| # taz.de -- Kommentar Freitod-Medikamente: Autonomie am Lebensende | |
| > In Extremfällen ist der Bezug einer tödlichen Arznei jetzt legal. Das ist | |
| > ein Dammbruch – für die Geltung der Grundrechte. | |
| Bild: So sieht es im Zimmer des Schweizer Sterbehilfe-Vereins Dignitas aus | |
| Unheilbar kranke Patienten können künftig auf Hilfe für einen schmerz- und | |
| risikolosen Freitod hoffen. Wenn es keine zumutbare Alternative gibt, | |
| sollen sie eine tödliche Dosis des Betäubungsmittels Natrium-Pentobarbital | |
| erhalten können. [1][Das hat am Donnerstag das Bundesverwaltungsgericht | |
| entschieden]. Die Leipziger Richter stärkten damit die Selbstbestimmung der | |
| Patienten am Lebensende und das Recht auf einen würdigen Tod. Die | |
| staatliche Pflicht zum Schutz des Lebens muss in bestimmten Konstellationen | |
| also zurücktreten. | |
| Vermutlich wird nun wieder vor einem moralischen Dammbruch gewarnt: | |
| Angehörige könnten alte Menschen zum Freitod drängen, um schneller und mehr | |
| zu erben, heißt es. Das aber ist ein Zerrbild, das mit der Realität wenig | |
| zu tun hat. Das zeigen die Erfahrungen in der Schweiz, wo die Beihilfe zum | |
| Suizid und der Zugang zu Natrium-Pentobarbital schon lange deutlich | |
| liberaler geregelt ist als in Deutschland. | |
| Wenn es in Deutschland nun einen Dammbruch gibt, dann für die Geltung der | |
| Grundrechte am Lebensende. Es war eben inkonsequent, zwar den Suizid | |
| straflos zu lassen, aber einem Patienten in verzweifelter Lage den Zugang | |
| zu einem schmerz- und risikolosen Medikament zu verweigern. Der Patient | |
| wurde dabei zum hilflosen Objekt fremder Moralvorstellungen gemacht. Das | |
| widersprach der Menschenwürde. | |
| Am Lebensende ist der Patient am Schwächsten. Gerade dann muss seine | |
| Autonomie besonders geschützt werden. Sie darf nicht nur ein hohles | |
| Bekenntnis sein. Neben dem Zugang zu Medikamenten ist deshalb auch der | |
| Zugang zu ärztlicher Hilfe von zentraler Bedeutung. | |
| Das Leipziger Urteil könnte und sollte dabei ein Vorbild für das | |
| Bundesverfassungsgericht sein, das derzeit die 2015 eingeführte neue | |
| Strafvorschrift gegen „geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung“ pr�… | |
| Hier wäre schon viel gewonnen, wenn Karlsruhe klarstellt, dass es Ärzten | |
| weder straf- noch berufsrechtlich verboten werden darf, unheilbar kranken | |
| Patienten in verzweifelter Lage bei der Selbsttötung zu helfen. Das Verbot | |
| von deutschen Suizidhilfe-Vereinen kann dann durchaus bestehen bleiben. | |
| 3 Mar 2017 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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