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# taz.de -- Die Wahrheit: Der Crexit der Premierministerin
> Theresa May hat passend zur Fastenzeit Sensationelles verkündet: Als gute
> Christin wird sie für einige Zeit auf Kartoffelchips verzichten.
Bild: Douglas Carswell verlässt Ukip und Ukip freut sich
Dafür wird sie in den Himmel kommen. In einem Akt christlicher
Opferbereitschaft hat die britische Premierministerin Theresa May am
Aschermittwoch verkündet, dass sie in der Fastenzeit auf Kartoffelchips
verzichten werde. Sie hat sich – wie bei ihren politischen Entscheidungen –
allerdings ein Hintertürchen offen gehalten: Sie sprach von Kartoffelchips
mit Salz und Essig.
Für die anderen Geschmacksrichtungen gilt ihre Verzichtserklärung offenbar
nicht. Es gibt Chips mit Roastbeefaroma, mit Hühnchen, mit Schinken und
englischem Senf. Und mit Scampi. Letztere schmecken wie ein Stück Pappe,
das sechs Wochen in einer Pfütze im Hof einer Chemiefabrik gelegen hat.
Im Englischen heißen die Dinger „Crisps“. Ich wollte es eigentlich nicht
schreiben, aber ich kann nicht anders: May hat den Crexit verkündet. Aber
nur einen zeitweiligen. Ostersonntag darf sie wieder schlemmen.
Christen glauben, sie rückten ein Stück näher an Gott heran, wenn sie in
der Fastenzeit auf etwas verzichteten, weil Jesus 40 Tage lang in der Wüste
ausgeharrt und den Versuchungen des Teufels widerstanden haben soll. Um das
Seelenheil des Bankdirektors, der im Wall Street Journal verkündet hat, 40
Tage lang auf Facebook zu verzichten, muss man sich also keine Sorgen
machen.
Bei frommen und auch weniger frommen Iren steht in der Fastenzeit die
Entsagung von Alkohol hoch im Kurs. Das ist kein schlechter Vorsatz, um der
Leber eine Chance zu geben. Aber wenn die Leute dann mit selbstgerechter
Leidensmiene im Pub sitzen und Wasser trinken, möchte man ihnen am liebsten
einen Whiskey injizieren.
Wir haben früher bei unserem katholischen Fleischer in der Woche vor Ostern
stets einen „Truthahn für Karfreitag“ bestellt und uns über die entsetzten
Gesichter des Personals und der Kundschaft gefreut. Aber erstens sind wir
inzwischen aus der Spätpubertät heraus, und zweitens kann man damit
heutzutage nicht mal mehr einen Pfaffen schocken.
Zurück zu May: Ihr Crexit ist eine Riesenverarsche der Menschen, die
aufgrund der Tory-Politik unter die Armutsgrenze gerutscht sind. Zudem
steht ihr christliches Gehabe im krassen Gegensatz zu ihrer Entscheidung,
keine Flüchtlingskinder mehr aufzunehmen.
Der frühere Fußballprofi Gary Lineker hat sie dafür kritisiert. Er macht
seit Jahren im Fernsehen Reklame für Kartoffelchips der Marke Walker. Die
Dumpfbacken von der United Kingdom Independence Party (Ukip) boykottieren
die Produkte dieser Firma, weil ihnen Lineker zu liberal ist. Vermutlich
hat Mays Kartoffelchipsverzichtserklärung gar keinen religiösen, sondern
einen politischen Hintergrund, um Ukip ein paar Wähler wegzuschnappen.
Der Brausehersteller Pepsi, dem Walkers gehört, hat übrigens am
Aschermittwoch ebenfalls einen Vorsatz gefasst: Zum Jahresende verzichtet
man auf 400 Arbeiter im Werk in Durham, das geschlossen wird. Vielleicht
hätte Theresa May lieber auf Pepsi verzichten sollen. Nun kommt sie doch in
die Hölle.
6 Mar 2017
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Theresa May
Fastenzeit
England
Ukip
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Die Wahrheit
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