# taz.de -- Nach U-Bahn-Anschlag in St. Petersburg: Trauer, Angst und Zynismus | |
> Tausende Russen gingen in der letzten Woche auf die Straße, um der 14 | |
> Todesopfer zu gedenken. In der Stadt gibt es zahlreiche Verhaftungen. | |
Bild: Menschen gedenken der Verstorbenen in der zweitgrößten Stadt Russlands | |
St. Petersburg taz | „Ich habe gestern mit Gennadij, meinem Mann, Freunde | |
besucht“, berichtet Natalja, eine Rentnerin aus Sankt Petersburg. „Wieder | |
mussten wir die U-Bahn nehmen. Doch Gennadij blieb plötzlich vor dem | |
Eingang stehen, sagte mir, er könne jetzt noch nicht U-Bahn fahren. Er habe | |
Angst. Und so nahmen wir den Bus.“ Jeden Morgen steige ihr Blutdruck, wenn | |
sie ihr Radiogerät anschalte, fürchte sie sich vor den Nachrichten. „Zuerst | |
London, Paris, Berlin, Stockholm. Und auch bei uns. Ich fühle mich wie in | |
einem Krieg“, berichtet sie. „Doch das Leben geht weiter. Meinen Kaffee | |
trinke ich trotzdem jeden Morgen in aller Ruhe.“ | |
„Ach, wir sind doch alle irgendwie schon Zyniker geworden“, meint hingegen | |
Anna, eine Fotoreporterin. Man habe sich fast schon an die geradezu | |
regelmäßigen Terroranschläge in Großstädten gewöhnt. | |
Im ganzen Land waren in der vergangenen Woche Hunderttausende auf die | |
Straße gegangen, um der Opfer des Terroranschlags von Petersburg zu | |
gedenken. „Piter, wir sind mit dir“ lautete das Motto der | |
Solidaritätsaktion mit der liebevoll „Piter“ genannten Stadt an der Newa. | |
Kerzen, Süßigkeiten und ein fast zwei Meter hoher Berg an Blumen schmückten | |
in Petersburg die Stelle des Anschlags an der U-Bahn-Station | |
Technologisches Institut. „Terroristen sind keine Menschen. Sie müssen | |
vernichtet werden, um den Planeten von diesem Schmutz zu säubern“, erklärte | |
die aus Petersburg stammende Vorsitzende des russischen Föderationsrats, | |
Valentina Matwienko, als sie dort Blumen niederlegte. | |
## Neue Details über den Attentäter | |
In Moskau hatten sich 50.000 Menschen auf dem Manegenplatz versammelt. Auch | |
in Wladiwostok, Jakutsk, Krasnodar, Tjumen und anderen Städten waren am 6. | |
April Tausende auf die Straße gegangen. Doch unumstritten waren die | |
Demonstrationen nicht. Zahlreiche Terroranschläge habe es in der | |
Vergangenheit gegeben, doch nicht ein einziges Mal sei die Bevölkerung in | |
der Folge auf die Straße gegangen, beschreibt die gazeta.ru. | |
Hier, so das Internetportal, dränge sich der Eindruck auf, als seien diese | |
Demonstrationen von oben angeordnet. Offensichtlich habe man sich von der | |
Demonstration gegen Terror in Paris vor zwei Jahren inspirieren lassen. Nur | |
dass in Frankreich unvorstellbar sei, dass man zur Teilnahme an einer | |
Demonstration gezwungen werde. | |
Für ihn sei es unwichtig, hält der Radiojournalist Sergej Dorenko entgegen, | |
wer diese Veranstaltungen organisiert habe. Viele gingen einfach zu den | |
Demonstrationen, weil sie dies jetzt für richtig halten. | |
Unterdessen wurden neue Details über den Attentäter Akbarschon Dschalilow | |
bekannt. Der aus Kirgisien stammende Usbeke, der immer sehr gut gekleidet | |
gewesen sei, soll nach Angaben seiner Vermieterin als Koch in einem | |
Sushirestaurant gearbeitet haben. Seine Wohnung habe er immer in bar und | |
für längere Zeiträume im Voraus bezahlt. | |
Das Petersburger Internetportal fontanka.ru berichtet über zahlreiche | |
Verhaftungen von Bewohnern der Stadt, die aus Zentralasien stammen. Gegen | |
16 nach dem Anschlag verhaftete Personen aus Zentralasien sei Anklage wegen | |
Terrorismus und „Beihilfe zum Terrorismus“ erhoben worden. | |
9 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
Sergej Kagermazow | |
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