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# taz.de -- Kolumne So Nicht: Besser: Korsofahren
> Die türkische Justiz hat einen schlimmen Verdacht: Ist Deniz Yücel
> Terrorist? Und gar nicht Journalist? Ich kann dazu nur eins sagen: Ha.
> Ha.
Bild: Ein Autokorso für Deniz Yücel
Auf diesem Platz schrieb vor mir mein langjähriger Freund und Kollege Deniz
Yücel seine Kolumne „Besser“. In der Regel befasste sich Deniz Yücel mit
den liebenswürdigen Bewohnern, aber auch und mit der gleichen großen
Leidenschaft mit Totalausfällen, Trotteln, Fieslingen und anderen drolligen
Dingen, Initiativen, Aussagen und Ideen, die dieses Land hervorbringt.
Er hat diesen Platz verlassen, um als Korrespondent nach Istanbul zu gehen.
Diesen Job wollte er schon haben, seit ich ihn kenne. Seinen Traumjob kann
er zurzeit allerdings nicht ausüben, weil die türkische Justiz einen
schlimmen Verdacht hat: Ist Yücel Terrorist? Und gar nicht Journalist? Ich
kann dazu nur eins sagen: Ha. Ha.
Der Türkei-Korrespondent der FAZ hält Yücel auch nicht für einen
Terroristen. Aber, so meint der Journalist, der gelernt hat, kritisch zu
sein, [1][Yücel sei ein „Türke vom Dienst“]. Der kritische Journalist
hatte sich überlegt, was sich kritische Journalisten halt so überlegen,
wenn sie darüber nachdenken, wie sie jetzt kritisch sein können, ohne dafür
aus dem Haus gehen zu müssen.
Eines der Lieblingshobbys von Deniz Yücel ist es, jungen Leuten, die
Journalisten werden wollen, das Wort kritisch auszutreiben. Denn: Kritisch
ist jeder. Besser: Journalist. Auch der Präsident vom Karnevalsverein
Bielefeld-Brackwede würde niemals über sich selbst sagen: „Also ich bin ja
eher unkritisch“. Und erst recht würde das kein Journalist über sich sagen.
Oder haben Sie schon mal die Twitter-Bio eines Journalisten gesehen, in der
steht: „Unkritischer Journalist. Arbeitet für Hinz und Kunz. Hier privat“?
## Kritisch sein
Deniz Yücel [2][schrieb in einer Besser-Kolumne im Jahr 2013]: „Den
Ausdruck ,kritisch' haben [Journalisten] so gepachtet wie Dönerverkäufer
das Wort „komplett“ … Etwas abgrundtief scheiße oder makellos und wunder…
zu finden, ist unter kriddischen Dschornalisten als unseriös und polemisch
verpönt. Stattdessen herrschen in den Kommentarspalten kleinliche
Besserwisserei und fettarschige Selbstzufriedenheit.“
Deniz Yücels Freunde und Kollegen und seine Leser haben am Sonntag in
Berlin einen Autokorso für ihn organisiert, weil Deniz großer Autokorso-Fan
ist. Aber ein kritischer.
Kritiker des Korsos meinten: Das sei ja voll das Türkenklischee mit dem
Korso. In einer Kolumne der Wochenzeitung Jungle World ließ Deniz Yücel
jedoch 2006 Folgendes wissen: „Es dürfte nur eine Frage von Tagen sein, bis
ein pfiffiger Türke versucht, die erste Korsovermietung der Welt zu
gründen. Deutsche Fans, die in Steglitz oder Blankenese leben und nicht
wollen, dass bei der WM die Gardinen so zugezogen und die Straßen so
verlassen bleiben wie damals, als der erste amerikanische Panzer durch die
Stadt fuhr, brauchen dann nur bei Korso-Ahmet anzurufen: ,Korso mit
scharf?‘ – ,Ja' – ,Korso privat, normal, Weltmeister‘? – ,Weltmeister…
,Musik extra?‘– ,Gerne.' Integration ist eben keine Einbahnstraße.
Trööööt!“
Wir warten jetzt auf ein Statement von Erdoğan: „Der Korso hat mich
überzeugt.“ Sollte das nicht kommen, fahren wir so lange weiter Korso, bis
wir Deniz wieder haben. Aber kritisch. Tröööööööt!
20 Feb 2017
## LINKS
[1] http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/kommentar-einmal-tuerke-immer-tu…
[2] /Kolumne-Besser/!5075375
## AUTOREN
Doris Akrap
## TAGS
So nicht
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Warum so ernst?
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Jung und dumm
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