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# taz.de -- Homophobe Zoten vor Schülern: AfD darf in Schulen hetzen
> In Schleswig-Holstein dürfen erstmals schon 16-Jährige wählen. Dafür
> dürfen alle Parteien in Schulen werben, die Chancen auf den Einzug in den
> Landtag haben
Bild: Berieten 2016 die Regierung und dürfen jetzt schon ab 16 eine wählen: S…
In Schleswig-Holstein ist Wolfgang Rotsolk, 76, nun bekannt. „Die Männer
sollen sich ruhig weiter selbst gegenseitig in den Arsch ficken.
Lesbenpornos sehe ich mir ganz gern an“, wird der AfD-Direktkandidat für
den Wahlkreis Dithmarschen-Süd in mehreren Medien zitiert. Was man halt mal
so sagt, als alter, weißer Mann im Wahlkampf. Schließlich hat Donald Trump
mit „grab them by the pussy“ eine US-Wahl gewonnen.
Republikaner Trump versuchte seine herabwürdigenden Bemerkungen über Frauen
zu bagatellisieren, es habe sich lediglich um „locker-room-talk“ gehandelt.
Umkleidekabinengespräche also. Das kann Rotsolk nicht. Er war von einem
Gymnasium in Meldorf zu einer Diskussion eingeladen worden – und pöbelte
vor versammelter Schulklasse.
Dass AfD-Politiker häufiger aus dem Rahmen fallen, ist inzwischen bekannt.
Nur: Warum dürfen sie dies an Schulen tun? Einer der Gründe hängt direkt
mit der Piratenpartei zusammen. Einer ihrer ersten Gesetzentwürfe sah vor,
das Wahlalter zu senken. Mit Erfolg: 2013 änderte das Kabinett das
Wahlgesetz, weshalb am 7. Mai zum ersten Mal 16-Jährige mitbestimmen
dürfen, wer ins Kieler Landeshaus einzieht. Dadurch dürfen rund 57.000
Schleswig-Holsteiner mehr wählen als nach der alten Regelung.
Für die Parteien heißt das, dass sie ihren Wahlkampf an einer neuen
Klientel ausrichten müssen. Und das tun sie – unter strengen Vorgaben des
Bildungsministeriums, das im Juli 2016 einen „Erlass zur politischen
Bildung in Schulen“ herausgegeben hat. Darin ist erklärt, wann und warum
die Schule als Plattform für politische Werbung herhalten darf, obwohl sie
eigentlich zu einer strikten parteipolitischen Neutralität verpflichtet
ist.
Maßgeblich ist Punkt 3. Er regelt die politischen Schulaktivitäten in der
sogenannten „heißen Wahlkampfphase“, ab sechs Wochen vor der Wahl. In Punkt
3a heißt es unter „Ausgewogenheit“, dass Schulen etwa Podiumsdiskussionen
mit Parteivertretern veranstalten dürfen – sofern die Mischung stimmt.
Sprich: Nicht nur Landtagsfraktionen dürfen Abgesandte schicken, sondern
auch Parteien, „die sehr wahrscheinlich neu in das Parlament gewählt
werden“.
Und so fand sich Wolfgang Rotsolk in der 475 Jahre alten Meldorfer
Gelehrtenschule wieder, um auf die Frage eines Schülers, wie er denn zu
Homosexuellen stehe, seine Meinung unters Jungwahlvolk zu bringen. Ein
Auftritt, der unterstrich, wie die AfD so tickt – und einer, der dem
stellvertretenden AfD-Landesvorsitzenden Volker Schnurrbusch so gar nicht
in den Kram passt: „Das ist völlig unmöglich, wir haben das leider nicht
kommen sehen“, sagt er der taz. Und: „Das wird Konsequenzen nach sich
ziehen.“
Andererseits dürfte auch Schnurrbusch wissen, dass es für die
Altherren-Partei AfD in der Altersgruppe der 16- bis 25-Jährigen nur wenig
zu gewinnen gibt. Das „relativ kleine Budget“, über das Schnurrbusch für
den Wahlkampf verfügt, will seine Partei jedenfalls nicht in eine
Jugendkampagne stecken. Zwar werde man für die sozialen Netzwerke „Geld in
die Hand nehmen“, eine extra auf Jungwähler abgestimmte Reklame sei – Stand
jetzt – aber nicht geplant. „Wir haben vielmehr die Nichtwähler im Blick
und werden uns auf den Endspurt konzentrieren“, so Schnurrbusch, der
feststellt: „Wenn wir an die Schule kommen, sind die Sympathien zwar nicht
groß, die Neugierde aber schon.“
Bei der SPD geht man zielorientierter vor. Am kommenden Montag stellen die
Jusos ihre Jugendwahlkampagne vor. „Wir sind seit zehn Tagen mit unserem
Juso-Bus unterwegs und halten täglich an zwei Stationen“, sagt
Juso-Landesgeschäftsführer Tarek Awad. Die Roten wollen punkten mit
bezahlbarem Wohnraum, einem kostenlosen Studi- und Azubi-Ticket, und einer
besseren digitalen Infrastruktur. Nebenbei, sagt Landeschef Ralf Stegner,
wollen die Genossen die AfD aus dem Landtag raushalten. Wie das geht? „Mit
einer hohen Wahlbeteiligung“, glaubt er.
CDU-Spitzenkandidat Daniel Günther, dessen Partei 2013 das Wahlalter nicht
senken wollte, schlägt ähnliche Töne an. „Junge Menschen schauen positiv in
die Zukunft, die sind für Radikale, ob rechts oder links, wenig
empfänglich. Wir kämpfen jedenfalls – Stichwort G9 – um die 16- und
17-Jährigen.“
Das will auch Piraten-Fraktionschef Patrick Breyer tun. Vor ein paar Tagen
auf dem Podium in Meldorf zum Beispiel, indem er den faktenfreien Vortrag
des AfDlers Rotsolk konterte.
6 Apr 2017
## AUTOREN
David Joram
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