# taz.de -- Muslimischer Theologe an Hamburger Uni: Nachspiel wegen Israel-Krit… | |
> Der südafrikanische Theologe Farid Esack war Gastprofessor in Hamburg. | |
> Jetzt stehen die Hochschule und der Senat deshalb unter Druck. | |
Bild: Theologe und Aktivist Farid Esack bei einem Vortrag in Hamburg | |
Farid Esack ist ein Veteran des Kampfes gegen die Apartheid in seinem Land. | |
Nach dem Ende der Rassentrennung wurde er von Nelson Mandela zum | |
Gleichstellungsbeauftragten seiner Regierung berufen. Außerdem ist er ein | |
muslimischer Reformtheologe, der sich für eine liberale Auslegung des Islam | |
einsetzt. Darum wurde er von der Akademie der Weltreligionen in Hamburg | |
eingeladen, um als Gastdozent im Wintersemester zwei Seminare zu leiten. | |
Doch nun gibt es Ärger. Denn der 58-jährige Esack leitet in Südafrika auch | |
die lokale Sektion der internationalen Boykottkampagne gegen Israel, | |
„Boycott, Divestment and Sanctions“ (BDS) genannt. Für die AfD und die CDU | |
in der Hamburger Bürgerschaft sowie den Grünen-Politiker Volker Beck ist | |
das ein Skandal. Sie alle fordern Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank | |
(Grüne) und die Universität Hamburg auf, sich gegen Esack zu stellen. | |
Die CDU hat auf ihrem Bundesparteitag im November 2016 „BDS“ als „eindeut… | |
antisemitisch“ eingestuft. Carsten Ovens, der hochschulpolitische Sprecher | |
der CDU-Fraktion in Hamburg, nennt es darum „skandalös“, dass ein | |
„Vertreter einer antisemitischen Bewegung“ an der Uni Hamburg lehren dürfe. | |
Im gleichen Tonfall wandte sich der Grünen-Politiker Volker Beck in einem | |
Brief an die Universität. Er könne nicht nachvollziehen, warum Esack dort | |
eine Gastprofessur bekommen habe, so Beck. | |
Sogar die israelische Botschaft in Berlin schaltete sich ein. Laut der | |
rechten Jerusalem Post wirft sie Esack „antisemitische Ansichten“ und sogar | |
Sympathie für „Holocaust-Leugnung“ vor. | |
## Für die Freiheit der Lehre | |
Nach einem Gespräch mit dem israelischen Botschafter Yakov Hadas-Handelsman | |
stellte Hamburgs Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) am | |
Freitag gegenüber der Welt klar, dass sie „keine Form von Antisemitismus an | |
unseren Hochschulen“ akzeptiere und Boykottaufrufe gegen Israel für „völl… | |
inakzeptabel“ halte. Sie habe die Universität Hamburg gebeten zu erklären, | |
unter welchen Voraussetzungen die Gastprofessur an Farid Esack vergeben | |
wurde, und gehe davon aus, dass die Hochschulen zukünftig „noch genauer | |
hinsehen“ würden. | |
Die Universität Hamburg hat die Berufung Farid Esacks bisher verteidigt. | |
Und die religionspolitische Sprecherin der Grünen in Hamburg, Stefanie von | |
Berg, ärgert sich insbesondere über ihren Parteifreund Volker Beck. „Mit | |
seiner Selbstinszenierung nimmt er billigend in Kauf, dass Personen und | |
Gremien beschädigt werden. Dabei benötigen wir gerade in Zeiten wie diesen | |
– mit einem amerikanischen Präsidenten, der auf Abschottung und | |
systematische Diskriminierung von Muslimen setzt – ein Klima des Vertrauens | |
und des Gesprächs.“ Esack sei eine Person, die polarisiere, und vertrete | |
Thesen, „die wir Grünen sehr kritisch sehen“. Aber dies auszuhalten und zu | |
diskutieren gehöre zum „Dialog der Religionen“ und zur Unabhängigkeit von | |
Lehre und Forschung. | |
Farid Esack selbst kann den Rummel um seine Person nicht nachvollziehen. | |
„Ich habe Antisemitismus immer wieder öffentlich verurteilt – insbesondere | |
den muslimischen“, erklärte er in einem Statement. Aus seiner scharfen | |
Kritik an der israelischen Politik macht er gleichwohl keinen Hehl. Die | |
Situation in Israel sei durchaus mit der Apartheid in Südafrika | |
vergleichbar, findet er. „Viele prominente Südafrikaner haben diesen | |
Vergleich gezogen. Viele haben sogar gesagt, dass es schlimmer ist als das, | |
was wir unter der Apartheid erleben mussten, und ich sehe das auch so“, | |
sagte Esack dertaz. | |
Die BDS-Bewegung sei in Südafrika sehr anerkannt, so Esack: „Sie gehört zum | |
Mainstream und wird von der Regierung unterstützt.“ Denn sie sei vom | |
Südafrika-Boykott inspiriert, der im Kampf gegen die Apartheid „sehr, sehr | |
effektiv“ gewesen sei. „Ich spreche mich in der gleichen Art und Weise für | |
Sanktionen gegen Israel aus wie damals gegen Südafrika“, sagt Esack. | |
„Dieser Boykott richtete sich damals nicht gegen weiße Menschen, sondern | |
gegen ein bestimmtes Regime.“ | |
6 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
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