# taz.de -- Steuergelder für Biedenkopfs Memoiren: Zoff um „Königs“-Tageb… | |
> Mit Steuermitteln finanzierte Sachsen die Memoiren des früheren | |
> Ministerpräsidenten Biedenkopf – und will nun nichts mehr davon wissen. | |
Bild: Der König und sein zweiter Kronprinz im Jahr 2012 | |
DRESDEN taz | Einigermaßen fassungslos tritt Sachsens ehemaliger | |
Ministerpräsident Kurt Biedenkopf nach langer Zeit wieder einmal vor die | |
Fernsehkameras. Der 87-Jährige kann überhaupt nicht verstehen, dass sein | |
Nach-Nachfolger Stanislaw Tillich sich nicht offen zur Förderung seiner im | |
Herbst 2015 erschienenen Tagebücher bekennt. 300.000 Euro Steuergelder | |
waren damals von der Staatskanzlei an die Adenauer-Stiftung geflossen, die | |
die Manuskripte für den Druck beim Siedler Verlag aufbereitete. | |
Die Förderung ist seit Langem ein Politikum. Wer veranlasste die üppige | |
Zahlung an den Privatier Biedenkopf? Was macht den früheren Landesvater | |
jetzt so sauer auf seinen ehemaligen Kronprinzen? | |
Am Dienstag landete die Posse vor Gericht. Hartnäckige Anfragen der | |
Linksfraktion im Landtag nach dem Buch-Sponsoring beantwortete die | |
Regierung so ausweichend, dass ihr Abgeordneter André Schollbach vor dem | |
sächsischen Verfassungsgerichtshof klagte – und nun unterlag. | |
Die Leipziger Verfassungsrichter bescheinigten der Staatskanzlei | |
vollständige Antworten und sahen keine Anhaltspunkte, dass diese nicht nach | |
bestem Wissen erfolgt seien. Diese Entscheidung über die Auskunftsrechte | |
von Abgeordneten ändert aber nichts an der politischen Pikanterie des | |
Falles. | |
## Selbstverständliche Dankbarkeit | |
Mit den Anfragen werden CDU-Mann Biedenkopf und die von ihm stets | |
verachtete Linke zu unerwarteten, späten Verbündeten. Nur mühsam bremst | |
Biedenkopf vor der Kamera seine Kritik an Ministerpräsident Tillich. „Man | |
will im Grunde damit nicht belästigt werden“, sagt er. Es ist exakt der | |
Eindruck, den auch die Opposition von der Staatskanzlei hat. | |
„König Kurt“ – im Alter noch etwas eitler geworden als während seiner b… | |
2002 währenden Amtszeit – fühlt sich offensichtlich gekränkt. Für | |
„einmalig“ hält er seine nächtens verfassten Aufzeichnungen, die tausend | |
Druckseiten füllen. Die in der Finanzierung ausgedrückte Dankbarkeit | |
gegenüber dem ersten Nachwende-Ministerpräsidenten in Sachsen hält er | |
offenbar für selbstverständlich. | |
Im Vorwort des ersten Bandes bedankte sich Biedenkopf denn auch artig bei | |
Stanislaw Tillich. Der habe das Erscheinen der Erinnerungen 25 Jahre nach | |
Gründung des Freistaates „zu seiner Sache gemacht“. Die Party in der | |
Berliner Landesvertretung Sachsens zur Buchvorstellung kostete nochmals | |
6.000 Euro. | |
In einem Interview mit der Sächsischen Zeitung im Mai 2016 legte Biedenkopf | |
nach. „Das Tagebuch ist ein Projekt des Freistaates.“ Es gehe auf Tillichs | |
Vorschlag zur Herausgabe zurück, sagte Biedenkopf dort. Dessen Angebot | |
gelte sogar für weitere, noch nicht erschienene Bände. | |
Die Antworten der Staatskanzlei auf die Schollbach-Anfragen besagen das | |
Gegenteil. Biedenkopf habe vielmehr Tillich 2013 über das Projekt einer | |
beabsichtigten Publikation informiert. Der Ministerpräsident sei in dieser | |
Sache völlig passiv gewesen. „Tillich hat zu keinem Zeitpunkt, nirgendwo, | |
unter keinen Umständen an niemand und auf keine Weise konkret Aufträge oder | |
Weisungen (…) erteilt“, behauptet Staatskanzleichef Fritz Jaeckel. | |
Die Verwaltungsebene sei damit befasst gewesen, erfährt man an anderer | |
Stelle. „Die Staatskanzlei hat kalte Füße bekommen und das Weite gesucht“, | |
interpretiert der Linke Schollbach. Er sieht auch nach der | |
Gerichtsentscheidung unverändert „schwarzen CDU-Filz“. Die Richter hätten | |
das Antwortverhalten der Staatskanzlei „sehr großzügig ausgelegt“. Nach w… | |
vor existierten zwei völlig gegensätzliche Versionen über die Rolle der | |
beiden Ministerpräsidenten. | |
28 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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