# taz.de -- Geständnis im Freital-Prozess: „Mal wieder ausrasten“ | |
> 13 Verhandlungstage schwieg er. Nun legt einer der beiden mutmaßlichen | |
> Rädelsführer der „Gruppe Freital“ ein umfassendes Geständnis ab. Reue | |
> zeigt er nicht. | |
Bild: Patrick F. vor seiner Aussage im Freital-Prozess | |
Dresden dpa | Es sei schon eine Last, „das ewig mit sich rumzutragen“, sagt | |
Patrick F.. Deshalb habe seine Entscheidung, sein bisheriges Schweigen im | |
[1][Freital-Prozess] am 14. Verhandlungstag zu brechen, auch schon länger | |
festgestanden. Der 25-Jährige Lagerlogistiker steht mit sieben weiteren | |
Angeklagten unter anderem wegen der Bildung einer terroristischen | |
Vereinigung und versuchten Mordes vor dem Oberlandesgericht Dresden. Und | |
nach Meinung des Generalbundesanwalts ist er einer der beiden Rädelsführer | |
der rechtsextremen „Gruppe Freital“, der insgesamt fünf Anschläge auf | |
Flüchtlinge und politische Gegner zur Last gelegt werden. | |
Am Mittwoch, einem Tag vor seinem 26. Geburtstag – „das ist dann ja schon | |
der zweite im Gefängnis“ –, packt er aus: An allen Anschlägen sei er | |
beteiligt gewesen. Die unter Verwendung illegaler Pyrotechnik aus | |
Tschechien hergestellten Sprengsätze seien zumeist von ihm gekommen. Auch | |
Ziele habe er ausgekundschaftet und teils bestimmt. In der rund | |
einstündigen Einlassung nennt F. Ross und Reiter: Wer hat was geplant und | |
wer war wo beteiligt. Auch die Verbindungen zu den Neonazis von der „Freien | |
Kameradschaft Dresden“ zeigt er auf. Anschließend beantwortet er | |
bereitwillig die Fragen des Gerichts. | |
Alles habe im Sommer 2015 mit den fremdenfeindlichen Protesten gegen das | |
Asylbewerberheim im ehemaligen Freitaler Hotel „Leonardo“ angefangen. Dort | |
habe er auch Timo S. – den laut Anklage zweiten Rädelsführer – | |
kennengelernt. „Wir haben uns relativ schnell gut verstanden“, erzählt F. | |
„Es gab viele Diskussionen über Politik und Asylbewerber.“ Treffpunkt war | |
häufig die Aral-Tankstelle – direkt gegenüber dem Freitaler Polizeirevier. | |
Sein „Einstand“ sei die Sprengung des Autos des Freitaler Linke-Stadtrats | |
Michael Richter gewesen, sagt F.. Der Vorschlag dazu habe „vom Herrn S.“ | |
gestammt. Auch den Böller habe er von ihm erhalten. „Ich habe dann noch | |
eine 0,5-PET-Flasche mit Schwarzpulver und Kieselsteinen gefüllt, um das | |
Ganze zu verstärken.“ | |
## Den Böller hatte er gerade im Auto | |
Die Angaben von F. decken sich weitgehend mit denen des jüngsten | |
Angeklagten Justin S.. Der 19-Jährige hatte sich bis dato als einziger vor | |
Gericht zu den Vorwürfen geäußert. Überraschend an der Aussage nun ist vor | |
allem, dass F. die Tat auf eine Flüchtlingswohnung im September 2015 allein | |
und vor allem spontan begangen haben will. | |
„Ich bin planlos mit dem Auto durch die Gegend gefahren“, erzählt er. Dabei | |
habe er beobachtet, wie eine Gruppe von Asylbewerbern mit zwei Deutschen | |
vermutlich Drogengeschäfte gemacht habe. „Ich war dann ziemlich wütend.“ | |
Den bei der anschließenden Tat verwendeten Böller „hatte ich noch im Auto�… | |
Also sei er den Asylbewerbern bis zu deren Wohnung gefolgt, habe diesen | |
„angezündet und zwischen die Fensterrahmen gesteckt.“ | |
F. macht detailreiche Angaben auch zu den Anschlägen auf ein alternatives | |
Wohnprojekt in Dresden sowie eine weitere Flüchtlingsunterkunft und ein | |
Parteibüro der Linken in Freital. „Wir müssen mal wieder ausrasten“, soll | |
Timo S. vor letzterem gesagt haben, auch wenn er sich laut F. dann nichts | |
selbst daran beteiligt hat. | |
F. ist auf seinen Auftritt vor Gericht gut vorbereitet und sehr | |
kontrolliert. Fast klingt seine Aussage technisch, eher wie von einem | |
Sachverständigen: Er sagt Asylbewerber, wo er laut Chatprotokollen sonst | |
schon mal von „Kanaken und Bimbos“ spricht, oder „Menschen aus dem linken | |
Spektrum“, wenn er doch eigentlich „Zecken“ meint. Er zeigt sich offen und | |
ehrlich – wer auf glaubwürdiges Bedauern oder gar Reue gewartet hat, tat | |
das vergeblich. | |
26 Apr 2017 | |
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