| # taz.de -- „Literarisches Quartett“ ohne Biller: Tschüss, TV! | |
| > Maxim Biller hat seinen Abschied vom „Literarischen Quartett“ | |
| > bekanntgegeben. Wie würde es klingen, wenn Maxim Biller darüber schreiben | |
| > würde? | |
| Bild: Maxim Biller blickt streng im „Literarischen Quartett“. | |
| Nachdem Kohn auf Facebook dem Fernsehen Lebewohl gesagt hatte, mit der | |
| Begründung, er habe noch ein bisschen mehr nachgedacht als sonst und | |
| beschlossen, wieder mehr zu schreiben, rief ihn 20 Sekunden später seine | |
| Mutter Balalaika an und sagte: „Dudek, warum machst du das? Immer musst du | |
| übertreiben. Ich hab dir gesagt, sei nicht so böse zur Christiane von | |
| Nordrhein-Westfalen, aber deswegen musst du doch nicht gleich alles | |
| hinschmeißen.“ | |
| „Mama“, antwortete Kohn und atmete dabei lange und laut aus, „mit der | |
| Christiane hat das nichts zu tun. Sie hat Humor und genießt unsere kleinen | |
| Scharmützel. Christiane und ich, wir verstehen uns bestens. Wie Laurel und | |
| Hardy, Tom und Jerry, vielleicht sogar Trump und Putin.“ – „Junge, wie oft | |
| hab ich dir gesagt, schau nicht immer so böse im Fernsehen und hab ein | |
| bisschen Geduld mit den Menschen. Aber was sollen sie denn jetzt ohne dich | |
| machen?“ | |
| „Na, sie finden einen anderen, und ich muss nach dem Schwimmen nie wieder | |
| schlechte Romane lesen.“ Kohn hörte sich beim Sprechen zu und wurde nun | |
| doch etwas melancholisch. Es war tatsächlich eine tolle, merkwürdige Zeit | |
| gewesen, und seine Auftritte würde er wohl vermissen. Das würde er aber | |
| sicher nicht Mama erzählen, die schon längst weiter geredet hatte. | |
| „Was soll denn das heißen, will wieder mehr schreiben, will wieder mehr | |
| schreiben? Haben die tausend Seiten nicht gereicht, in denen es nur um | |
| beschnittene Petseles geht, die nie schlaff werden? So was schreibst du, | |
| und trotzdem haben Sie dich ins Fernsehen gelassen. Du bist undankbar“, | |
| sagte Balalaika. | |
| „Mama, das ewige Lesen nervt. Dagegen leide ich oft und schön und zuweilen | |
| sehr poetisch darunter, jeden Tag zu schreiben. Und wenn ich nicht | |
| schreibe, werde ich depressiv“, stöhnte Kohn. „560.000 Zuschauer, 3,9 | |
| Prozent Marktanteil! Da hört dir wenigstens mal jemand zu, mein Kleiner“, | |
| gab seine Mutter zurück. „Die Zeitungen, die Bücher, die liest doch keiner. | |
| Und dann geht’s da immer nur um das eine. Wie oft hab ich dir gesagt, | |
| sprich ein bisschen sanfter – und vor allem rasier diesen schrecklichen | |
| Bart ab! Siehst aus wie unser tschechischer Hausmeister im Jahre 65. Was | |
| sollen die Leute denken, im Fernsehen! Jetzt ist vorbei mit Fernsehen, aber | |
| der Bart ist immer noch dran.“ | |
| Kohn ließ seinen Kopf in Richtung Schreibtischplatte sausen. Kurz vor dem | |
| Aufprall bremste er und legte seine Stirn vorsichtig ab. Er hatte lange | |
| genug Nerven gezeigt. Aber mit den schlechten Romanen war ja nun Schluss. | |
| 6 May 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Ulrich Gutmair | |
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