# taz.de -- Restauriertes Schiff: Schwimmendes Denkmal | |
> Die „Bremen“ war der Prototyp aller modernen Seenotrettungskreuzer. | |
> Ehrenamtliche bringen sie in Vegesack Stück für Stück wieder in Schuss | |
Bild: Halb voraus: Die Rekonstruktion der „Bremen“ gestaltet sich oft mühs… | |
Sie ist der Dino unter den Seenot-Rettungskreuzern, steht unter | |
Denkmalschutz und soll nun im alten Glanz erstrahlen: Eine ehrenamtliche | |
Crew kümmert sich im Museumshafen Vegesack um den „Versuchskreuzer Bremen“, | |
den Vorläufer aller modernen Rettungskreuzer. | |
Eine schmale, senkrechte Leiter führt steil abwärts in die sogenannte | |
Messe, dem Aufenthaltsraum tief im Bauch des Schiffes. Der Eindruck: Eng | |
ist es, dunkel und irgendwie verbaut sieht sie aus, die „Bremen“. Das ist | |
kein Wunder, denn das Schiff hat eine wechselvolle Geschichte. Sie beginnt | |
im Jahr 1931 auf der Bremer Lürssen-Werft, wo sie im Auftrag der Deutschen | |
Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGZRS) als Motorrettungsboot | |
gebaut und anschließend in Pillau an der Ostsee eingesetzt wurde. Der Krieg | |
war auch der „Bremen“ nicht gut bekommen, 1945 lag sie aufgedockt in Bremen | |
und war nicht mehr einsatzfähig. | |
Doch Anfang der 1950er-Jahre begann ihre zweite Karriere als | |
„Versuchskreuzer“: Nach umfangreichen Umbauarbeiten, die in den Werkhallen | |
der DGZRS durchgeführt wurden, erwarteten die Seenotretter von ihr nichts | |
weniger als die „Revolutionierung des Rettungswerkes“: Die „Bremen“ ist… | |
Vorläufer aller modernen deutschen Seenot-Rettungskreuzer. Ihre | |
Motorleistung wurde deutlich erhöht und sie erhielt ein Tochterboot, das | |
die „Bremen“ quasi huckepack trug und bei Bedarf über eine Heckklappe zu | |
Wasser gelassen werden konnte. | |
Das Prinzip bewährte sich, so dass seither alle Seenotrettungskreuzer damit | |
ausgestattet sind. Denn gerade bei Einsätzen zwischen den flachen Sänden | |
vor der Nordseeküste stoßen die großen Rettungskreuzer mit ihrem Tiefgang | |
an ihre Grenzen. Dann wird das viel flacher gehende und leichter zu | |
manövrierende Tochterboot zu Wasser gelassen, um so zu den HavaristInnen zu | |
gelangen. | |
Auf der „Bremen“ ist heute nichts mehr von einem Tochterboot zu erkennen, | |
auch eine Heckklappe hat das Schiff nicht mehr: Die ist den zahlreichen | |
Umbauten zum Opfer gefallen, die seit ihrer Außerdienststellung in den | |
1960er-Jahren von den späteren privaten EignerInnen an ihr vorgenommen | |
wurden. Doch dank zweier größerer Spenden von der Deutschen Stiftung | |
Denkmalschutz und der Hubertus Altgelt-Stiftung stehen jetzt insgesamt | |
52.000 Euro zur Verfügung. Damit soll nun auf der Maleika-Werft im | |
Hohentorshafen die alte Heckklappe wiederhergestellt werden. | |
Die ehrenamtliche Crew hat es sich zum Ziel gesetzt, den Originalzustand | |
der 1950er-Jahre wiederherzustellen. Dafür investieren die elf Schrauber | |
einen Großteil ihrer Freizeit, um die Werftkosten so gering wie möglich zu | |
halten. Unter ihnen sind Bootsbauer, Elektriker und Mechaniker, jeder | |
macht, so viel und was er kann. Dabei stoßen sie oft an ihre Grenzen. „Es | |
gibt so gut wie keine Baupläne mehr“, sagt Bootsbauer Rüdiger Bahr. Mühsam | |
orientieren sich die Ehrenamtlichen, die sich selber „die Seenotrentner“ | |
nennen, an Fotos von Modellbauern und alten DGZRS-Schulungsfilmen: Sie | |
vergrößern Standbilder und versuchen so, den Zustand von 1953 zu | |
rekonstruieren. Sogar ein Jugendbuch, das Bahr als Junge verschlungen hat | |
und das er immer noch besitzt, hilft der Crew weiter: „Da ist eine | |
schematische Risszeichnung der ‚Bremen‘ drin.“ | |
Hunderte Stunden Arbeit steckt die Crew in die Restauration des alten | |
Seenotkreuzers, die laufenden Kosten decken sie über Spenden. „Davon | |
bezahlen wir die Liegegebühren hier im Hafen, die Versicherung und was | |
sonst so anfällt“, sagt Crewmitglied Kai Steffen vom Kulturforum Speicher | |
XI, dem das Schiff gehört. | |
Von der DGZRS erhalten sie dabei keine Unterstützung. „Die dürfen das | |
nicht“, sagt Steffen, „die sind selber spendenfinanziert und sollen mit dem | |
Geld ja Leben retten und keine Denkmäler finanzieren.“ Dank der beiden | |
Großspenden geht es jetzt aber einen großen Schritt nach vorn – das nächste | |
Etappenziel ist die Rekonstruktion des Tochterbootes. | |
6 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Karolina Meyer-Schilf | |
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