# taz.de -- Bisons vermehren sich in Kanada: Fast wie im Wilden Westen | |
> Vor über hundert Jahren wurden Bisons beinahe ausgerottet. Im kanadischen | |
> Banff-Nationalpark wurden nun wieder Kälber geboren. | |
Bild: Run, Bison, run! | |
VANCOUVER taz | Sie sind wieder da – und sie vermehren sich. Sechzehn | |
Bisons haben die Rangers des kanadischen Banff-Nationalparks im Februar in | |
ein entlegenes Tal des Schutzgebietes gebracht. Jetzt sind in der Wildnis | |
die ersten drei Kälber geboren. In den nächsten Tagen könnten sieben | |
weitere Minibisons folgen. | |
Die Geburten sind ein großer Erfolg beim Versuch der kanadischen Regierung, | |
die einst fast ausgerotteten Tiere wieder in ihrer angestammten Heimat in | |
den Grasebenen der Rocky Mountains anzusiedeln. „Das ist ein riesiger | |
Schritt“, erklärt Parkbiologe Bill Hunt. | |
Vor der Ankunft der Weißen in Nordamerika lebten viele Millionen Bisons in | |
den Prärielandschaften und Wäldern des kanadischen Nordens. Den | |
Ureinwohnern Nordamerikas sicherten die riesigen Herden das Überleben. Um | |
den Indianern diese Grundlage zu entziehen und sie zu zwingen, sich in | |
Reservaten niederzulassen, kam es Ende des 19. Jahrhunderts zu einem | |
beispiellosen Massenschlachten. Am Ende blieben in ganz Kanada nur acht | |
Tiere übrig, die Art überlebte nur dank staatlicher Zuchtprogramme. | |
Anlässlich des 150. Geburtstages Kanadas in diesem Jahr sollen die Tiere | |
nun endlich wieder im Vorland der Rocky Mountains streunen. Die im Februar | |
angesiedelten Bisons kamen aus dem Elk-Island-Nationalpark, der außerhalb | |
des Gebirges liegt. Sie werden jetzt von Biologen an ihre neue Heimat | |
gewöhnt werden. | |
## Die Jungtiere sind derzeit so groß wie Haushunde | |
Die kleine Herde bestand aus zehn schwangeren Bisonkühen und sechs Bullen. | |
Sie waren per Hubschrauber in riesigen Industriecontainern in die Rocky | |
Mountains geflogen worden. 6,4 Millionen kanadische Dollar hat sich die | |
Regierung dieses riskante Projekt kosten lassen. Dass nun Kälber in Banff | |
geboren werden, erhöht die Erfolgschancen der Wiederansiedlung, da die | |
Familien nun eine biologische Bindung zum Ökosystem in den Bergen | |
entwickeln können. | |
Das Gelände, auf dem die Tiere leben, liegt im unzugänglichen Panther | |
Valley etwa 40 Kilometer nördlich des beliebten Touristenorts Banff. Es ist | |
umzäunt, weil die Tiere noch unter Beobachtung stehen. Besucher können das | |
Bison-Gelände nur auf einer Mehrtageswanderung mit Rucksack und Zelt | |
erreichen. Eine öffentliche Straße dorthin gibt es nicht. | |
Die Koppel ist eine vorläufige Maßnahme. Damit will die Regierung | |
sicherstellen, dass die geplante Ansiedlung langfristig gelingt. Gefährdet | |
sind vor allem die Jungtiere, die derzeit etwa so groß sind wie Haushunde. | |
Sie sind eine beliebte Beute für Grizzlies, von denen es im | |
Banff-Nationalpark geschätzt bis zu 70 Exemplare gibt. Wenn alles nach Plan | |
verläuft, sollen Elterntiere und Junge im Sommer 2018 in einem etwa 1.200 | |
Quadratkilometer großen Wildnisgebiet ausgesetzt werden, das ihnen | |
natürliche Nahrungsquellen bietet. Dort können sie sich in das Ökosystem | |
integrieren und beinahe frei bewegen. Nur ein rund acht Kilometer langer | |
Zaun soll verhindern, dass die Tiere den schützenden Park verlassen. | |
Nach weiteren fünf Jahren wollen die Experten eine Bilanz des | |
Aufzuchtsprogramms ziehen. Bis zu diesem Zeitpunkt sollen sich die Tiere | |
völlig frei bewegen können. Laut Experten dürfte die Herde bis dahin aus | |
rund 80 Tieren bestehen, eine Größe, mit der die Gruppe mit hoher | |
Wahrscheinlichkeit überleben kann, ohne dass der Mensch weiter eingreifen | |
muss. | |
6 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Jörg Michel | |
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