# taz.de -- Bilanz rechter Gewalt vorgestellt: Auch im Wohnumfeld schlagen sie … | |
> Die Opferberatungsstelle ReachOut und die Berliner Register zählen immer | |
> mehr rechte Angriffe und andere Delikte in der Stadt. | |
Bild: Von Rechtsextremen geht Gewalt aus | |
Die Zahl der rechten, rassistischen, LGBTI-feindlichen und antisemitischen | |
Angriffe und Vorfälle hat 2016 erneut einen Höchststand erreicht. Die | |
Opferberatungsstelle ReachOut zählte im vorigen Jahr 380 Gewalttaten und | |
massive Bedrohungen (2015: 320). Dabei wurden 553 verletzt, gejagt oder | |
bedroht, darunter 45 Kinder. „Das ist täglich mindestens ein Angriff“, | |
sagte Sabine Seyb, Sprecherin von ReachOut, am Donnerstag bei der | |
jährlichen Bilanz beider Organisationen. | |
Die Berliner Register dokumentieren neben Gewalttaten auch | |
Propagandaaktivitäten, Veranstaltungen und Beleidigungen. „So können wir | |
einordnen, ob die Vorfälle eingebettet sind in eine organisierte rechte | |
Szene vor Ort“, erklärte Kati Becker, Koordinatorin der Register. Die | |
Register erfassten 2016 insgesamt 2.677 rechte, rassistische | |
LGBTI-feindliche oder antisemitische Vorfälle (2015: 1.820). | |
Becker führte die Steigerung zum einen auf die gestiegene Bekanntheit der | |
Register zurück. Dies sind Anlaufstellen in den Bezirken, bei denen | |
BürgerInnen Vorfälle der erwähnten Art melden können. Zum zweiten, so | |
Becker, habe es erstmals Daten aus allen Bezirken gegeben, | |
Steglitz-Zehlendorf habe 2016 als letzter Bezirk ein Register eingerichtet. | |
Drittens habe allein der Wahlkampf zur Abgeordnetenhauswahl mit 160 | |
zusätzlichen Propagandavorfällen zu Buche geschlagen. Insgesamt sind rund | |
50 Prozent der Registervorfälle Propagandasachen. | |
Auffälligste Veränderung bei den Registern ist ein Rückgang in 2016 an | |
rassistischen Mobilisierungen. 2015 habe es besonders viele Veranstaltungen | |
und Demonstrationen gegen Flüchtlingsheime gegeben, so Becker – und in | |
deren Gefolge zahlreiche Angriffe auf politische Gegner. Dass beides 2016 | |
weniger geworden sei, habe aber keinen Rückgang rassistischer Angriffe zur | |
Folge gehabt. „Rassismus ist weiter Hauptmotiv Nummer 1“, sagte Seyb. | |
Auffällig sei aber auch eine starke Zunahme von Angriffen im Bereich | |
LGBTI-Feindlichkeit, die meisten innerhalb des S-Bahn-Rings in den | |
Ausgehvierteln von Kreuzberg, Mitte, Neukölln und Tiergarten. „Eine | |
Erklärung dafür könnte sein, dass sich LGBTI-Personen dort freier bewegen“, | |
so Becker. | |
Was die Orte angeht, so registrierte ReachOut stadtweit die meisten | |
Angriffe in Mitte, gefolgt von Neukölln, wo sich die Zahl der Angriffe – | |
vor allem auf politische Gegner – im Vergleich zum Vorjahr verdoppelte. | |
Zudem ist laut Seyb auffällig, dass Angriffe zwar weiterhin zumeist im | |
öffentlichen Raum, an Haltestellen und in Bahnhöfen passieren. Aber solche | |
im direkten Wohnumfeld der Opfer seien drastisch gestiegen. „Für die | |
Betroffenen ist das besonders bedrohlich, da ihnen so ihre | |
Rückzugsmöglichkeit genommen wird.“ | |
16 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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