# taz.de -- Die Wahrheit: Ausgeburten des Satans | |
> Der wahrscheinlich größte Scheinheilige des irischen Katholizismus war | |
> der Dubliner Kardinal Desmond Connell. Ihm zum Gedenken dies … | |
Um in Dublin Bürgermeister zu werden, muss man nicht besonders helle sein. | |
Irgendwann kommt jeder mal dran, der im Stadtrat sitzt. Die Parteien | |
schanzen sich das Amt im Jahresrhythmus gegenseitig zu. Seit Juni ist | |
Brendan Carr von der kleinen Labour Party dran. Er beweist, dass man für | |
das Amt keinen Verstand benötigt. | |
Bei der Sitzung des Stadtrats ordnete Carr vorigen Montag eine | |
Schweigeminute für die rund 800 Babys und Kleinkinder an, die in einem | |
katholischen Kinderheim im westirischen Tuam an Vernachlässigung gestorben | |
sind. So weit, so gut. Doch dann meinte Carr, dass man in einem Abwasch | |
auch für den in der Vorwoche im Alter von 90 Jahren verstorbenen Dubliner | |
Kardinal Desmond Connell schweigen könne. | |
Das ist so ähnlich, als ob man am Holocaust-Mahnmal auch der verstorbenen | |
SS-Männer gedenkt. Okay, Connell hat keine Kinder getötet oder missbraucht, | |
aber er hat pädophile Pfaffen gedeckt und versucht, ihre Strafverfolgung zu | |
vereiteln. Er war ein enger Freund von Joseph Ratzinger und galt selbst in | |
der katholischen Kirche Irlands als extrem konservativ. Er war gegen | |
Ehescheidung, Priesterinnen, Homosexualität – und natürlich gegen | |
Verhütungsmittel und Abtreibung. | |
Die Fürsorge für die Kinder beschränkte sich in der Kirche bis vor gar | |
nicht langer Zeit auf die ungeborenen. Kaum waren sie auf der Welt, galten | |
sie als Ausgeburten des Satans, wenn die Mütter nicht verheiratet waren. | |
Man sperrte die ledigen Mütter in Heime wie das in Tuam und verscherbelte | |
ihren Nachwuchs an die Meistbietenden im Ausland. Die Pharmakonzerne | |
zahlten sicher auch ganz gut für Versuchskaninchen, an denen sie neue | |
Impfstoffe ausprobieren konnten. Wer nicht verkauft worden oder verstorben | |
war, wurde vom Klerus nicht selten psychisch und physisch gequält. | |
Er sei über den Kindesmissbrauch durch Geistliche entsetzt gewesen, sagte | |
Connell. Im Jahr 2002 schickte er einen Brief an seine 200 Dubliner | |
Gemeinden, in dem er sich für die Fehler der Vergangenheit entschuldigte | |
und erklärte, man habe damals in Kirchenkreisen nichts von Pädophilie | |
gewusst. | |
Ein unabhängiger Untersuchungsbericht wies 2009 nach, dass die Dubliner | |
Kirchenmafia bereits 1986 eine Versicherung gegen die Schadensersatzklagen | |
von Missbrauchsopfern abgeschlossen hatte, damit die Kirche ihre | |
Ersparnisse nicht antasten musste. Ans Licht kam auch, dass Connell das | |
Geständnis des Pfarrers Paul McGennis, der 1960 ein kleines Mädchen | |
missbraucht hatte, der Polizei verschwiegen hatte. | |
Verschwiegen hätte er gern auch die 5.586 kirchlichen Akten über pädophile | |
Dubliner Pfaffen. Ein Gericht musste 2008 die Herausgabe erzwingen. Der | |
Orden der Christian Brothers, eine besonders widerliche Vereinigung, hatte | |
daraufhin versprochen, seine Opfer zu entschädigen. Kaum hatten sich die | |
Wogen etwas geglättet, nahm man das Versprechen wieder zurück. Das Gericht | |
sollte die Brüder enteignen. Bei irdischen Gütern tut es ihnen am meisten | |
weh. | |
13 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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