sogar auf den | |
Bürgersteigen Mauern bauen, um die Geschlechter zu trennen“, warf er seinen | |
Gegnern in einer TV-Debatte vor. Zum Teheraner Bürgermeister Mohammad | |
Bagher Ghalibaf, der inzwischen seine Kandidatur zurückgezogen hat, sagte | |
er: „Sie waren es doch, der in den Stadträten eine Geschlechtertrennung | |
vornehmen wollte.“ Er sei es auch gewesen, der damit geprahlt habe, | |
protestierende Studenten innerhalb von zwei Stunden „plattmachen“ zu | |
können. | |
Außenpolitisch beschuldigen Rohanis Gegner ihn, mit seiner Politik der | |
Öffnung nach außen die hart erkämpfte Unabhängigkeit des Landes aufs Spiel | |
zu setzen. Manche nennen den Präsidenten gar einen „Mann der Amerikaner“. | |
Anstatt die „Widerstandswirtschaft“ zu stärken, kritisierten sie, setze er | |
seine Hoffnung auf Unterstützung von außen. Dieser Kurs sei nicht nur | |
ökonomisch und politisch falsch, er leiste auch der kulturellen | |
Einflussnahme des Westens Vorschub. Es werde eine ideologische | |
Unterwanderung stattfinden und damit ein „samtener Regimewechsel“. | |
Rohani konterte: Seine Gegner wollten „zu alten Zeiten zurückkehren. Ohne | |
Freiheit kann man keinen Fortschritt erzielen.“ Jetzt liege es an den | |
Bürgern, mit ihrer Stimme dafür zu sorgen, dass der Weg der Öffnung | |
fortgesetzt werde, sonst drohe eine erneute Isolation. | |
18 May 2017 | |
## LINKS | |
[1] /!5402308/ | |
[2] /!5405769/ | |
[3] /!5345101/ | |
[4] /!5251894/ | |
## AUTOREN | |
Bahman Nirumand | |
## TAGS | |
Wahlen im Iran | |
Verhältnis Iran - Israel | |
Iran | |
Hassan Rohani | |
Ajatollah Chomeini | |
Schiiten | |
Iran | |
Iran | |
Wahlen im Iran | |
Iran | |
Wahlen im Iran | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
25 Jahre Mykonos-Attentat: Als der Iran seine Mörder schickte | |
Vor 25 Jahren wurden in einem Restaurant in Berlin vier iranisch-kurdische | |
Politiker erschossen. Der Prozess gegen die Mörder war ein internationales | |
Politikum. | |
Präsidentschaftswahl im Iran: Rohani gewinnt | |
Wohin steuert der Iran nach der Präsidentenwahl? Nun ist klar: Amtsinhaber | |
Rohani hat sich durchgesetzt. Der Reformer kann seinen Öffnungskurs | |
fortsetzen. | |
Debatte Präsidentschaftswahl im Iran: Jetzt hilft nur noch beten | |
Der Atomdeal hat dem Iran kein Wirtschaftswunder beschert. Nun könnte an | |
diesem Freitag ein Extremist neuer Präsident werden. | |
Wahl im Iran: Und dann tanzen sie | |
Vor der Wahl am Freitag hoffen viele junge Iraner auf zaghafte Reformen. | |
Für ihre Freiheit kämpfen sie lieber im Privaten. | |
Präsidentenwahl im Iran: Rohani ist beliebt, aber erfolglos | |
55 Millionen IranerInnen sind aufgerufen, am 19. Mai einen neuen | |
Präsidenten zu wählen. Wieder einmal geht es um Reformer gegen | |
Konservative. |