| # taz.de -- Pionierin im Männerfußball: „Ich bin die Richtige“ | |
| > Inka Grings feiert ihren Abschied vom Frauenfußball. Sie trainiert bald | |
| > die männliche B-Jugend von Viktoria Köln. Danach will sie ganz nach oben. | |
| Bild: Grings gibt am Sonntag beim MSV Duisburg zum letzten Mal die Kommandos | |
| Natürlich, erklärt Inka Grings, sei es ihr Ziel, eine Männermannschaft im | |
| Profifußball zu trainieren. Aber natürlich ist das freilich nicht. Man muss | |
| sich nur auf den Trainerbänken in Deutschland umschauen. Eine Frau in | |
| verantwortungsvoller Position sucht man dort vergebens. In Frankreich gibt | |
| es immerhin mit Corinne Diacre eine ehemalige Nationalspielerin, die den | |
| Zweitligisten Clermont Foot betreut. Ihre Einstellung beim Männerteam im | |
| Jahr 2014 rief europaweit großes Staunen hervor. Eine Art achtes | |
| Weltwunder. Nur der Zugang zum Priesteramt dürfte für Frauen noch | |
| verriegelter sein. | |
| So ist schon die Geschichte von Grings eine besondere. Am Sonntag nimmt sie | |
| beim Heimspiel gegen Turbine Potsdam Abschied von ihrer ersten | |
| Trainerstation, dem Frauenfußball-Bundesligisten MSV Duisburg. Als | |
| Spielerin war sie in dieser Stadt 16 Jahr aktiv und mit 353 erzielten Toren | |
| die Verkörperung von Effizienz schlechthin. Drei Jahre hat sie nun auch das | |
| Team gecoacht. Erst ging es eine Liga runter, dann wieder eine Liga rauf, | |
| diese Saison gelang der Klassenerhalt. | |
| Aber jetzt sagt sie: „Ich will weiter kommen. Ich will Geschichte | |
| schreiben.“ Sie wechselt zu Viktoria Köln und trainiert dort ab nächster | |
| Saison die männliche B-Jugend. Derzeit rangiert das U17-Team auf einem | |
| Abstiegsplatz in der Bundesliga West. | |
| ## Frauen müssen mehr tun | |
| Viktoria hat Grings mit einem hauptamtlichen Vertrag über ein Jahr mit | |
| Option auf Verlängerung ausgestattet. Und die 96-fache Nationalspielerin | |
| erklärt, sie sei „sehr dankbar“ für dieses Vertrauen. Im Grunde ist die | |
| 38-Jährige überqualifiziert für dieses Amt. Nach der bestandenen | |
| Fußballlehrer-Ausbildung im Frühjahr 2016, die sie gemeinsam etwa mit dem | |
| Hoffenheimer Coach Julian Nagelsmann absolvierte, besitzt sie die höchste | |
| DFB-Lizenz und dürfte auch Männerteams in der ersten Liga betreuen. | |
| Beim MSV Duisburg machte man keinen Hehl daraus, dass man mit der | |
| 38-Jährigen gern weiter gearbeitet hätte, aber schon seit Längerem von | |
| ihrem Wunsch wusste, in den Männerfußball einzusteigen. „Es reizt mich, | |
| etwas Besonderes zu machen“, sagt Grings. „Da muss ich mich noch mehr | |
| beweisen. Es ist mir klar, dass ich als Frau noch mehr tun muss. Ich weiß, | |
| es ist ein langer Weg.“ | |
| Sie wird auf diesem Weg nach oben, den noch keine beschritten hat, auf | |
| viele tief verwurzelte Hindernisse treffen. Aber sie geht die Aufgabe mit | |
| großem Selbstbewusstsein an. „Ich bin schon die Richtige dafür. Ich war | |
| immer eine kleine Rebellin.“ Sie frage sich schon zuweilen, mit welchem | |
| Recht ein Mann glaubt, besser zu sein als eine Frau. Im Fußball sei diese | |
| Einstellung besonders extrem verbreitet. | |
| Im Vergleich zu vielen männlichen Kollegen schneidet Inka Grings gewiss | |
| nicht schlechter ab. Neben ihrem theoretischen Knowhow bringt die 96-fache | |
| Nationalspielerin viel praktische Erfahrung mit. Sie habe alle Höhen und | |
| Tiefen des Leistungssports durchlebt, sagt Grings. Sie wüsste, welche | |
| Ängste und Sorgen man hat. | |
| ## Keine Vorbehalte | |
| Am Montag wird sie die letzten Gespräche mit den B-Jugendlichen von | |
| Viktoria Köln führen, die sie bislang noch nicht kennt. Der bisherige | |
| Austausch, berichtet sie, sei gut gewesen. Vorbehalte hätte sie keine | |
| gespürt. Letztlich sei der Fußball überall gleich. Ob Mann oder Frau, jung | |
| oder alt, schwarz oder weiß, letztlich käme es darauf an, sowohl fachlich | |
| als auch menschlich zu überzeugen. „Ich glaube, das ist mir gelungen.“ | |
| Der Weg von Grings ist auch deshalb so besonders, weil selbst die | |
| Frauenbundesliga einen Mangel an Frauen im Traineramt zu beklagen hat. In | |
| Duisburg wird Grings durch Christian Franz-Pohlmann ersetzt. Katja Greulich | |
| vom FF USV Jena wird dann bei Trainertagungen der ersten Liga allein unter | |
| Männern sein. Es gibt wenige Kandidatinnen auf die unsicheren | |
| Trainerposten, weil Frauen im Unterschied zu Männern eben nicht auf Jobs im | |
| Männerbereich ausweichen können. Insofern leistet Grings bei Viktoria Köln | |
| wichtige Pionierarbeit. | |
| Dem Frauenfußball, sagt sie, wird sie weiterhin verbunden bleiben. Sie will | |
| ihren Abgang keinesfalls als Abkehr von ihrer bisherigen Arbeit verstanden | |
| wissen. „Ich habe dem Frauenfußball viel zu verdanken. Und ich werde dafür | |
| kämpfen, dass er sich weiter entwickelt.“ Auch hier ist ein langer Atem | |
| erforderlich. | |
| „Dieser Hype während der WM in Deutschland, war vielleicht ein Tick zu | |
| groß. Er hat dem Frauenfußball hierzulande nicht nur gut getan. Die dadurch | |
| ausgelösten zu hohen Erwartungen hat man nicht einlösen können“, stellt | |
| Grings fest. Mit langen beschwerlichen Wegen kennt sich Grings also aus. | |
| Und so möchte sie bei der Verfolgung ihres großen Zieles, eines Tages eine | |
| Profimännermannschaft zu trainieren, Geduld und Realismus aufbringen. Sie | |
| konzentriere sich erst einmal auf das, was sie beeinflussen könne. | |
| Zuallererst wäre das ein gelungener Abschluss am Sonntag beim letzten | |
| Saisonspiel in Duisburg. | |
| 21 May 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Johannes Kopp | |
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