# taz.de -- Gewerkschaft kritisiert Charité: Entweder Goldesel oder sozial | |
> Das war die Woche in Berlin IV: Die landeseigene Klinik hält sich nicht | |
> an den Tarifvertrag, klagt Verdi. Ob der Senat sich traut, klare Kante zu | |
> zeigen? | |
Bild: Sparen auf Kosten der Mitarbeiter: Zu CFM ausgelagerte Charité-KollegInn… | |
Man kann dieser Tage wieder schön beobachten, wohin es führt, wenn | |
Wirtschaftsbereiche, die der allgemeinen Daseinsvorsorge dienen, so | |
durchkapitalisiert sind, dass nur noch Geld und Gewinn zählt. Beispiel | |
Charité: Das Großunternehmen in Landesbesitz, das Jahreseinnahmen von 1,5 | |
Milliarden Euro verzeichnet, hatte im vorigen Jahr einen Tarifvertrag | |
abgeschlossen, der allseits bejubelt wurde. Weil darin erstmals Maßnahmen | |
beschlossen wurden, um den – wie in allen deutschen Krankenhäusern – völl… | |
überarbeiteten KrankenpflegerInnen Entlastung zu bringen. Am Mittwoch aber | |
hat die Gewerkschaft Verdi klargestellt: Die Maßnahmen wurden schlicht | |
nicht angewandt, die MitarbeiterInnen sind genauso überlastet wie ehedem. | |
Nun kann man sich hinstellen und die Geschäftsführung dissen, weil sie eher | |
an ihre Bilanz denkt als an ihre Mitarbeiter. Allein: Genau das war und ist | |
die politische Vorgabe. Seit den neoliberalen Goldgräbertagen der | |
Nachwendezeit ist alles und jeder dazu verdonnert, Gewinne abwerfen – oder | |
wenigstens seine Kosten selbst zu erwirtschaften: seien es kommunale | |
Wohnungsbauunternehmen, Verkehrsbetriebe, Wasserwerke oder eben | |
Krankenhäuser. | |
Bei der Charité hat das bekanntlich sogar dazu geführt, dass wichtige | |
Arbeitsbereiche – vom Essen, übers Röntgen bis zu den Krankentransporten – | |
in das „Tochterunternehmen“ CFM ausgegliedert wurden – das sogar teilweise | |
privatisiert wurde. Die Folge: Seit 12 Jahren sind die CFM-MitarbeiterInnen | |
gehaltstechnisch Charité-MitarbeiterInnen zweiter Klasse – übrigens dank | |
eines „linken“ Senats. | |
Nun tickt der Zeitgeist wieder anders: Was SPD und Linkspartei damals | |
„alternativlos“ schien, gilt heute so manchem als Fehler. Die neue | |
„Links“-Regierung von Rot-Rot-Grün will die privatisierten CFM-Anteile | |
zurückkaufen und die Bezahlung der MitarbeiterInnen an die der | |
Charité-Leute angleichen. Im Sommer soll der Deal stehen, wie ebenfalls | |
diese Woche bekannt wurde. | |
## Entweder – oder!? | |
Das wird kosten. Wie viel, weiß bislang keiner, aber eines ist klar: Zwei | |
sich widersprechende Prinzipien kann man nicht gleichzeitig verfolgen. | |
Entweder die Charité folgt dem Primat von „Wirtschaftlichkeit“ oder dem von | |
„guter Arbeit“ (sprich: Mitarbeiter- und Patientenzufriedenheit). Wenn nun | |
Letzteres wieder en vogue ist, ist das schön. Aber dann sollte die Politik | |
so konsequent sein und die Geschäftsführung vom Zwang zum Gewinnemachen | |
befreien. | |
Das gilt übrigens nicht nur für die Charité: Auch Wohnungsbauunternehmen | |
können „soziale Mieten“ nur verlangen, wenn sie nicht als Goldesel | |
herhalten müssen. Aber ob sich der neue Senat traut, das laut zu sagen? | |
18 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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