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# taz.de -- Aufruf zum „Autofasten“: So weit, so gut, so erwartbar
> Wegen immer schlechterer Luft regen Umweltschützer das „Autofasten“ an.
> Die Idee ist etwas altbacken, aber nicht verkehrt.
Bild: Fahrten, die nicht länger als fünf Kilometer sind, sind ideal für Fahr…
Fleisch, Alkohol, Zigaretten, Drogen, Handyspiele, Süßigkeiten,
Onlinenetzwerke – es gibt viele Dinge, die durchaus verzichtbar sind. Daher
nimmt es kaum Wunder, dass sich die Kirchen jedes Jahr etwas Neues
ausdenken, auf das die Gläubigen in der Fastenzeit verzichten könnten, um
zu Gott und sich selbst zu finden. Durchaus originell ist in diesem Jahr
die Aktion der evangelischen Kirche unter dem Motto: „Augenblick mal!
[1][Sieben Wochen ohne] Sofort!“ Damit sollen die Menschen angeregt werden,
ihr Leben zu entschleunigen und dem werbeinduzierten Wahn zu entkommen,
jeder Wunsch könne immer und überall sofort erfüllt werden.
Man muss nicht religiös sein, um den Wert dieses Herangehens an den Alltag
zu verstehen. Stellen Sie sich vor, Ihr Chef oder Ihr Partner oder Ihr Kind
fordert: „Mach mal dies, und mach mal jenes!“ Und Sie sagen: „Nö, ich fa…
gerade, ich muss erst mal darüber nachdenken, ob das gerade für mich passt.
Vielleicht später.“ Klingt irgendwie befreiend.
Im Vergleich dazu kommt [2][die Aktion „Autofasten“] geradezu altbacken
daher. Wegen der teilweise hohen Luftverschmutzung appellieren das
Umweltbundesamt und Klimaschützer an Autofahrer, während der Fastenzeit
freiwillig ihr Fahrzeug ganz oder teilweise stehen zu lassen. Bahn und
regionale Verkehrsträger könnten allen Autofastern Sonderrabatte gewähren,
um neue Kunden anzulocken, heißt es beim Umweltbundesamt.
Es gehe um kein Verbot, so Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD).
„Aber wir können unsere Perspektiven ändern, wenn wir ganz bewusst und
zumindest in der Fastenzeit auf andere Verkehrsmittel umsteigen.“ Und der
Grünen-Verkehrsexperte Stephan Kühn sagte, gegen hohe Schadstoffbelastung
in der Luft helfe vor allem, weniger Auto zu fahren. Und wer mit Bus und
Bahn fahre, komme nach seiner Erfahrung entspannter zur Arbeit und brauche
sich nicht durch den täglichen Stau zu quälen.
## Vorbild Wien
So weit, so gut, so erwartbar. Selbstverständlich spricht nichts dagegen,
wenn passionierte Autofahrer ihren Wagen bewusst stehen lassen. Vielerorts
ist in Deutschland der öffentliche Nahverkehr ordentlich ausgebaut und eine
gute, wenn auch im internationalen Vergleich recht teure Alternative zum
Auto. Dass es auch in einem Land mit einem hohen Preisniveau viel günstiger
als bei uns geht, beweist Wien. Für 365 Euro pro Jahr kann dort das gesamte
ÖPNV-Netz genutzt werden, das bis in die Naherholungsgebiete vor der Stadt
reicht.
Auch im ländlichen Raum, wo der Nahverkehr naturgemäß keine großstädtischen
Takte anbieten kann, gibt es Alternativen zum Auto. Immerhin wird laut
Umweltbundesamt das Auto in fast der Hälfte aller Fälle für Fahrten
genutzt, die nicht länger als fünf Kilometer sind – eine ideale Entfernung
für Fahrräder oder Elektrofahrräder.
Was eingefleischte Autofahrer auf dem Land davon abhält, auch bei kurzen
Strecken öfter auf das Rad zu steigen, ist allerdings schnell erzählt: Das
Auto ist bequemer und schneller. Es bietet Schutz bei Regen, Sturm und
Schnee sowie die Möglichkeit, die Dinge des Alltags bequem zu
transportieren: Einkäufe, Werkzeuge, Arbeitsmaterialien, Schultaschen,
Musikinstrumente, Sportausrüstungen.
Aber natürlich muss einer, der keine gesundheitlichen Einschränkungen hat,
für kurze Wege nicht ins Auto steigen, wenn er nur ein paar Brötchen
kaufen, einen Brief zum Kasten bringen oder Geld abheben will. Welche
Autofahrt nötig ist, darüber sollte jeder Fahrer nachdenken. Nur: Zwang
darf nicht zur Regel werden – schließlich wird ja auch niemand gezwungen,
aufs Beten zu verzichten.
28 Feb 2017
## LINKS
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## AUTOREN
Richard Rother
## TAGS
Verkehr
Autos
Bundesumweltministerium
Bündnis 90/Die Grünen
Fastenzeit
Barbara Hendricks
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Umweltbundesamt und Grüne: Aufruf zum „Autofasten“
Als Maßnahme gegen die Luftverschmutzung sollte das Auto die nächsten 40
Tage stehen bleiben. Auch die Bundesumweltministerin unterstützt die Idee.
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