# taz.de -- CDU-Bürgermeister über Abschiebungen: „Die Anständigen müssen… | |
> Wenn es um Abschiebungen geht, legt er sich gerne mit seiner Partei an. | |
> Richard Arnold, CDU-Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd, ist sauer. | |
Bild: Flüchtlinge und Helfer entmüllen in Schwäbisch Gmünd ein Waldstück | |
taz: Herr Arnold, Sie haben sich bei Baden-Württembergs Innenminister | |
Thomas Strobl über die Abschiebepolitik beschwert. Was läuft schief? | |
Richard Arnold: Das Schlimme ist, es geht doch nur noch darum, wer schiebt | |
am meisten ab. Wenn aber nur auf die Zahlen geschaut wird, dann trifft man | |
die Falschen. Straffällig gewordene Flüchtlinge warten auf ihren Prozess, | |
die können nicht abgeschoben werden, Kranke können auch nicht abgeschoben | |
werden. Da bleiben die übrig, die greifbar sind. Das sind aber meist die | |
Integrierten. Leute, die in den Betrieben hier vor Ort eine Ausbildung | |
angefangen haben oder von Ehrenamtlichen mit riesiger Motivation betreut | |
werden. | |
Was sagen Ihre Bürger dazu? | |
Es kommen Ehrenamtliche, Unternehmer und Handwerker aufs Rathaus und sagen: | |
Das kann’s ja wohl nicht sein, dass wir Menschen integriert haben und jetzt | |
werden die rausgerissen. Wir haben doch einen Haufen investiert. Das ist | |
nicht nur menschlich schlimm, sondern auch ökonomisch Nonsens. | |
Die Innenminister sagen kühl, geltendes Recht müsse halt vollzogen werden. | |
Stimmt. Wer mit dem Gesetz in Konflikt gerät oder einfach keinen Bock auf | |
Integration hat, der kann nicht bleiben. Aber das Unanständige ist doch, | |
dass im Moment die Anständigen gehen müssen. | |
Was ist Ihr Vorschlag? | |
Wir als Städte sollten nicht gezwungen sein, den Dingen ihren Lauf zu | |
lassen, wenn die Abschiebebescheide vom Regierungspräsidium kommen. Wir | |
wissen am besten, wer sich integriert hat und wer nicht. Damit da aber | |
nicht Willkür herrscht, habe ich schon vor zwei Jahren, als die erste | |
Flüchtlingswelle kam, zusammen mit Boris Palmer vorgeschlagen, man möge | |
doch endlich mal Kriterien festlegen: Was muss ein Asylbewerber leisten, um | |
aus dem Asylverfahren herauszukommen und dauerhaft bleiben zu dürfen? Wir | |
haben das Einwanderungsampel genannt. | |
Wer soll denn einwandern dürfen? | |
Wir haben im Moment 213.000 ausreisepflichtige Asylbewerber in Deutschland. | |
Tausende davon zahlen in unsere Rentenkasse und die Krankenkasse ein. Die | |
sind von keinerlei staatlicher Unterstützung abhängig und sorgen für sich | |
selbst. Denen sollten wir eine Brücke bauen, dass sie in ein | |
Einwanderungsverfahren kommen. | |
Ein Einwanderungsgesetz wird von der Union ja seit Jahren verhindert. | |
Wenn man es mal rein ökonomisch sieht, ist das Verschwendung von | |
Steuergeldern. Allein in Schwäbisch Gmünd haben wir zehn oder elf | |
Flüchtlinge, die eine Altenpflegerausbildung machen. Diese Ausbildung fällt | |
aber nicht unter das Integrationsgesetz. Das heißt, wer von denen eine | |
Ablehnung bekommt, dem droht Abschiebung. Die einzige Lösung ist dann eine | |
Härtefallregelung. Aber auch da heißt es vom Land: Jetzt genehmigt mal | |
nicht so viele Härtefälle, wir müssen doch Härte zeigen. | |
Sie haben Strobl Wahlkampfkalkül vorgeworfen. Was hat er Ihnen geantwortet? | |
Bis jetzt gar nichts. Aber es gibt ja nicht nur einen Innenminister. Wir | |
haben hier doch einen grünen Ministerpräsidenten! Was hindert ihn, eine | |
Bundesratsinitiative für eine Einwanderungsregelung zu starten? Was hindert | |
ihn daran, die Kommunen bei den Abschiebe-Entscheidungen zu beteiligen? | |
Nichts! | |
Bis auf den bevorstehenden Bundestagswahlkampf und die Angst vor | |
Populisten. | |
Wissen Sie, ich hab gerade auch Wahlkampf. Im Mai stelle ich mich als OB | |
zur Wiederwahl. Mal schauen. Ich glaube trotzdem daran, dass man Menschen | |
mit Argumenten von der richtigen Politik überzeugen kann. | |
17 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Benno Stieber | |
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