# taz.de -- Die Wahrheit: „Ich habe eine Strähne“ | |
> Weil die Zeitzeugen rar werden, spricht nach Jahren des Schweigens nun | |
> endlich auch der Neffe des Arztes von Hitlers Friseur. | |
Bild: Hans-Joachim Koch hört gar nicht mehr auf, Zeugnis abzulegen über seine… | |
Hans-Joachim Koch ist 93 Jahre alt und wohnt in einer Seniorenresidenz in | |
Aurich. Das Alter hat ihn gebeugt, doch sein Verstand ist noch immer | |
hellwach. Bei einer Tasse Ostfriesentee mit einem Schuss Amaretto gibt er | |
der Wahrheit Auskunft über ein bislang völlig unbeachtetes Kapitel der | |
deutschen Geschichte. | |
taz: Herr Koch, Sie sind der Neffe des Arztes von Hitlers Friseur, haben | |
aber noch nie darüber gesprochen. Jetzt wollen Sie Ihr Schweigen brechen. | |
Warum? | |
Hans-Joachim Koch: Sie sind falsch informiert. Ich habe schon sehr oft | |
davon erzählt. Das Team von Guido Knopp hat mich sogar volle drei Tage lang | |
interviewt. Das ist nur nie gesendet worden. Das Ganze sei „zu nischig“, | |
wie man mir hinterher mitgeteilt hat. | |
Zu nischig? | |
Nicht brisant genug, sollte das heißen. Aber da bin ich anderer Ansicht. | |
Fangen wir doch mal mit Ihrem Onkel an. War er der Hausarzt von Hitlers | |
Friseur? | |
Nein. Mein Onkel Dr. med. Wilhelm Heinrich Koch war Radiologe und hat | |
Hitlers Friseur 1961 in Saarbrücken im Rahmen einer Reihenuntersuchung | |
geröntgt. Das damals aufgenommene Röntgenbild ist leider drei Jahre danach | |
bei einem Zimmerbrand zerstört worden. Es hat sich jedoch ein Tagebuch | |
erhalten, in dem mein Onkel von einem Gespräch mit Hitlers Friseur | |
berichtet. | |
Wie hieß denn dieser Mann? | |
Bernhard Skrobinski. | |
Und wann hat er Hitler frisiert? | |
1930, in Weimar, als Hitler dort eine Wahlkampfrede halten wollte. | |
Er hat Hitler also nur dieses eine Mal frisiert? | |
So hat er es meinem Onkel jedenfalls erzählt. Geben Sie mir doch bitte mal | |
diese Kladde dort rüber . . . | |
Die mit den Stockflecken? | |
Ja. Das ist das Tagebuch meines Onkels. Vielen Dank! Ich lese Ihnen die | |
Stelle gern vor. Hier: „Unterhaltung mit Bernhard Skrobinski. | |
Friseurmeister. Kein Tuberkuloseverdacht. Gesprächsweise ergibt sich, daß | |
wir beide baltische Vorfahren haben, und er berichtet, daß er 1930 in | |
Weimar Adolf Hitler frisiert und sich mit ihm über Goethe unterhalten habe. | |
‚In der Farbenlehre hat Goethe das Braun nur stiefmütterlich behandelt‘, | |
soll Hitler gesagt haben. Und: ‚Um als Feldherr bestehen zu können, wäre | |
Goethe zu dick gewesen.‘ “ | |
Ist das alles? | |
Reicht das nicht? | |
Ja und nein. Wissen Sie sonst noch irgendetwas über diese Angelegenheit? | |
Bei einer Familienfeier in Schaumburg hat mein Onkel mir Ende 1979 | |
verraten, dass Herr Skrobinski die Haare damals aufgehoben und ihm in | |
Saarbrücken für dreihundert Mark eine Strähne davon verkauft habe. Mein | |
Onkel war kinderlos, und er hat mir diese Strähne vererbt. Ich habe sie | |
inzwischen weiterverkauft. | |
Und an wen, wenn man fragen darf? | |
An ein Konsortium von Politikern, die Adolf Hitler klonen möchten. | |
Wissen Sie, was dabei herausgekommen ist? | |
Nach den mir vorliegenden Informationen ist bei diesen Experimenten bisher | |
nur ein untergewichtiges Schreikind entstanden, das seinen Herstellern | |
keinen Anlass zu hohen Erwartungen an seine politische Karriere gibt. | |
Haben Sie denn wenigstens ein gutes Geschäft gemacht? | |
Das kann man so sagen. | |
Sie sind also nicht nur der Neffe des Arztes von Hitlers Friseur, sondern | |
auch ein geldgeiler und skrupelloser Devotionalienhändler. | |
Weit gefehlt. Ich bin noch viel mehr. Eine meiner Großtanten | |
mütterlicherseits war die Geliebte eines Vetters des Schneidermeisters von | |
Hermann Göring. | |
Können Sie das beweisen? | |
Geben Sie mir doch bitte mal diese andere Kladde dort rüber . . . | |
Die hier? | |
Genau. Das ist das Poesiealbum meiner besagten Großtante Hedwig Amalia | |
Friederike Stegeleit, in dem sich Hermann Görings Frau Emma 1934 persönlich | |
verewigt hat. Soll ich mal vorlesen? | |
Nein. | |
Würde es Sie denn interessieren, dass meine Großmutter väterlicherseits die | |
Geigenlehrerin einer Großnichte von Julius Streicher gewesen ist? Oder dass | |
die Enkeltochter der Kammerzofe von Eva Braun mit einem Urenkelsohn der | |
Frau des Fahrlehrers von Joseph Goebbels verschwägert war? Ich habe hier | |
auch noch andere Unterlagen. Daraus geht eindeutig hervor, dass Eva | |
Hermann, Guido Knopp und Erwin Rommel 1938 einen Staatsstreich planten, der | |
nur durch das Eingreifen der Hebamme von Konrad Kujaus und Martin Bormanns | |
gemeinsamer Schwiegermutter vereitelt werden konnte … | |
Schon klar. Auf Wiedersehen, Herr Koch. | |
Wollen Sie jetzt einfach so gehen? | |
Ja. Vielen Dank für das Gespräch und Ihre Geduld. | |
29 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Gerhard Henschel | |
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