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# taz.de -- Raser-Prozess: Nichts zu verdecken
> Ein Sachverständiger widerlegt den Vorwurf der Fahrerflucht: Im
> Mordprozess gegen Alpi T. hat ein Zeuge vermutlich falsch ausgesagt
Bild: Anwälte verdecken Alpi T. Der Verdacht, der habe eine Straftat verdecken…
Motorradraser Alpi T. hat wahrscheinlich keine Fahrerflucht begangen, als
er den 75-Jährigen Arno S. totfuhr. Der Zeuge A., der den Angeklagten
beschuldigte, seinen Mercedes an einer Ampel überholt und touchiert zu
haben, hatte ihn am Tag des Unfalls und auch später in Polizeiaussagen
belastet. T. soll demnach bei dem Überholvorgang mit großer Geschwindigkeit
den Kotflügel und den Blinker des Zeugen beschädigt haben und danach
geflüchtet sein. Dabei soll er S. in der Nordstraße überfahren haben. Vor
dem Landgericht verwickelte sich der Zeuge allerdings in Widersprüche. Ein
Sachverständiger bestätigte schließlich, dass der Schaden am Auto des
Zeugen nur sehr unwahrscheinlich von T. verursacht wurde.
Damit könnte ein Teil der Mordanklage ausgeräumt sein. Für die braucht es
zumindest einen bedingten Vorsatz – die Staatsanwaltschaft sieht die beim
24-jährigen T. in niederen Beweggründen: Zum Einen hat der Angeklagte seine
riskanten Fahrten gefilmt, auf seinem Youtube-Kanal „Alpi fährt“
hochgeladen und mit den Videos über Werbeeinnahmen Geld verdient, also von
seiner halsbrecherischen Fahrweise profitiert. Zum Anderen hatte die
Staatsanwaltschaft den Unfall darauf zurückgeführt, dass Alpi T. mit der
mutmaßlichen Fahrerflucht nach der Kollision mit A. eine Straftat habe
verdecken wollen. Er hatte nämlich keinen A-Führerschein, den er für sein
200-PS-Rennmotorrad gebraucht hätte. Fahren ohne Fahrerlaubnis ist eine
Straftat, die Flucht nach einem Unfall entsprechend die Verdeckung einer
Straftat.
Der Zeuge kassierte für den Schaden an seinem Mercedes circa 1.300 Euro von
der Versicherung. Seine Befragung verlief dabei mühselig: Der 50-Jährige
hört nur schlecht und spricht zudem gebrochenes Deutsch. Dennoch legte er
sich in zahlreichen Nachfragen des vorsitzenden Richters Jürgen Seifert,
des Staatsanwaltes Björn Krebs, der Nebenanklage und der Verteidiger darauf
fest, dass der Schaden an seinem Mercedes von einer Kollision mit dem
Motorrad von T. stammten, unmittelbar vor dem schweren Unfall in Walle. Der
Angeklagte hatte zuvor bereits ausgesagt, sich zwar an einen Überholvorgang
an der Kreuzung zu erinnern, nicht jedoch an eine Kollision.
Der Sachverständige Thomas Oberländer, der Fotos des Schadens begutachtete,
attestierte nur einen „satten Altschaden“ an Stoßstange und Kotflügel des
Mercedes. Der Zeuge hatte zwar davor gesagt, dass sein Wagen schon vor dem
vermeintlichen Unfall zwei kleine Kratzer gehabt habe, aber ein an eine
Leinwand projiziertes Bild vom Unfalltag beweist weitere Schäden: An einem
zerkratzten Kotflügel sind dort Korrosionen, deutliche Rostspuren, zu
sehen. „Verkratzungen in alle Richtungen, der Kotflügel ist deutlich
deformiert“, sagt Oberländer. Keineswegs können diese Schäden von einem
Unfall vom selben Tag stammen, so der Diplom-Ingenieur: „Das sind alles
sichtbare Altschäden“ – zudem hätte der Rückspiegel des Mercedes bei ein…
Überholvorgang mit hoher Geschwindigkeit ebenfalls beschädigt sein müssen.
„Wir gehen fest davon aus, dass ein Versicherungsbetrug vorliegt“, sagt
Rechtsanwalt Bernhard Docke, der den Angeklagten zusammen mit Armin von
Döllen verteidigt, „Verdeckungsabsicht ist so nicht gegeben.“
Weiterhin untrittig ist jedoch, dass T. mit deutlich überhöhter
Geschwindigkeit den Rentner Arno S. totgefahren hat: Der Sachverständige
errechnete für den Unfallhergang in der Nordstraße eine
Kollisionsgeschwindigkeit von 63 bis 68 Stundenkilometern. T. hatte nach
eigener Aussage zuvor voll gebremst, ein anderer Zeuge bestätigte
inzwischen, ein Bremslicht gesehen zu haben. Daraus errechnet Oberländer
eine „Annäherungsgeschwindigkeit von 97 bis 108 km/h.“ Erlaubt sind 50.
24 Jan 2017
## AUTOREN
Gareth Joswig
## TAGS
Motorrad
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Landgericht
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