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# taz.de -- Frauen-Team beim Beachvolleyball: Die Bombe tickt
> Karla Borger und Margareta Kozuch wollen spielen, dürfen aber nicht. Ein
> Konflikt mit dem Volleyball-Verband droht zu eskalieren.
Bild: Karla Borger bei der Vorrunde in Rio de Janeiro im August 2016
Münster taz | Am Montag sind Karla Borger und Margareta Kozuch ins Flugzeug
gestiegen und nach Rio de Janeiro geflogen. Normal für zwei Athletinnen,
die ihr Geld als Beachvolleyballerinnen an den Stränden dieser Welt
verdienen. Das sollte man meinen, doch die Welt der beiden Profis ist aus
den Fugen geraten. Das Duo Borger/Kozuch wird an der Copacabana nach Lage
der Dinge nur trainieren, aber nicht beim Turnier antreten.
Die größten Gegner dieses Teams stehen derzeit nicht auf der anderen Seite
des Netzes, sie sitzen in der Führungsetage des Deutschen
Volleyball-Verbandes (DVV). Die Funktionäre haben das Team in Brasilien
abgemeldet, obwohl es genügend Weltranglistenpunkte für eine
Startberechtigung hat. Es ist ein Politikum, das die Szene der Sandwühler
in Atem hält. „Die Dinge sind nicht nur kurz davor zu eskalieren, sie
eskalieren schon“, sagt Reiner Marwitz, der im Team Borger/Kozuch als
Manager fungiert.
Mit der Zurückweisung erreicht ein Streit seinen vorläufigen Höhepunkt, der
seit Monaten mit viel Vehemenz und wenig Niveau ausgetragen wird. Entzündet
hat er sich an der Weigerung der Spielerinnen, nach Hamburg zu ziehen und
am neuen Bundesstützpunkt zu trainieren. Die Abwehrspielerin Karla Borger,
WM-Zweite von 2013, und Margareta Kozuch, ehemalige Spielführerin der
Hallen-Nationalmannschaft, bilden seit Ende des vergangenen Jahres ein Team
und haben ihr Umfeld so aufgestellt, dass sie die meiste Trainingszeit in
Teneriffa verbringen.
Das ist nicht im Sinne des DVV, dessen neues Konzept vorsieht, alle Duos
und die Perspektivspieler in der Hansestadt zu konzentrieren. Eine
Ausnahmeregelung wurde nur den Olympiasiegerinnen Laura Ludwig und Kira
Walkenhorst eingeräumt. Diese „Insellösung“ reklamieren jedoch auch
Borger/Kozuch für sich, worauf sich die Funktionäre nicht einlassen wollen.
## Die Fronten sind verhärtet
Andreas Künkler, der als Vizepräsident Sport beim DVV für die Sparte
Beachvolleyball verantwortlich zeichnet, wirft Borger/Kozuch „eine gewisse
Bequemlichkeit“ vor: „Sie sind nicht bereit, ihre Komfortzone zu
verlassen.“ Dagegen verwahrt sich Karla Borger: „Das Urteil ist krass. Ich
arbeite seit Jahren professionell und habe das mehr als einmal
nachgewiesen.“
Die Verbandspolitik, Athleten an einem Standort zu konzentrieren, sieht Kay
Matysik kritisch. Der WM-Dritte von 2013 sagt: „Du kannst nicht Athleten,
die sich jahrelang selbstverantwortlich organisiert haben, so ein System
mit der Brechstange aufpfropfen.“ Das neue Konzept wurde den Athleten zwar
vorgestellt, doch es wurde versäumt, die Vorzüge des Standorts Hamburg
herauszustellen.
In der Kritik steht vor allem DVV-Präsident Thomas Krohne. Der
Geschäftsmann aus München herrscht seit fünf Jahren mit kaltem Pragmatismus
über die Geschicke der Volleyballer, die Athleten werfen ihm mangelnde
Empathie und fehlendes Fingerspitzengefühl vor.
Inzwischen sind die Fronten verhärtet. Zunächst verweigerte der DVV dem Duo
Borger/Kozuch den Status als Nationalteam, nun folgte der nächste Schritt.
„Wir haben nun mal nur vier Spots“, betont Jörg Ziegler, Generalsekretär
des DVV, „und die vergeben wir bevorzugt an unsere Nationalteams.“
## Rechtliche Schritte gegen den DVV
Ein rechtlich fragwürdiges Vorgehen, findet Matysik: „Die Regularien des
Weltverbandes besagen eindeutig, dass die nationalen Verbände ihre
punktbesten Teams nominieren müssen.“ Ganz so klar liegen die Dinge
allerdings nicht, in seinen „Entry Regulations“ behält sich der Verband bei
Härtefällen ausdrücklich vor, am Ende selbst zu entscheiden, welchen Teams
es eine Starterlaubnis erteilt.
Einen Präzedenzfall gab es bereits in Italien. Dort setzte die
Beachvolleyballerin Greta Cicolari vor Gericht Schadenersatzansprüche
durch, weil der nationale Verband sie nicht für internationale Turniere
nominiert hatte. Das droht nun erneut. „Wir prüfen rechtliche Schritte
gegen den DVV“, sagt Manager Marwitz.
Die nächste Eskalationsstufe steht bevor. Längst färbt die schlechte
Stimmung auf die gesamte Szene ab. Beim Saisonauftakt der deutschen Tour in
Münster empfand Beachprofi Alexander Walkenhorst die Atmosphäre als
„angespannt und belastet wie noch nie“. Der Bruder der Olympiasiegerin
spricht von einer „tickenden Zeitbombe“.
9 May 2017
## AUTOREN
Felix Meininghaus
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