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# taz.de -- Bundespräsident Steinmeier in Israel: Zwischen Versöhnung und Ekl…
> Das deutsch-israelische Verhältnis ist angespannt. Umso deutlicher
> würdigten Steinmeier und Netanjahu die Stabilität der Beziehungen.
Bild: Gedenken an den Holocaust: Am Sonntag besuchte Steinmeier Yad Vashem
Jerusalem taz | Ein weiterer Eklat zwischen Deutschland und Israel bleibt
aus. Der Antrittsbesuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in
Israel verläuft so unaufgeregt, dass die Zeitung Haaretz dem Staatsbesuch,
der im Vorfeld breitere Aufmerksamkeit genoss, nur eine Textspalte und ein
Foto auf Seite sechs widmet. Steinmeiers Ankündigung, auf ein Treffen mit
regierungskritischen Organisationen zu verzichten, ließ das Interesse
schwinden.
Vor knapp zwei Wochen [1][hatte Netanjahu einen Termin mit
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel platzen lassen], weil er sich unter
anderem mit Vertretern von [2][Breaking the Silence] traf, einer Gruppe
ehemaliger Soldaten, die Missverhalten der Armee in den besetzten
Palästinensergebieten dokumentieren und anprangern.
Um „die Beziehungen unserer beider Staaten nicht tiefer in eine Sackgasse
geraten zu lassen“, sei er nach Israel gekommen, sagte Steinmeier am
Sonntagabend in der Hebräischen Universität von Jerusalem. In seinem
Plädoyer für die Demokratie zitierte Steinmeier den im letzten Jahr
verstorbenen früheren israelischen Staatspräsidenten Schimon Peres:
„Demokratie ist Harmonie von Gegensätzen. Sie beruht auf zwei Grundrechten:
dem Recht der Gleichheit und dem Recht der Verschiedenheit.“ Am Dienstag
will Steinmeier in Ramallah mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas
zusammentreffen.
Israel ist für Steinmeier kein Neuland. Rund zwei Dutzend Mal bereiste er
das Heilige Land. Zu Beginn seines Antrittsbesuchs als Präsident genoss er
es am Samstagabend demonstrativ, gemeinsam mit seinem Amtskollegen Reuven
Rivlin über den Mahane-Jehuda-Markt zu schlendern und dort ein Bier zu
trinken. Auch der obligatorische Termin in der Holocaust-Gedenkstätte Yad
Vashem gehörte für den Bundespräsidenten zu den Routineübungen. Über die
„unfassbare Schuld“, die die Deutschen auf sich geladen hätten, schrieb er
ins Gästebuch, sprach von „Schmerz, Trauer und Scham“.
## Drohung vor dem Steinmeier-Besuch
Bereits im Vorfeld des Staatsbesuchs ließ Netanjahu durchblicken, dass er
auch Steinmeier eine Absage erteilen würde, sollte er – wie Gabriel –
regierungskritische Organisationen treffen. Der Bundespräsident hielt sich
an die Vorgaben seines Gastgebers, an den er appellierte, die
Streitigkeiten zwischen Deutschland und Israel nun ad acta zu legen.
Netanjahu kommentierte lapidar: „Natürlich“. Letztendlich blieb er wenig
versöhnlich in der Streitfrage und überraschte Steinmeier mit einem
unplanmäßigen Medientermin in seinem Amtssitz. Vor laufenden Kameras lobte
Netanjahu die Armee, ihre „mutigen Soldaten“, die „mutigen Kommandeure“…
ihre hohen moralischen Ansprüche, die „einzigartig“ seien.
Steinmeier erschien angespannt, doch er verzichtete auf einen unmittelbaren
Kommentar. Stattdessen nutzte er seine Rede in der Hebräischen Universität,
um auf den Eklat einzugehen, ohne Breaking the Silence namentlich zu
erwähnen. „Wer seine Stimme erhebt, wer Kritik übt, aber zugleich die
Stimmen der anderen respektiert, der ist kein Volksverräter, sondern
eigentlich ein Volksbewahrer.“ Zivilgesellschaftlichen Organisationen gelte
deshalb „Respekt“.
## Gesetzentwurf gegen Arabisch als Landessprache
Steinmeier appellierte zu einem offenen Dialog. Gerade die jüdische Kultur
zeichne sich durch „Widerspruchsgeist“ aus, der bis „ins Talmud-Studium“
reiche, „wo jedes Wort von allen erdenklichen Seiten ausgeleuchtet wird“,
erinnerte er. Er hoffe, dass Deutsche als „streitwürdig“ gelten und riet
dazu, „Anfechtungen von Demokratie ehrlich und ohne Sprechverbote
miteinander“ zu bereden. Nur Demokratien hätten „die Fähigkeit zur
Selbstkritik und Selbstkorrektur“. Demokratie bedeute „Herrschaft der
Mehrheit, aber auch Schutz von Minderheiten“.
Wie besorgniserregend es um Israels Demokratie und Minderheitenrechte im
Land in diesen Tagen steht, zeigt ein am Sonntag von einem
Ministerausschuss gebilligter Gesetzentwurf, der Arabisch als Landessprache
abschaffen soll. Zudem wird Israel in dem Entwurf als „nationale Heimat des
jüdischen Volkes“ definiert. Der Staat soll künftig Ortschaften erlauben
können, in denen nur Mitglieder einer Religion leben.
Der Gesetzentwurf soll in Kürze dem Parlament vorgelegt werden. Sehava
Galon, Vorsitzende der linksliberalen Partei Meretz, nannte den
Gesetzentwurf eine „Kriegserklärung gegen Israels arabische Bürger und
gegen Israel als Demokratie.“
Dieser Artikel wurde um 12.09 Uhr geändert. In einer früheren Version des
Textes war von einem Kommentar der „Jerusalem Post“ die Rede, der einen
Etappensieg Netanjahus ausmachte. Wir entschuldigen uns für den Fehler.
8 May 2017
## LINKS
[1] /Eklat-bei-Israel-Besuch/!5404670
[2] http://www.breakingthesilence.org.il/
## AUTOREN
Susanne Knaul
## TAGS
Israel
Frank-Walter Steinmeier
Yad Vashem
Benjamin Netanjahu
Deutsch-Türkische Beziehungen
Israel
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Israel
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