# taz.de -- Kolumne Ball und Welt: Wir treten doch nur | |
> Die „Alternative für Deutschland“ setzt sich gern mit Fußball in Szene … | |
> oder gegen kritische Fußballer. Das ist autoritärer Quark. | |
Bild: Boateng, Hummels und Lahm zelebrieren weltoffenen und erfolgreichen Fußb… | |
Jüngst hat der Berliner Landesverband der Alternative für Deutschland eine | |
Pressemitteilung bebildert. Das ist ungewöhnlich, und das gewählte | |
Fotomotiv irritiert besonders: Es zeigt einen jungen Mann im Trikot der | |
schwedischen Nationalmannschaft, der bei einem Public-Viewing-Event auf | |
einer Holzbank sitzt. Überschrift der AfD: „Schweden ist nicht mehr die | |
heile Welt aus den Pippi-Langstrumpf-Geschichten“. Bildunterzeile: | |
„Trauriger Schweden-Fan bei der Übertragung eines Fußballspiels, er hat | |
nichts zu lachen.“ | |
Darum geht es: Die Partei musste zurückrudern, weil sie eine Reisewarnung, | |
die das Auswärtige Amt angeblich gegen Schweden ausgesprochen hätte, | |
schlicht erfunden hatte. Kurz gesagt: Die AfD glaubt, wenn sie mal wieder | |
beim Lügen erwischt wurde, einfach auf Fußball setzen zu können. War ja nur | |
Spaß, nix Ernstes. | |
Mit Fußballfotos hat es die AfD. Jüngst hatte die Partei ein Bild gepostet, | |
das den Hertha-Profi Marvin Plattenhardt mit dem Berliner AfD-Abgeordneten | |
Frank Scheermesser zeigte. Plattenhardt wollte das nicht – und begleitet | |
von der AfD-üblichen Weinerlichkeit musste die Partei den Tweet löschen: | |
„Harmlose Fotos von demokratischen Volksvertretern mit Sportlern | |
verursachen mehr Medieninteresse als das Staatsversagen von RotRotGrün.“ | |
Mit Fußballern kann man’s ja machen; das ist die politische Botschaft, die | |
die AfD unmissverständlich aussendet. Wenn ein Profi nicht will? Nicht | |
ernstnehmen, ist ja nur ein Fußballer! Und um vor dem angeblich | |
islamisierten Schweden zu warnen, nehme man einfach das Foto eines Fans. Ob | |
der das möchte? Ist doch egal, ist doch nur Fußball. | |
## Menschenfeindlich und autoritär | |
Jüngst hat die Partei diese Attitüde, die man nur respektlos und – wenn das | |
Wort bloß nicht so verhunzt wäre – menschenfeindlich nennen kann, gegen | |
Philipp Lahm gerichtet. Der Bayern-Kapitän hatte gefordert, „dass | |
Deutschland nicht rechts werden darf“. Für die AfD antwortete ihr Berliner | |
Landesvorsitzender Georg Pazderski: „Philipp Lahm soll sich um seinen | |
Fußball kümmern und nach Möglichkeit die Politik anderen überlassen.“ | |
Es ist immer wieder das gleiche autoritäre Denken von Leuten, die sich | |
Fußballern überlegen wähnen: AfDler glauben, sie dürften sich Sportler | |
einfach mal zum Fototermin grapschen, und die sollen dabei gefälligst das | |
Maul halten. | |
Gewiss, so gehen Rechte mit vielen Menschengruppen um. Und doch offenbart | |
ihr Umgang mit Sportlern etwas, das sich sonst nicht so offen zeigt: | |
Während sie bei Ausfällen gegen Frauen, gegen Ausländer, gegen Schwule, | |
gegen Muslime oder gegen andere von ihnen verachtete Gruppen mit der | |
Dreistigkeit des „normalen deutschen Mannes“ auftreten, dem gefälligst alle | |
Macht zustehe, die ihm bloß von linksversifften Kräften bestritten werde, | |
sollte man meinen, dass Sportler wie Lahm und Plattenhardt oder auch der | |
namenlos bleibende Schweden-Fan eher zu den umworbenen Gruppen zählten. | |
## Nationalborniert und Fußball klappt nicht | |
Doch die für die AfD unbequeme Wahrheit hat Philipp Lahm ausgesprochen: Es | |
gibt einen Zusammenhang zwischen einer weltoffenen Gesellschaft und | |
fußballerischen Erfolgen. Wer großen Sport will, darf nicht | |
nationalborniert denken. Auch fußballerisch ist also das, wofür die AfD | |
steht, nichts anderes als reaktionär. | |
Und neu ist die herablassende Haltung auch nicht. 2016 verkündete Alexander | |
Gauland ja schon, den Jérôme Boateng würden die Leute doch nur als | |
Fußballer mögen, „aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben“. | |
Immer wenn diese Leute sich zum Sport äußern, offenbart sich, dass sie mit | |
diesem großen demokratischen, weltoffenen Spektakel nichts anfangen können. | |
Wir sollten den Fußball ernster nehmen. Das hilft auch gegen rechts. | |
13 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
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