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# taz.de -- Auf der Wahlparty von Macron: Mon Chouchou!
> Emmanuel Macron erreicht die zweite Runde. Das feiern seine meist jungen
> Fans. Von denen waren die wenigsten zuvor politisch organisiert.
Bild: Die Anhänger Macrons jubeln angesichts der ersten Hochrechnungen
Paris taz | „Ich bin 39 Jahre alt und mir fehlen zwei Finger an der rechten
Hand“, erklärt Emmanuel. Den Pappbecher hält der Schwarze zitternd
umfangen. „Danke für ein kleines Kaffeegeld“, sagt er in seinem leicht
demolierten Traininingsanzug und geht durch den Mittelgang in der Metro
Nummer 12 in Paris. „Alles Gute für die erste Runde der
Präsidentschaftswahlen heute abend – excellente soirée!“ Dann steigt er an
der Porte de Versailles aus, dort wo der Kandidat der Bewegung En Marche!,
ein anderer Emmanuel, ebenfalls 39 Jahre alt, zur Stunde seine Wahlparty
steigen lässt.
Es hat wohl geklappt für ihn: Macron ist recht knapp vor Marine Le Pen
Erster in der ersten Runde des französischen Präsidentschaftswahlkampf
geworden. Bei der Fete seiner Bewegung „En Marche!“ fallen sich die Fans in
die Arme, pfeifen ohrenbetäubend sobald der Name Marine Le Pen auf den
riesigen TV-Bildschirmen in der zugigen Halle 5 im Messezentrum erscheint.
Und dann singen sie die Marseillaise, immer wieder.
Bevor der Kandidat auf die Bühne tritt, steigt erstmal eine Art
Großraumdisco für Sympathisanten. Zu Klängen von „How deep is your love?“
oder „Bailar, Bailar“ wird eifrig abgehottet, man kann es nicht anders
nennen. Ein bisschen erinnert die Inszenierung an eine Tanzveranstaltung im
Großraum Osnabrück oder wahlweise Brest in der Bretagne, aber „En Marche!“
verstehe sich eben als „niederschwellige Bewegung“, wie Agathe Laroche, 64,
aus Lille erklärt. Die Bibliothekarin ist seit Anfang dabei: „die Musik ist
immer zu laut bei Emmanuel!“ Da müsse man allerdings durch, „seine Anliegen
sind es wert.“
Journalisten bekommen Nüsschen und Biotee, die Macron-Fans helle
Stoffbeutel mit der Aufschrift „EM!“ oder „Emmanuel Macron président.“…
die Hand gedrückt. „S, M, oder L beim T-Shirt, rosa, hellblau, grau oder
gelb?“ fragt die charmante junge Dame im modischen dreiviertellangen
Plisséerock – „ist gratis.“ Obendrauf die Flaggen und fast unheimlich gu…
Laune, „En Marche!“-Feeling eben, los geht’s.
Über 230.000 Mitglieder hat die erst im April 2016 gegründete Partei, die
Shootingstar Macron, Ex-Wirtschaftsminister im Kabinett des Sozialisten
Hollande als „progressive soziale Bewegung“ versteht. Für die
Parlamentswahl im Juni will En Marche! in allen 577 französischen
Wahlkreisen eigene Kandidaten aufstellen.
## Keine Grüße an Marine Le Pen
Um 22 Uhr ist Macron da und er grüßt ganz zivil alle, die ihn kennen. Auch
sämtliche MitbewerberInnen bei den Präsidentschaftswahlen, alle bis auf die
eine Mitbewerberin: Marine Le Pen. Emmanuel Macron ist alert auf die
Pariser Bühne gesprungen, bevor er zu seiner fast demütig klingenden
Dankesrede ansetzt, „an euch alle, die ihr das hoffnungsvolle Gesicht
Frankreichs seid.“ Und dann gibt er seiner Frau Brigitte, die mit ihm
anfangs noch auf der Bühne ist, erstmal einen dicken Kuss.
Macron möchte das europäische Haus wieder „rekonstruieren“; wo Le Pen kurz
zuvor gewohnt kreischig sich selbst als „die große Alternative“ für den 7.
Mai angepriesen hat, setzt Macron „auf euch, ich will alle Französinnen und
Franzosen wieder zusammenbringen, das Land transformieren, schneller machen
in seinen Entscheidungsprozessen.“
## „Nicht so steril“
Draußen vor der Halle braucht der gähnende Sprengstoffhund Bill laut seinem
Führer Boris Lechamp eine Pause. Der dreijährige Schäferhund „sei noch ein
wenig verspielt, da ist das hier genau richtig.“ Die
Sicherheitsvorkehrungen sind jedoch, analog zu anderen Wahlveranstaltungen,
und nach dem Anschlag auf den Champs-Elysées am Donnerstag, extrem hoch.
Dreimal hintereinander werden die Taschen aller Besucher durchsucht, noch
nicht mal eine leere Wasserflasche darf hinein in die Halle 5.
Drinnen steht Sandrine Cossé. Die 51-jährige ist Yogalehrerin und eine der
zahlreichen aktiven Unterstützerinnen während der Wahlkampagne Macrons
gewesen. „Wir haben Plakate geklebt, bis ich meinen Arm nicht mehr heben
konnte, wir haben Kulis verteilt und gekocht fürs Team“, sagt die drahtige
Pariserin. Dass hier jeder mitmachen könne, dass es „nicht so steril“ wie
bei den großen alten Parteien zugehe, das habe ihr von Anfang an gefallen.
Frédéric, 26, neben ihr, nickt. „70 Prozent unserer Mitglieder waren vorher
nicht irgendwo anders organisiert,“ erzählt der Medizinstudent. Suzette
Brady, 47, aus der Pariser Vorstadt Saint-Denis, die heute abend als
Wachfrau arbeitet, prophezeit: „Emmanuel schafft’s! Am 7. Mai wird mein
Chouchou, mein Liebling Präsident.“
23 Apr 2017
## AUTOREN
Harriet Wolff
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