# taz.de -- Kommentar Wahl in Frankreich: Die letzte Chance | |
> Der Erfolg von Macron ist ein Sieg der Lust auf das Neue. Er braucht nun | |
> aber auch die Hilfe der Europäer, um die Ausbreitung des rechten Gifts | |
> aufzuhalten. | |
Bild: Francois Hollande (r.) ist bald Schnee von gestern, aber ist Macron (l.) … | |
Der Auftritt des Wahlsiegers war von einer ernsten Feierlichkeit geprägt. | |
Emmanuel Macron scheint sich bewusst zu sein, dass er als Frankreichs | |
Präsident nicht enttäuschen darf. Zu viel steht auf dem Spiel. Nicht nur | |
für ihn und seine fast aus dem Nichts herbeigezauberte Bewegung, nicht nur | |
für Frankreich, sondern auch für Europa, das am Sonntagabend mit einer | |
immensen Erleichterung nach Paris geschaut hat. Wie viele dieser Nachbarn | |
haben sich wohl gesagt: Das ist das Frankreich, wie wir es lieben. | |
Da gibt es die heitere und amüsante Seite: die jubelnde Menge vor der | |
spektakulären Kulisse der Louvre-Pyramide, der gekonnt inszenierte Auftritt | |
und der „Kennedy-Look“ des gewählten Präsidenten in einer historischen | |
Umgebung. Mit seiner Kampagne hat dieser junge Mann mitsamt den bislang | |
dominierenden Parteien die alte Politik, die so viel Ärger und Enttäuschung | |
bereitet haben, vom Tisch gewischt. Sein Erfolg ist ein Sieg der Lust auf | |
das Neue und damit eine fröhliche Absage an die Resignation. | |
Es gibt keinen Grund, diesen Enthusiasmus im Voraus zu diskreditieren. Denn | |
erstens kann es Macron nur besser machen als seine Vorgänger, und zweitens | |
war die politische Neugestaltung der verstaubten Fünften Republik längst | |
fällig. Es war gerade diese notorische Immobilität, welche zuerst eine | |
stille Wut und dann die Ausbreitung des rechtspolitischen Gifts gefördert | |
hat. Der Front National bleibt in diesem Sinne ein Symptom eines nicht | |
geheilten, nicht einmal diagnostizierten Leidens. | |
Trotz der Erleichterung über das klare Resultat kann niemand vergessen, | |
dass dieses Land heute geteilt bleibt. Nicht nach dem Links-rechts-Schema, | |
sondern mehr „Ihr da hinten, wir da vorne“ oder in Optimisten und | |
Pessimisten, zufriedene Menschen im Licht und frustrierte Menschen im | |
Schatten des Fortschritts. Diese Zweiteilung in der Gesellschaft und in den | |
Köpfen ist das Haupthindernis für das Erneuerungsprogramm. Die extreme | |
Rechte fühlt sich nicht geschlagen und lauert auf Fehler. Da Macron | |
vielleicht Frankreichs letzte Chance ist, kann er die aktive Solidarität | |
der Europäer brauchen. | |
8 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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