# taz.de -- Kooperation Unis und Profi-Sportclubs: Amerikanische Verhältnisse | |
> Proficlubs wie Alba Berlin investieren in Studiengänge und kooperieren | |
> mit Privatuniversitäten. Sportmanager sollen so direkt beim Verein | |
> landen. | |
Bild: Sport ist Sport, aber ohne Businessmen läuft auch hier nix: Basketball-S… | |
Sie sind sehr aufmerksam im Unterricht und höflich, wohlerzogene Jungs | |
eben. Wenn jemand zu laut quatscht, zum Beispiel der Pressesprecher im | |
Hintergrund, bitten sie einigermaßen ernsthaft, ob er leiser sein kann. Sie | |
sind sehr jung, 18 oder 19 Jahre, und wollen Sportmanager werden in einer | |
renommierten Liga, bei einem großen Verein – das ist der Traum. Am liebsten | |
Basketballmanager. | |
Es ist sehr früh am Morgen an der BiTS, der Business and Information | |
Technology School, in der Nähe vom Potsdamer Platz, und alles glänzt. Man | |
merkt der Schule an, dass sie neu ist. Es riecht nach frischem Material, an | |
einem Eingang wird noch gebaut, in den Korridoren gibt’s Sofaecken, im | |
Hörsaal auch Sitzsäcke – Vorzüge einer Privatuni. | |
Sieben Jungs sitzen im Vortragsraum, der erste Jahrgang des neuen | |
Studiengangs Sport- und Eventmanagement mit Spezialisierung auf Basketball. | |
„Irgendwann will ich mal in Spanien oder in den USA arbeiten“, sagt Yannick | |
Brummer (19), ausgewählt vom Pressesprecher, weil er für die Studenten | |
repräsentativ sei. Yannick Brummer also, Musterbeispiel und | |
Freizeit-Basketballer, ist vom BWL-Studium in Würzburg hierher gewechselt | |
und will Manager im Spitzenbasketball werden, „das ist mein Traum“. | |
## Verhältnisse ändern sich | |
Das Alba Berlin College, gestartet im August, hat ein neues Konzept, ein | |
duales Studium, dessen Ausbildungspartner ein Sportverein ist: Alba Berlin. | |
Ein Verein, der so direkt auf dem Ausbildungsmarkt Einfluss nimmt – bis vor | |
Kurzem gab es das in Deutschland nicht. Aber die Verhältnisse ändern sich. | |
„Die Sportlandschaft in Deutschland wandelt sich“, sagt Daniel Endres, | |
zuständig für Marketing und Kommunikation bei Alba. „Es gibt immer mehr | |
Clubs, die professionelle Führung benötigen, und der Entwicklung werden wir | |
gerecht.“ Mehrere Proficlubs kooperieren mittlerweile mit Unis, vor allem | |
mit Privatunis. Auf dass junge, talentierte Sportmanager direkt beim | |
eigenen Verein landen. Es ist die logische Folge des Nachwuchsinternats, | |
das seinerzeit die Jugendarbeit revolutionierte. | |
Das Alba College orientiert sich an den Belastungsphasen einer | |
Basketballsaison: In der Off-Season wird mehr studiert, während der Saison | |
dann weniger. Profi-Basketballer und Laien sollen gemeinsam studieren | |
können, dazu in vorgeschriebenen Praxisphasen bei Alba Berlin arbeiten. | |
„Wir wollen alle Menschen ansprechen, die eine Leidenschaft für Basketball | |
haben“, so Endres. | |
Zu diesen Menschen zu gehören muss man sich allerdings leisten können. | |
Knapp 800 Euro im Monat berappen die Jungs fürs Studium. Das sei der | |
„reguläre Satz anderer Privatunis mit vergleichbaren Rahmenbedingungen“, so | |
Daniel Endres. | |
Tatsächlich sind die Preise an vielen Privatunis hoch. Für die Studenten | |
bedeutet das, wie sie erzählen, Kredite, Bafög und zusätzliche | |
Arbeitsstunden bei Alba. Und Abhängigkeit von zahlungskräftigen Eltern. | |
Denn wer am Alba College studiert, bekommt für die regulären Praxisphasen | |
kein Geld. Yannick Brummer etwa, der von seinen Eltern unterstützt wird und | |
noch auf Bafög hofft, arbeitet deshalb über die Pflichtstunden hinaus bei | |
Alba, um das Geld zusammenzubringen; auch am Wochenende. | |
Den Jungs sind es die Opfer wert, verspricht doch das Alba College gute | |
Connections auf einem zunehmend überlaufenen Markt. Laut Verband für | |
Sportökonomie und Sportmanagement (VSD) gibt es aktuell rund 120 | |
Bildungsangebote im Bereich Sportmanagement. Seit der Bologna-Reform von | |
1992 würden vor allem private Hochschulen den Markt entdecken, oft mit | |
renommierten Experten und praxisnahen Kooperationen. | |
Und mit stolzen Preisen. „Wir bekommen mehr und mehr amerikanische | |
Verhältnisse“, sagt der VSD-Vorsitzende Ulrich Semblat. „Ursprünglich war | |
Sport in Deutschland sehr günstig. Jetzt akzeptieren die Leute, dass sie | |
für Sport und Bildung zahlen. Sie glauben, was viel kostet, ist auch viel | |
wert. Da wäre ich vorsichtig.“ | |
Aus Sicht der Proficlubs ist die Kooperation mit Elite-Unis einleuchtend: | |
kleine Gruppen, mehr Flexibilität, engere Betreuung. Mit einer staatlichen | |
Uni sei ein Konzept wie das Alba College nicht umsetzbar, sagt Daniel | |
Endres. An den Studiengebühren verdiene Alba nicht. Es gehe um eine andere | |
Ressource – Bildung. | |
Alba sieht sich als Ausbildungsverein, auch für die eigenen Talente. Denn | |
ein Studium neben der Profikarriere ist in Deutschland immer noch schwierig | |
umzusetzen. „Im Vergleich zu den USA hinken wir hinterher“, sagt Endres. | |
Statt ans US-College zu gehen, sollen Jugendspieler künftig auch in Berlin | |
Leistungssport und Bildung verbinden können. | |
Zwei Nachwuchsspieler sind aktuell unter den sieben Studenten. Finanziert | |
wird ihnen das mit einem Alba-Stipendium. Konsequent zu Ende gedacht, | |
könnte die Idee für Sportler vieles verbessern. Amerikanische Verhältnisse | |
im Positiven. | |
15 bis 20 Studierende sollen es pro Jahrgang werden. Die Jobchancen auf dem | |
Markt allerdings sind umstritten. „Ein Problem ist: Braucht unsere Branche | |
wirklich so viele Sportmanager?“, fragt Ulrich Semblat vom VSD. „Die wollen | |
alle in die Topligen, aber in Deutschland gibt es vielleicht fünf Topligen | |
mit einer ganz begrenzten Anzahl von lukrativen Angeboten.“ Für kleinere | |
Clubs dagegen suche man dringend Manager, aber es wollten nur wenige hin. | |
„Das Selbstbild der angehenden Sportmanager korrespondiert damit nicht.“ | |
Stefan Chatrath, Leiter des Studiengangs an der BiTS, sieht seine Studenten | |
dennoch im Vorteil. „Die Studierenden differenzieren sich am Arbeitsmarkt | |
über die Praxiserfahrung.“ Die soll es auch in Zukunft für sie geben, denn | |
mittlerweile steigen weitere Clubs ein: Die Privatuni hat neben Alba | |
Kooperationen mit den BR Volleys und Union Berlin. Vor Kurzem, so Chatrath, | |
habe Union angefragt, die Zusammenarbeit noch enger zu gestalten. Man | |
beginne jetzt einen ähnlichen Weg wie mit Alba. | |
25 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Alina Schwermer | |
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