# taz.de -- Patrizia Panico trainiert U16-Nationalteam: Staunende Burschen | |
> Mit Patrizia Panico betreut erstmals eine Frau ein italienisches | |
> Nachwuchsmännerfußballteam. Gegner ist am Mittwoch Deutschland. | |
Bild: Ikone des Frauenfußballs: Trainerin Patricia Panico | |
Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Ausgerechnet im Macholand Italien | |
trainiert eine Frau ein Nationalteam der Männer. Patrizia Panico coacht als | |
erste Frau ein Nachwuchsmännerteam im Fußball und feiert ihre Premiere auf | |
der Bank am Mittwoch im U16-Freundschaftsspiel zwischen Italien und | |
Deutschland in Verona. | |
Patrizia Panico wurde im Herbst 2016 in den Trainerstab der U16 berufen. | |
Weil Cheftrainer Daniele Zoratto derzeit im Trainingslager der U19 aktiv | |
ist, übernimmt seine Assistentin daher die Befehlsgewalt von der Bank für | |
die beiden Freundschaftsspiele gegen Deutschland am Mittwoch im Verona und | |
am Freitag in Caldiero Terme. | |
Das ist fast schon eine Revolution. „Es müssen noch viele Mauern | |
niedergerissen werden. Aber das ist eine Entscheidung, die sehr dabei | |
hilft“, kommentierte Panico selbst ihre Berufung. Respekt im Fußball hat | |
sie sich zuallererst durch ihre eigene Spielerinnenkarriere erworben. Die | |
einstige Mittelstürmerin, 653 Tore in 591 Pflichtspielen, ist so etwas wie | |
die Birgit Prinz Italiens. 214 Länderspiele absolvierte sie, erzielte dabei | |
128 Tore. Gleich 14 Mal war sie Torschützenkönigin der Serie A der Frauen. | |
Gut, internationale Titel holte sie nicht. Deutsche, Schwedinnen, | |
US-Amerikanerinnen oder Brasilianerinnen waren meistens besser. In Italien | |
ist sie aber eine Ikone, wurde vor zwei Jahren in die Hall of Fame des | |
italienischen Fußballs aufgenommen, gleichzeitig übrigens mit Gianluca | |
Vialli, Roberto Mancini und dem lange in Mailand kickenden Brasilianer | |
Ronaldo. | |
Als sie im Herbst bei der U16 ihren Job antrat, stellten ihre Kollegen den | |
staunenden Burschen des Geburtsjahrgangs 2001 erst einmal all die Trophäen | |
Panicos vor. „Da gab es offene Münder bei den Jungs“, erinnerte sich Panico | |
lachend. Im Training selbst treten für sie Geschlechterfragen in den | |
Hintergrund. „Für mich als Spielerin war wichtig, ob ein Trainer oder eine | |
Trainerin kompetent waren und nicht, ob es sich um Mann oder Frau | |
handelte“, sagte sie italienischen Medien. Sie selbst will deshalb | |
ausschließlich wegen ihrer Kompetenz anerkannt werden. | |
## Profis soll Frauenteams eröffnen | |
Dass es im Fußball großen emanzipatorischen Nachholbedarf gibt, betont sie | |
aber auch: „Die Verbände und die Klubs müssen den Frauenfußball gezielt | |
fördern.“ Italien sieht sie ausgerechnet unter dem wegen rassistischen | |
Äußerungen umstrittenen Präsidenten Carlo Tavecchio auf einem guten Weg. | |
Tavecchio hatte sich darüber mokiert, dass ein Opti Poba, der vorher | |
Bananen gegessen habe, plötzlich in der ersten Mannschaft von Lazio spielen | |
könne. | |
Panico ist vom Engagement des Präsidenten für den Frauenfußball angetan: | |
„Ich kenne keinen Verbandspräsidenten, der so viel in dieser Richtung | |
bewegt hat.“ Die Profiklubs sind aufgefordert, Frauenfußballabteilungen zu | |
eröffnen. Die Vereine, die für die erste und zweite Liga des italienischen | |
Frauenfußballs qualifiziert sind, müssen pro Jahr 20 Mädchen des Jahrgangs | |
U12 aufnehmen, um eine breite Basis an Nachwuchsspielerinnen zu schaffen. | |
Dass Frauenfußball für viele aber noch Neuland ist, erfuhr Panico im Zuge | |
ihrer neuen Aufgabe, die beiden Freundschaftsspiele gegen Deutschland | |
vorzubereiten. „Mein Handy summte andauernd. So viele Nachrichten bekam ich | |
nicht einmal rings um das Champions-League-Halbfinale“, meinte sie. Damals, | |
2008, schied sie gegen den 1. FFC Frankfurt mit Birgit Prinz aus, wurde | |
aber mit neun Treffern Torschützenkönigin des Wettbewerbs. | |
Ihre ersten Spiele als Chefin sieht Panico als „Anfang einer Entwicklung“. | |
Für diese Gelegenheit überlegt sie noch, ob sie den Trainingsanzug mal im | |
Schrank lässt und in Zivilkleidung und Stöckelschuhen den Rasen betreten | |
wird. „Mit den Absätzen werde ich mich dann wie auf Stollen fühlen“, | |
scherzte sie. Für den Fußball brechen neue Zeiten an. Und die | |
DFB-Delegation ist zumindest Zeuge dieses Aufbruchs. | |
22 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Tom Mustroph | |
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