# taz.de -- Bündnispolitik nach der Frankreichwahl: Auf Partnersuche im neuen … | |
> Macron hofft auf eine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung. Doch | |
> der Front National kann mit beträchtlichen Gewinnen rechnen. | |
Bild: Nicht alle wollen mit Macron koalieren | |
PARIS taz Die Wahlverlierer trösten sich in Frankreich bereits voller | |
Schadenfreude mit der pessimistischen Voraussage, dass der gewählte | |
Präsident Emmanuel Macron nach seinem Triumph sehr schnell bei | |
nachfolgenden Wahlen in größte Schwierigkeiten geraten werde. Denn Macron | |
werde für seine Regierung keine Mehrheit haben, sagen sie voraus. | |
Am 11. und 18. Juni findet die Wahl für die 577 Abgeordneten der | |
Nationalversammlung statt. Die traditionellen Parteien, die bei der | |
Präsidentenwahl mit ihren Kandidaten in der ersten Runde disqualifiziert | |
wurden, hoffen dabei auf eine Revanche. Danach wollen sie entweder als | |
Opposition dem neuen Staatschef das Leben sauer machen oder ihn als | |
Gegenleistung für eine punktuelle Unterstützung für politische Konzessionen | |
nach links oder rechts ziehen. | |
Das Mehrheitswahlrecht ist tückisch. Es hat die historische Tendenz, die | |
stärksten Parteien, das heißt normalerweise das Regierungslager, bei der | |
Sitzeroberung (ein Mandat pro Wahlkreis) zu bevorteilen, während die | |
kleineren oder marginalen Listen kaum eine Chance haben, im ersten | |
Durchgang eine absolute oder im zweiten eine relative Mehrheit zu | |
erreichen. | |
Wenn aber bei diesen Stichwahlen noch drei oder sogar vier Kandidaten im | |
Rennen sind, wird die Ausgangslage unberechenbar. Oft waren bisher Bewerber | |
der Sozialisten, der Konservativen und des Front National fast gleich | |
stark. Und durch Wahlallianzen, sei es innerhalb der Linken oder | |
bürgerlichen Rechten oder gemeinsam gegen die extreme Rechte, kann das | |
Kräfteverhältnis kippen. Niemand weiß heute, ob sich die Kandidaten von | |
Macrons „En marche!“ zugunsten eines besser platzierten Sozialisten oder | |
Konservativen (und umgekehrt!) zurückziehen würden. | |
## Neue Gesichter | |
Noch in dieser Woche will die politische Bewegung des gewählten | |
Präsidenten, die als Partei den Namen „République en marche“ annimmt, die | |
Liste ihrer 577 Kandidatinnen und Kandidaten publizieren. Die Hälfte davon | |
sollen neue Gesichter in der Politik sein. Macron hofft, dass er dank des | |
Elans der Präsidentenwahl eine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung | |
bekommt. Falls dies nicht gelingt, bleibt der „Plan B“: mit einer relativen | |
Mehrheit zu regieren und dazu mithilfe von anderen Abgeordneten von links | |
und rechts jeweils punktuelle Einigungen zu erzielen. | |
Die andere Eventualität einer Koalition mit einer oder mehreren Fraktionen | |
hat Macron ausgeschlossen. Es wäre in Frankreich nicht das erste Mal, dass | |
der Präsident nur über eine relative Mehrheit verfügt oder in einer | |
„Kohabitation“ – einer gegnerischen Parlamentsmehrheit und einem aus deren | |
Reihen ernannten Premier – auskommen muss. Das war sowohl unter François | |
Mitterrand als auch unter Jacques Chirac der Fall. | |
Aufgrund der Ergebnisse vom Sonntag kann der rechtsextreme Front National | |
von Marine Le Pen, der bisher wegen des Wahlsystems nur über zwei Sitze in | |
der Nationalversammlung verfügt, mit beträchtlichen Gewinnen rechnen. Denn | |
in vielen Wahlkreisen hat Le Pen mehr als 50 Prozent der Stimmen erhalten. | |
So könnte der FN auf rund hundert Abgeordnete kommen und stärkste | |
Oppositionskraft werden. Das strebt auch die linke Bewegung „La France | |
insoumise“ von Jean-Luc Mélenchon an. Er hat seine Anhänger aufgefordert, | |
für diese nächste Wahlschlacht geeint zu bleiben. | |
9 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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