| # taz.de -- Ausbau der Mittelweser: Reeder drohen mit Lastern | |
| > Das Bundesverkehrsministerium will die Mittelweser nicht weiter ausbauen. | |
| > Die Folge wäre mehr Verkehr auf den Straßen, mahnen Wirtschaftsvertreter. | |
| Bild: Für Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD, r.) läuft's noch flüssig auf d… | |
| BREMEN taz | Der „Wirtschaftsverband Weser“ macht Druck: Wenn der Ausbau | |
| der Mittelweser sich weiter verzögert, könnte es auf den Straßen der | |
| Mittelweser-Region wesentlich mehr Verkehr geben. Das mahnen die vom | |
| Wirtschaftsverband vertretenen Unternehmer in einer gemeinsamen Erklärung | |
| an. | |
| Allein bei Sand- und Kiestransporten könnte es 20.000 zusätzliche | |
| LKW-Fahrten geben. Derzeit werden jährlich rund 2,5 Millionen Tonnen Sand | |
| und Kies auf Binnenschiffen zwischen Bremen und Minden transportiert. Diese | |
| seien fest in die Produktion eingeplant. Das bedeute: Wenn nicht mehr | |
| sicher ist, dass der Kies per Schiff pünktlich ankommt, könnten die | |
| Unternehmen auf LKW umsteigen. | |
| Dieses Drohszenario entwickeln nun die Unternehmen, weil der Bund seit mehr | |
| als einem Jahr den weiteren Ausbau der Mittelweser ablehnt. Konkret gehe es | |
| um die „Uferrückverlegung“ in neun weiteren Kurven der Mittelweser, was | |
| bedeutet, das Flussbett zu verbreitern. Denn wenn dort in Zukunft die 110 | |
| Meter langen „Großmotorschiffe“ fahren und sich begegnen, dann werden | |
| manche Flussbiegungen zu eng. Warten geht nicht – denn die Abnehmer von | |
| Sand und Kies wollen nicht warten. | |
| ## „Zügiger Ausbau“ | |
| „Man kann nicht über Jahre hinweg hohe Millionenbeträge investieren in | |
| Minden, Bremen oder anderen Orten, um dann am Ende mit Engpässen im Fluss | |
| stehen zu bleiben“, sagt der Bremer Bundestagsabgeordnete Uwe Beckmeyer von | |
| der SPD, der gleichzeitig parlamentarischer Staatssekretär und Maritimer | |
| Koordinator im Bundesverkehrsministerium ist. | |
| Aber wird es „Engpässe“ wegen der engen Flussbiegungen geben? Der Ausbau | |
| der Mittelweser war schon 1998 beschlossen worden. Dann hatten im Jahr 2011 | |
| die Bremer Grünen in den Koalitionsverhandlungen Bedenken angemeldet, sich | |
| aber nicht durchsetzen können. In den derzeit gültigen | |
| Koalitionsvereinbarung von 2015 heißt es, man werde sich für den „zügigen | |
| Ausbau der Wasserstraße für Großmotorgüterschiffe einsetzen“ und den Brem… | |
| Investitionsanteil „verbindlich regeln“. | |
| Allerdings hatte sich Bremen schon im Jahre 2011 wegen erheblicher | |
| Kostensteigerungen darauf verständigt, anders als ursprünglich beabsichtigt | |
| den Ausbau von dem sich entwickelnden Verkehrsaufkommen abhängig zu machen. | |
| Die Prognosen der Reeder seien überhöht, davon ist das | |
| Bundesverkehrsministerium überzeugt. Erst wenn die Großmotorschiffe in der | |
| prognostizierten Zahl kommen, bauen wir aus, sagte daher das Ministerium. | |
| Wenn die Mittelweser nicht ausgebaut wird, kommen diese Schiffe nicht, | |
| kontert der Wirtschaftsverband Weser. | |
| ## Weniger Großmotorschiffe | |
| Die Skepsis des Bundesverkehrsministeriums gründet sich auf Simulationen | |
| des Schiffsverkehrs im Jahr 2030. Die Experten des Bundes rechnen mit einer | |
| deutlichen Reduzierung von Kohle- und Mineralöltransporten wegen der | |
| Energiewende und mit wenigen Großmotorschiffen auf der Weser. Denn für | |
| diese Großmotorgüterschiffe seien die Wassertiefen zu gering. Und die | |
| gesamte Mittelweser weiter auszubaggern, nur damit die Kies-Transporte in | |
| größeren Schiffen etwas billiger werden, das fordert bisher nicht einmal | |
| der Wirtschaftsverband Weser. | |
| Da die Anzahl der Schiffe insgesamt aber dennoch zunehmen werde, könnte | |
| eine Fahrt von Bremen nach Minden drei Stunden länger dauern – das zeigte | |
| die Simulation. Das liegt aber nicht daran, dass einzelne Schiffe ihre | |
| Fahrt langsamer planen müssen, wenn sie sonst in einer zu engen Kurve | |
| Gegenverkehr hätten, sondern weil es vor den Schleusen Staus geben wird. | |
| Um die Argumente, die schon im Herbst 2015 aktuell waren, noch einmal zu | |
| überprüfen, hat der Bund im April 2016 zwei Wochen lang eine | |
| „Versuchsfahrt“ mit einem Großmotorschiff auf der Mittelweser simuliert. | |
| Der Bund sieht sich dadurch in seiner Sicht der Dinge bestätigt: „Lediglich | |
| an einigen Engstellen werden wir die Regelungsstrecken beziehungsweise die | |
| Begegnungs- und Wartestellen noch besser beschildern“, erklärte die | |
| Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) des Bundes. | |
| ## Druck über Kontakte | |
| Der Ausbau einiger Schleusen, der im August 2017 abgeschlossen sein soll, | |
| und die bisher erfolgten Uferrückverlegungen reichten aus. Zudem würde eine | |
| Ausweitung der Schleusen-Zeiten in den Abend und die Nacht die Wartezeiten | |
| verkürzen. Das aber wiederum lehnt der Wirtschaftsverband ab – wenn die | |
| Schiffe nachts durch die Schleusen sollen, müssten sie mit zwei Schichten | |
| fahren – und das wäre zu teuer, sagt deren Geschäftsführer Ralf Heinrich. | |
| Die Schiffe seien als Alternative zum LKW nur interessant, wenn sie zu | |
| „konkurrenzfähigen Preisen Güter transportieren“ könnten. | |
| Der Interessenkonflikt liegt auf der Hand: Den Ausbau der Mittelweser | |
| müsste der Staat finanzieren, Verzögerungen auf der Mittelweser gingen zu | |
| Lasten der Reeder. | |
| Warum also im Frühjahr 2017 eine neue Presseerklärung mit alten Argumenten? | |
| Der Wirtschaftsverband Weser und die Reeder versuchen offenbar, über ihre | |
| politischen Kontakte Druck auszuüben. Niedersachsen beteiligt sich nicht an | |
| den Kosten für den Mittelweser-Ausbau – und fordert ihn lautstark. Darunter | |
| auch der Bürgermeister der Samtgemeinde Mittelweser, Jens Beckmeyer (SPD), | |
| in dessen Region einige Unternehmen Kies abbauen. | |
| Er sei aber nicht mit dem Staatssekretär Uwe Beckmeyer verwandt, betont er. | |
| In Bremen rührt nur die FDP für die Lobby des Wirtschaftsverbandes Weser | |
| die Werbetrommel. | |
| 13 Apr 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Klaus Wolschner | |
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