# taz.de -- „Escape Games“ im Test: Und wo geht’s hier raus? | |
> „Live Exit Games“ sind gerade sehr angesagt. Was ist dran an dem Hype? | |
Bild: Na, dann mal los, den Raum durchwühlen, Hinweise finden. Die Zeit drängt | |
Bei „Live Exit Games“ lässt man sich als Gruppe in einen Raum einsperren | |
und muss sich in vorgegebener Zeit anhand versteckter Hinweise befreien. | |
Das Phänomen kommt aus Japan, zieht jetzt aber auch in Europa an. | |
Mittlerweile gibt es über 250 Anbieter in Deutschland. Die taz hat ein | |
Spiel getestet – wie immer generationenübergreifend. | |
*** | |
Klassische Rätsellogik | |
Ein bisschen ist das Spiel wie TKKG. Diese Krimireihe für Kinder – die | |
uncoolere Variante der Drei Fragezeichen. Nicht ganz so clever, nicht ganz | |
so gruselig. Aber in Deutschland trotzdem wahnsinnig erfolgreich. Tim, | |
Karl, Klößchen, Gaby und Oskar lösen gemeinsam Fälle und suchen Schätze. | |
Genau wie wir. | |
Zu fünft kriechen wir also im Keller eines ehemaligen DDR-Bunkers durch | |
einen Lüftungsschacht und landen im Kaminzimmer eines englischen Lords. Die | |
Decken sind niedrig, in der Mitte steht ein Ohrensessel, Kolonialschmuck an | |
der Wand. Irgendwo versteckt sich ein wertvolles Artefakt, das wir finden | |
müssen. Die Geschichte dazu habe ich vergessen. Jonas, unser Spielleiter, | |
hat sie uns vor dem Eingang erzählt. Irgendwas mit einem Mister Biggs und | |
geraubtem Gold. | |
Die Zusammenhänge werden mir auch die nächste Stunde über nicht ganz klar | |
werden. Es gibt Flucht- und Missionsspiele. Aber als wir in dem Raum | |
stehen, wissen wir nicht so richtig, wie unsere Mission eigentlich | |
aussieht. Sehr schnell finden wir einen Brief an den englischen Lord. Einen | |
direkten Arbeitsauftrag können wir aber nicht ableiten. | |
Unsere Suche folgt nicht der Logik einer Geschichte, sondern klassischer | |
Rätsellogik. Wir müssen xxxx xxxx umstellen, damit eine Tür aufspringt. Mit | |
einem Stethoskop horchen wir am Tresor. In einem xxxxxxx versteckt sich ein | |
xxxxxxxx, hinter dem ein Code erscheint. Wir stecken einen xxxxxxxxxxxx | |
durch einen kindshohen Turm, um ihn wie einen Zauberwürfel in sich zu | |
verdrehen. | |
Man muss sich einfühlen wollen in dieses Rätselraten ohne Geschichte. | |
Ansonsten steht man dumm rum, befummelt die Wanddeko und wartet auf die | |
Hinweise vom Spielleiter. (Zensiert wegen Spoilern) | |
Amna Franzke (23) | |
*** | |
Das Gold aus Argentinien | |
Als Erstes müssen wir durch einen Lüftungsschacht. Dann kommt man in einen | |
kleinen bis mittelgroßen Raum – und die Mission geht los. | |
Ich war am Anfang sehr aufgeregt. Vor dem Spiel wurden uns die Spielregeln | |
erklärt: Was man machen soll, was man nicht soll, was man darf und was man | |
nicht darf. Und die Geschichte. | |
Sie handelt von einem gefürchteten Räuber namens Biggs, der hat einen Zug | |
voll mit Gold überfallen und ist mit dem Gold dann nach Argentinien | |
gefahren. Irgendwann kam er zurück in die USA und wurde dort direkt | |
verhaftet und kam in den Knast. Im Knast wurde ihm erzählt, dass in dem Zug | |
ein sehr wertvolles Artefakt war. | |
Und da kamen wir ins Spiel. | |
Wir mussten das Artefakt finden. Der erste Hinweis war ein Brief auf einem | |
xxxxx, dann musste man xxxxx auf verschiedene Plattformen stellen. | |
Man musste einen Code knacken, um die letzte xxxxx zu bekommen. Es gab auch | |
eine xxx, wo man die xxx xxxx xxxx musste. | |
Dann ging eine Tür xx xxxxx auf und da gab es einen Gang mit mehreren | |
Stöpseln, hatte man das dann gelöst, ging eine Tür xx xxxxx auf. | |
Da war dann noch eine Tür, die man knacken musste, da hinter war xxx xxxxx | |
mit vielen xxxxxx xxxxxx. | |
In der Mitte xxx xxxxx war eine Art xxxxxx, die man xxxxx xxxxxxxx konnte, | |
man musste xxxxx xxxx xxx xxxx stecken. Dann kam ein xxxxx raus, was auf | |
xxxxx xxxxxxxx, was wir aber nicht wussten, dann war unsere Stunde um. | |
Wie man es rausbekommt, erzähle ich nicht, damit Sie es selber rausfinden | |
können. | |
Es hat sehr viel Spaß gemacht, war zwar teilweise schwer, aber | |
herausfindbar. Die Leute waren sehr nett. Ich kann das Exit Game nur | |
weiterempfehlen. (zensiert wegen Spoilern) | |
Vito Schmidt (11) | |
*** | |
Abenteuer aus der Konserve | |
Exit Game. Klang spannend. Als Gruppe in einen Raum eingesperrt sein. Die | |
Uhr läuft. Eine Stunde Zeit. Rätsel lösen. Adrenalin. Zittern, bangen – und | |
sich am Ende freuen, weil man es rechtzeitig rausgeschafft hat. | |
Aber was habe ich erwartet? Das man voll drin ist, in diesem Abenteuer? So | |
auf Leben und Tod? Dass man vergisst, dass alles nur ein Spiel ist? Dass es | |
eine Rolle spielt, ob man gewinnt oder verliert? Wie komme ich nur auf so | |
einen Quatsch? | |
Es war das, was es ist: ein Abenteuer aus der Konserve. Für | |
Großstadtmenschen und Touristen, die ein bisschen gelangweilt sind vom | |
Leben und etwas erleben wollen. Mundgerecht serviert, in klar abgestecktem | |
Rahmen, bezahlen, erhalten, auf Wiedersehen. | |
So wie in diesen Dungeons, die es mittlerweile in einigen Großstädten gibt. | |
Geisterbahn mit pseudowissenschaftlichem Hintergrund. Da muss man sich auch | |
arg anstrengen, das spannend zu finden – und nicht einfach nur saudoof. | |
Außer vielleicht, man ist betrunken. | |
Klar, wir haben uns angestrengt, haben versucht, die Rätsel zu lösen. Aber | |
wir wussten auch: Kommen wir nicht weiter, gibt uns jemand via Bildschirm | |
den passenden Hinweis. Und wenn wir es nicht schaffen? Auch egal. Die | |
Stunde ist vorbei und das Leben geht weiter. Eine nennenswerte | |
Unterbrechung war das nicht. | |
Was also habe ich mitgenommen? Nichts, das ich nicht schon längst wusste. | |
Muss man Gegenstände in die richtige Reihenfolge bringen oder irgendwo | |
einpassen, bin ich voll dabei. Beim Kombinieren von Zahlen, bin ich | |
überfordert. Klappt etwas auch nach mehreren Versuchen nicht, langweile ich | |
mich. Und echte Abenteuer, an die man sich auch Jahre später noch erinnert, | |
sind für Geld nicht zu haben. Gehen Sie lieber raus ins Grüne und lesen Sie | |
ein Buch. | |
Marlene Halser (39) | |
*** | |
Lüftungsschacht in ein anderes Zeitalter | |
Das Exit Game war etwa absolut Neues für mich. | |
Es war eine super Mischung aus Spannung, Spaß und Rätseln. Das Spiel war | |
deutlich schwerer als gedacht (um ehrlich zu sein, wir haben es nicht | |
geschafft). | |
Es ging darum, einen alten Schatz aus einem englischen Landhaus zu stehlen. | |
Dazu musste man Rätsel lösen oder xxxxxxx xx xxxx xxxxxxx. Daraufhin gingen | |
xxxxxxxxxx xxxxx auf oder es wurden xxxxx xxx xxxxxx xxxxx gegeben. Die | |
Zeit, welche 66 Minuten betrug, lief auf einem Bildschirm im Raum ab und | |
machte somit zusätzlich Druck. | |
Falls wir einmal gar nicht weiter wussten, erschien auf dem Bildschirm ein | |
Hinweis vom Spielleiter, welcher einen die gesamte Zeit über Kameras und | |
Mikros beobachtete. | |
Doch obwohl man die Kameras teils sah und der Bildschirm nicht wirklich zur | |
sonstigen Einrichtung passte, hatte der Raum so viel Atmosphäre, dass die | |
Spannung durchgehend anhielt. | |
Das Personal war super nett und auch die Einweisungen und Hintergründe zum | |
Spiel waren gut erklärt und sofort logisch. | |
Eine weitere Sache, die ich überraschend gut fand, war, dass sowohl mein | |
kleiner Bruder (11), wie auch ich (16), wie auch mein Vater und zwei | |
weitere taz-Redakteurinnen alle Spaß hatten und gefordert waren. Es wurde | |
nie langweilig. | |
Mich persönlich hat es ab dem ersten Moment gefesselt und beeindruckt. | |
Allein schon der Einstieg, wenn man durch einen alten Lüftungsschacht in | |
einen Raum kriechen muss, der dich in ein völlig anderes Zeitalter | |
katapultierte. | |
Es war ein Hammer-Erlebnis und ich würde es auf jeden Fall noch einmal | |
machen. Besonders die Spiele, bei denen man flüchten muss, reizen mich | |
sehr. | |
(zensiert wegen Spoilern) | |
Kosmas Schmidt (16) | |
*** | |
Romantisch-klaustrophobisch | |
Im Sommer letzten Jahres bin ich mit meinen Söhnen auf den Plessenberg | |
gestiegen, über dem Inntal in Tirol. Die letzte Stunde galt es, einen | |
Klettersteig zu bewältigen, durch duftende Latschenkiefern. | |
Ich hatte wahnsinnige Angst, dass den Kindern was passieren könnte, | |
außerdem bin ich seit zwei Jahren nicht mehr schwindelfrei – eine | |
deprimierende Erfahrung für jemanden, der seine ganze Kindheit in die Berge | |
gegangen ist. | |
Ich hab tatsächlich ein paarmal zu diversen Heiligen gebetet, dass alles | |
gut geht. | |
Beim Abstieg hatten wir nichts mehr zu trinken. Die Jungs haben das alles | |
locker weggesteckt, ich war kaputt. Als wir ein paar Tage später an der | |
Bahnstation im Tal standen und zum Gipfel hinaufschauten, war das ein | |
Blick, der bei den Kindern bestimmt nicht so pathosaufgeladen war wie bei | |
mir. | |
Aber wir hatten doch etwas zusammen erlebt, was uns als gemeinsame | |
Erinnerung erhalten bleibt. | |
Und deshalb lese ich auch die Gedächtnisprotokolle meiner Kinder vom Exit | |
Game mit Rührung. Auch hier haben wir zusammen etwas unternommen, auf das | |
wir zurückkommen können, was Anregungen bietet für zukünftige Geburtstage �… | |
oder einfach nasskalte Wochenenden. | |
Und für meine kleine Tochter überlege ich, wie ich die Spannung von | |
romantisch-klaustrophobischer Atmosphäre, von Rätseln, die wir zusammen | |
lösen (oder eben nicht), mal auf einem Kindergeburtstag nachinszenieren | |
kann. | |
Exit Game hat etwas von einem Computerspiel, das ins wirklich Leben | |
zurückübersetzt wird. Auch diese Erfahrung hat mir gefallen. | |
Es spricht eine Realität der Kinder an, die ich auf dem Bildschirm nur | |
selten Lust habe, mit ihnen zu teilen. | |
Ambros Waibel (48) | |
22 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Ambros Waibel | |
Marlene Halser | |
Amna Franzke | |
Vito & Kosmas Schmidt | |
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